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Die verschollene Karawane

Titel: Die verschollene Karawane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Ackermann
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dass der Sandsturm die Verbindung zu den Satelliten unterbrochen hat. Wir müssen hier warten. Ich weiß nicht, wo wir sind. Wir haben im Sturm die Orientierung verloren. Dieser Schwachkopf von Targi da hinten im Wagen ist für nichts gut! Der kann nur Frauen verprügeln. Ich kenne mich in der Wüste besser aus als er.«
    Im Rückspiegel sah er, wie der Targi ebenfalls versuchte, seine Wagentür aufzudrücken. Es gelang ihm nicht. Er drehte die Seitenscheibe herunter und begann, aus dem Fenster herauszuklettern. Peter wandte sich um und schaute ihm zu. Der Killer blickte ebenfalls nach hinten. Der junge Mann zwängte sich mit dem Oberkörper zuerst durch das Fenster und glitt dann langsam in den Sand neben dem Wagen. Er lachte ihnen zu. Es war das Letzte, was der Targi Habib Mounzer in seinem Leben tat. Eine ohrenbetäubende Explosion hallte durch das Tal. Der Schall brach sich wieder und wieder an den nahen Felswänden. Der schwere Geländewagen, in dem der Targi eben noch gesessen hatte, hob sich um fast einen halben Meter in die Luft. Metallteile und Glassplitter flogen durch die Luft und prasselten nieder. Peter duckte sich nach unten weg. Der Killer wurde durch eine Metallstrebe, die durch das Rückfenster schoss, am Kopf getroffen. Qualm und der widerliche Gestank von verbranntem Fleisch lagen plötzlich in der Luft. Dann war es unglaublich leise. Peter hörte nur das Wimmern von Jahzara, die vom Sitz heruntergerutscht war und zusammengekrümmt und bibbernd im Fußraum des Wagens lag, die Hände auf ihre Ohren gepresst.
    Peter konnte sich zunächst nicht erklären, was geschehen war.
    Seine Ohren schmerzten. Entsetzt richtete er sich auf. Neben dem hinteren Wagen lagen Fetzen eines stahlblauen Umhangs. Der Mann, dem der Umhang gehört hatte, war nur mehr eine klobige Masse aus Fleisch und Blut und versengten Haaren. Das Auto war völlig demoliert. Flammen züngelten aus dem Motorraum. Sekunden später explodierte das Fahrzeug. Weitere Metallteile flogen umher. Es stank nach verbranntem Gummi und nach Tod.
    Kaum, dass der Rauch sich verzogen hatte, folgte die nächste Explosion. Peter duckte sich zur Seite weg, beugte sich schützend über Jahzara. Sand prasselte auf das Dach ihres Wagens. Dann war es still. Nur der Wind war noch zu hören. Er fühlte Jahzaras Herz pochen. Sanft strich er ihr übers Haar. Er sah Blut an der Innenseite ihres rechten Schenkels. Auch das noch! Sie hatte ihre Regel! Der Stress, die Todesangst, die Hitze und die Kälte. Ihr Körper befand sich in einem extremen Ausnahmezustand. Ihre Seele auch.
    Peter zwang sich, Jahzara seine Verzweiflung nicht spüren zu lassen. Noch nie zuvor in seinem Leben hatte er sich in einer solch hoffnungslosen Lage befunden. Noch nie hatte er sich so schuldig gefühlt. Ja, er war verantwortlich dafür, dass Jahzara sich in dieser dramatischen, lebensgefährlichen Situation befand. Seine Gefühle wurden überlagert von quälenden Gedanken. Er durfte keine Schwäche zeigen. Das Leben von Jahzara und das von Yvonne hingen an einem dünnen Faden. Sein eigenes auch. Er musste einen kühlen Kopf bewahren, musste bei Kräften bleiben, obwohl er immer schwächer wurde. Aber sein Überlebenstrieb zwang ihn, kühl, berechnend – hart – zu sein.
    Was war da eben geschehen? Warum war der Targi mitsamt dem Fahrzeug in die Luft geflogen? Was war das kurz danach für eine seltsame, irgendwie gedämpfte Explosion gewesen?
    Sein Blick ging nach hinten. Der Killer lag auf der Rückbank, die Hände schützend über seinen Kopf gepresst, zitternd. Peter empfand kein Mitleid. Er erkannte in diesem Augenblick, dass alles, was von nun an geschehen würde, von ihm selbst abhing. Machte er einen Fehler, wäre das der Tod von Jahzara. Und von Yvonne. Das Zünglein an der Waage zwischen Leben und Tod hieß Peter Föllmer.
    Minen! Der Gedanke durchzuckte ihn wie Starkstromschlag. Ja, sie waren in ein Minenfeld geraten. Der Gouverneur in Timbuktu hatte es noch erwähnt, dass das Land der Leere in einer Region lag, in dem die Franzosen als Kolonialmacht Landminen vergraben hatten.
    »Scheiße! Scheiße!« Peter fluchte so laut, dass der Killer sich aufrichtete. Jahzara kroch aus dem Fußraum hervor. Ihre Augen hatten jeglichen Glanz verloren. Beide schauten ihn fragend an. Er hielt es für besser, ihre dramatische Situation ungeschönt zu offenbaren: »Wir sind in einem Minenfeld! Landminen. Aus dem Krieg der Franzosen. Habib ist auf eine Mine getreten. Die zweite Explosion muss

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