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Die verschollene Karawane

Titel: Die verschollene Karawane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Ackermann
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konnte, nannte sich Said Fomba. Sie zeigten sich nicht sonderlich gesprächig. Said schwieg völlig. Sein Freund erklärte in radebrechendem Französisch, dass Said weder Französisch noch Arabisch könne: »Er sein Imochar – eine freie Mensch. Er sprecht nur Dialekt vom Stamm der Kel Iforas.«
    Was das heißen sollte, konnten Jahzara und Peter nur erahnen, wussten aber nun, dass die Kommunikation mit diesen beiden Tuareg sehr beschränkt sein würde. Nachdem beide Wagen mit zusätzlichen Wasservorräten, frischem Gemüse, Reis sowie Obst vom Markt, allen verfügbaren Konserven und Benzin für etwa 2000 Kilometer beladen worden waren, fuhren sie am darauffolgenden frühen Morgen los. Zu ihrer beider Erstaunen beharrte Habib Mounzer darauf, dass Said Fomba in ihrem Wagen mitfahren sollte. Der Sprachlose, wie Jahzara den missmutigen Nomaden nannte, nahm im Fond ihres Geländewagens Platz und tat das, wie sie und Peter hofften, was er die nächsten Tagen weiterhin tun würde: Er schwieg. Dafür roch er umso mehr. Seine strengen Ausdünstungen, eine fast ätzend riechende Mischung aus Schweiß, Knoblauch und Mottenkugeln, wurden vom Fahrtwind im Wageninneren umhergewirbelt. Jahzara saß auf dem Beifahrersitz und verdrehte ständig ihre Augen, deutete grinsend ihre anstehende Ohnmacht an und hielt ihren Kopf stets sehr nahe am Fenster.
    Die Teerstraße Richtung Likrakar endete bereits wenige Kilometer hinter Timbuktu. Viele Reifenspuren ließen den Schluss zu, dass die Piste ziemlich stark befahren wurde. Einzelne Nomaden kamen ihnen auf Kamelen entgegen. Winzige Wanderdünen züngelten, angetrieben von einem heißen Wind, über die Piste. Der Himmel war grau wie auch die Welt, die sie umgab.
    Peter fingerte sein Handy aus seinem Rucksack. Zum Schutz gegen Hitze und Staub hatte er es zusammen mit dem GPS-Gerät mit einem Handtuch umwickelt und in eine Plastiktüte gesteckt. Während er weiterfuhr, fiel sein Blick auf das Display. Es zeigte eine akzeptable Feldstärke an. Sie hatten also weiterhin Kontakt mit der Außenwelt, aber Yvonne hatte noch nicht geantwortet. Er hatte ihr am Vortag aus dem Internet-Cafe eine ausführliche Mail und eine SMS geschickt. Jahzara wiederum hatte ihren Vater darüber informiert, dass sie in etwa einer Woche nach Timbuktu zurückkehren würden.
    Peter steckte das Handy wieder weg. Die öde Landschaft machte ihn einsilbig. Seine Gedanken gingen zu Yvonne. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. Würde sie sich darüber freuen, dass Jahzara Patin ihres Kindes werden wollte?
    Ein dezenter Piepston aus seinem Rucksack unterbrach seine Gedanken. Er holte das GPS-Gerät hervor. Das Piepsen signalisierte ihm, dass sie von den Koordinaten, die er eingegeben hatte, abwichen. Er schaute auf das Display. Sie befanden sich auf 16°48’ 10.90“ Nord und 3°00’ 11.02“ West, also nur knapp neben dem Korridor, den er mithilfe von Satellitenbildern errechnet hatte. Zufrieden steckte er das Gerät weg und lächelte Jahzara an. Ihr Haar wehte im Fahrtwind. Die große Sonnenbrille verdeckte fast ihre gesamte Augenpartie. Das Halstuch, das sie zum Schutz gegen den feinen Sandstaub über den Mund gezogen hatte, ließ sie wie eine elegante Räuberin aussehen. Kurz fiel sein Blick auf den Rückspiegel. Der zweite Wagen mit Habib Mounzer am Steuer fuhr eigenartig dicht hinter ihnen. Das war ihm schleierhaft. Jeder Wüstendurchquerer wusste, dass der vom vorausfahrenden Fahrzeug aufgewirbelte Staub in kürzester Zeit nicht nur der Windschutzscheibe, sondern auch dem Motor zusetzen und damit schnell technische Probleme aufkommen lassen würde. Die Gefahr, dass Sand den Luftfilter verstopfte und der Wagen überhitzen würde, war groß. Peter fragte sich, wieso der Targi so nah auffuhr? Er wollte gerade schimpfen, dass der Fahrer wohl zum ersten Mal in der Wüste war, als eine starke Luftböe durch die Seitenfenster ins Wageninnere drückte. Aus dem Augenwinkel heraus sah er im Rückspiegel, wie der Gesichtsschleier von Said Fomba für Bruchteile von Sekunden weggeweht wurde. Die Augen des Mannes waren deutlich zu sehen. Es waren dunkle, unergründliche, böse Augen. Es war dieser Blick, aber auch die hässliche Falte oberhalb der Nasenwurzel des Mannes, die ihm eine Gänsehaut verursachten. Diese Augen kannte er doch! Seine Gedanken überschlugen sich. Im Rückspiegel beobachtete er, wie der Mann nervös auf seine Uhr blickte. Dann klingelte sein Handy. Er kannte die Nummer auf dem Display. Es war

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