Die verschollene Karawane
fatales würde garantiert dein Schicksal sein. Yvonne würde dich im Liebesspiel heimtückisch überwältigen. Und ich, als blutrünstige Äthiopierin, die weiß, wie man weißen Männern Höllenschmerzen zufügt, würde dich dann schön langsam foltern. Wir Äthiopierinnen wissen, wie das geht, glaub es mir. So, damit sind die Fronten jetzt ja wohl geklärt. Wenn ich mich also nachts in der Wüste vor Angst oder Kälte an dich kuschle, dann denk daran, dass ich deine Schwester-Freundin bin. Behüten musst du mich, beschützen – mich retten, ja! Aber nicht begrabschen. Sonst kriegst du Keile, wie ihr in Deutschland wohl sagt. Und nun lass uns die Karawane suchen, damit du schnell zu deinem Kind zurückkommst – und ich möglichst bald mit Yvonne besprechen kann, wie wir dich freiheitsliebenden Lüstling zähmen können, ohne dass du dabei ein anderer wirst. Ich denke, Yvonne und ich mögen dich nämlich so, wie du bist. Falls ihr übrigens eine Taufpatin sucht, könnt ihr ja an mich denken.«
Wenig später gingen Jahzara und Peter Arm in Arm, scherzend und lachend vom Campment quer durch Timbuktu zu einem klotzigen Bauwerk, über dem die Fahne Malis wehte. Ihr kurzer Abstecher zu den Häusern der berühmten Afrikaentdecker Alexander Gordon Laing, René Caillié und Heinrich Barth war ebenso frustrierend gewesen wie die Stippvisite zum Markt. Diese Stadt starb, das fühlte und sah man überall. Einzig die Tatsache, dass es ein Internet-Cafe und sogar eine Handyverbindung gab, ließ erahnen, dass hier noch ein wenig Hoffnung und zukunftsorientiertes Denken existierten.
Der Palast des Gouverneurs wurde von zwei Soldaten bewacht. Nach ihrem Anliegen befragt, erklärte ihnen Peter, dass sie eine Genehmigung bräuchten, um in eine entlegene Wüstenregion fahren zu können. Der etwa 60-jährige Gouverneur war ein mürrisch wirkender Mann in einem weiten Gewand, mit grauen Haaren und verschlagenem Blick. Sein Büro war bis auf einen riesigen Schreibtisch und eine Couch, auf der eine junge Frau herumlungerte, leer. Er sprach Arabisch, Russisch und so schlechtes Englisch, dass er einen Lehrer aus dem Ort holen ließ, um ihr Anliegen zu verstehen. Die Kommunikation war kompliziert und seitens des Gouverneurs von Anfang an nicht von Wohlwollen geprägt. Als Peter ihm erklärte, er plane, eine Reportage über alte Karawanenrouten der Sahara zu schreiben, schien er mehr beunruhigt als beeindruckt zu sein, denn der Lehrer, ein kleiner Mann mit unruhigem Blick, übersetzte die Ausführungen des Gouverneurs folgendermaßen: »Der Herr Gouverneur bedauert zutiefst, dass er Ihrem Ersuchen nicht nachkommen kann. Das Land der Leere, wie die Tuareg diese Region der Sahara nennen, ist Sperrgebiet. Es ist zu gefährlich, dorthin zu fahren. Treibsand, Sandstürme und Minenfelder aus dem Krieg mit den Franzosen machen es nahezu unmöglich, dorthin zu reisen. Der Herr Gouverneur sieht leider keine Möglichkeiten, Ihnen das zu genehmigen.«
Jahzara musterte Peter unauffällig. Ohnmacht und Wut einten sich in seinen Augen. Aber die Ablehnung schien ihn nicht aus der Fassung zu bringen.
Ruhig begann er zu sprechen: »Zunächst darf ich Eure Exzellenz von ganzem Herzen danken, dass er uns auf diese Gefahren hinweist. Mit allem gebotenen Respekt möchte ich aber darauf hinweisen, dass wir nicht beabsichtigen, ins Land der Leere zu fahren, sondern von einem Ort namens Likrakar aus der Karawanenroute nach Taoudenni, zu den dortigen Salzminen, folgen wollen. Wir sind uns der Gefahren der Wüste sehr bewusst. Ich selbst, Eure Exzellenz, habe viel Erfahrung. Ich habe die Sahara von Algerien aus zwei Mal bis nach Nigeria durchquert, bin von Marokko aus nach Mauretanien gefahren und habe viel Praxis im Umgang mit Allradfahrzeugen. Wir haben in Bamako einen perfekt ausgerüsteten Geländewagen bestellt, der morgen hier ankommen wird. Ein GPS-Gerät habe ich dabei. Unsere Reise dient lediglich als Vorbereitung einer längeren Expedition, die im nächsten Jahr stattfinden soll und bei der wir Eure Exzellenz selbstverständlich über den Botschafter der Republik Mali in Deutschland involvieren würden. Wobei wir darauf hinweisen möchten, dass wir bei dieser Expedition sicherlich einige erfahrene Führer und Fahrer aus Timbuktu benötigt werden, die wir selbstredend ihren Qualifikationen entsprechend gut bezahlen würden. Über die touristischen Auswirkungen unserer Projekte auf diese Region möchte ich nicht all zu viel sagen, gehe aber davon aus,
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