Die verschollene Karawane
Abschaum! Erschießen sollte ich dich. Und zwar auf der Stelle.«
Die Augen des Arabers blitzten auf. Peter wusste genau, was in dessen Kopf vorging. Er genoss es, dass er diesen heimtückischen, skrupellosen – nun aber grenzenlos feigen und hilflosen – Araber in der Hand hatte. Der Killer würde sich eher die Zunge abbeißen, als auch nur ein einziges Wort auf diese Beleidigungen zu erwidern.
Das Blatt hatte sich gewendet.
Der Araber schien fast um sein Leben zu winseln, als er kleinlaut sagte: »Ich war mal Soldat. Ich kenne mich mit Minen aus. Zusammen kommen wir hier raus. Was bringt es dir, wenn du mich jetzt erschießt?«
»Du kennst dich mit Minen aus? Du weißt, wie man diese Scheißdinger entschärft?«
»Ja.«
Peter griff nach der Pistole, lud sie mit geübtem Griff durch, triumphierte, als er an dem Geräusch des Verschlusses hörte, dass tatsächlich eine Patrone in der Kammer war, und hielt sie dem verdutzten Araber an die Stirn.
»Gut, mein Freund. Dann zeig mal, was du so drauf hast! Grab sie aus. Buddel um dein und um unser Leben! Aber vorher schauen wir doch mal nach, ob du in deinem Gepäck nicht noch eine Knarre versteckt hast. Ich traue dir nämlich nicht über den Weg, du miese Ratte!«
Sahib al Saif wäre am liebsten vor Wut explodiert. Mit allem hatte er gerechnet. Aber nicht damit, dass dieser Föllmer auf die Idee kommen würde, dass er noch eine Waffe besaß. Genau das aber war sein Plan gewesen. Er hatte tatsächlich noch eine Pistole in seinem Gepäck. Er wusste, dass Föllmer sie finden würden, entschied sich daher, es lieber gleich zusagen: »Sie ist in dem Rucksack. Eine Pistole. Sonst habe ich keine weiteren Waffen.«
Zehn Minuten später sah sich der Racheengel des Al-Sakina-Ordens in der unrühmlichsten Situation seines Lebens. Peter zwang ihn auszusteigen. Zentimeter für Zentimeter kroch er aus dem Seitenfenster heraus und begann, mit einem kleinen Besen ganz vorsichtig den Sand dort wegzufegen, wo er zuerst mit seinen Füßen aufkommen würde. Er schwitzte Blut und Wasser. Ja, er war in der Armee gewesen und hatte tatsächlich oft mit Minen zu tun gehabt. Doch das war lange her. Und die Dinger, die hier im Sand verscharrt lagen, waren uralt. Er hatte keinen blassen Schimmer, welche Art von Landminen die Franzosen damals verwendet hatten. Er wusste nicht, ob die Minen nach einem bestimmten System oder als Streuminen völlig unkalkulierbar versteckt waren. Sollten sie ursprünglich Lücken in den Gefechtsabschnitten schließen? Oder die Bewegungsmöglichkeiten gegnerischer Kräfte und Fahrzeuge einschränken und schlecht einsehbare Geländeabschnitte sichern? Nichts wusste er von diesen Dingern, absolut gar nichts! Waren es ungelenkte oder Kontaktminen? Besaßen sie Sofort- oder Verzögerungszündung? Waren es Hohlladungs-, Splitter- oder Panzerabwehrminen? Wurde der Zünder nach Entlastung aktiviert? Oder explodierte das Ding unter Druck? Womöglich waren es Erschütterungszünder, die schon in die Luft gingen, wenn man auch nur in der Nähe laut hustete. Verflucht! Es gab viele verschiedene Formen, Arten und Funktionsweisen dieser heimtückischen Minen. Die Entlastungszünder waren für ihn in der Ausbildung Horror gewesen. Er hatte von Fällen gehört, bei denen solche Minen unter den Körpern Schwerverletzter drapiert worden waren. Wurde der Verletzte von Sanitätern oder Kameraden hochgehoben, zerriss der Sprengstoff gleich mehrere Männer auf einmal. Wie also sollte er vorgehen? Wenn diese Minen hier gegen Wiederaufnahme gesichert, also zwei Minen miteinander gekoppelt waren, würde er die eine freilegen und die andere würde ihn Sekunden später in Stücke reißen. Gab es Stolperdrähte zwischen den einzelnen Minen?
»Allah, steh mir bei«, murmelte er. Er hatte Angst. Nichts wusste er von diesem teuflischen Zeug, das da im Sand lag. Nur eins war klar: Es war tödlich. Trotzdem musste er herausfinden, sondieren, was da vergraben lag. Wie hatte er es damals gelernt: »Der Sondierende sollte bei dieser Arbeit flach auf dem Boden liegen und den Kopf so tief wie möglich halten, um bei einer eventuellen Detonation der Mine den größtmöglichen Schutz vor der trichterförmig nach oben gehenden Splitter- und Detonationswelle zu haben.« Na toll! Wie sollte er das machen? Er hing hier mit den Beinen im Wagen, den Oberkörper nach unten. Läge da eine Mine, würde sie ihm den Kopf abreißen! Plötzlich erinnerte er sich an die Worte eines Ausbilders: »Wenn man mit
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