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Die verschollene Karawane

Titel: Die verschollene Karawane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Ackermann
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die Köpfe der Mächtigen Europas. Man hat ihn sogar gesucht. In ihm sah man einen strategischen Partner im Kampf gegen die Moslems, die Jerusalem und das Heilige Land besetzt hielten und scheinbar militärisch von den abendländischen Heeren nicht zu schlagen waren. Man träumte von einer heiligen Allianz der Christenreiche gegen den Islam. Diese Sache hatte damals für das Abendland weltpolitische, geostrategische Dimensionen. Du hast doch die Reiseaufzeichnungen von Marco Polo restauriert, richtig?«
    Yvonne blickte Peter nun sehr sanft in die Augen. Einen Moment lang erinnerte sie sich an ihr erstes Zusammentreffen in dieser Stadt. Ihr Herz begann, wild zu pochen.
    »Was, bitte, hat der denn jetzt mit dieser ganzen Sache zu tun«, versuchte sie abzulenken. »Ich blicke bald gar nicht mehr durch.«
    Peter bemerkte zwar ihre flatterige Stimme, war aber gedanklich zu sehr mit der Legende um Johannes beschäftigt.
    »Einer der Aufträge von Marco Polo war, dieses Christenreich zu suchen, den Kontakt mit diesem Priesterkönig herzustellen. Es gab Gerüchte, dass er irgendwo in dem riesigen Mongolenreich herrschte. Yvi, dieser mystische Priesterkönig Johannes war eine der größten Geheimnisse des Mittelalters! Die Welt gierte nach seinem legendären Reichtum.«
    »Aber Marco Polo hat ihn nie gefunden, oder?«, fragte Yvonne. Ihr Herz hatte sich etwas beruhigt.
    »Nein, aber noch etwas spielt eine Rolle. Nämlich Indien beziehungsweise Äthiopien. Vereinfacht ausgedrückt war es nämlich so, dass es in dem damaligen Weltbild gleich drei Indien gab. Unter anderem ein diesseitiges und ein jenseitiges. Bis ins späte Mittelalter hielt sich die These, dass die Kontinente im Süden durch Landmassen verbunden seien. Also dachte man, dass Afrika nicht vom Meer umspült, sondern im Süden mit dem indischen Kontinent verbunden sei. Fakt jedenfalls ist, dass es sich bei einem der drei Indien gar nicht um Indien, sondern um das heutige Äthiopien handelte. Damals wurde es mal Abyssinien, mal Axum oder auch Aksum genannt. Was Marco Polo in Asien suchte, nämlich ein riesiges, mächtiges Christenreich, lag in Wirklichkeit am Horn von Afrika, im heutigen Äthiopien.
    Das ist für viele Wissenschaftler ein unantastbarer Fakt.« Nachdenklich sah Peter seine Freundin an. Nach einer kurzen Pause fuhr er schließlich fort.
    »Ich glaube, genau um ihn, um den Priesterkönig Johannes, geht es. Diese Karte von Charles zeigt nicht Indien, also den uns bekannten Subkontinent Indien. Hier handelt es sich um Afrika. Nordostafrika – um Äthiopien! Dort hatte sich schon in den ersten Jahrhunderten nach Christus tatsächlich eine große frühchristliche Gemeinde entwickelt. Was immer Charles mir sagen will, es hat etwas mit diesem Priesterkönig, mit diesem Mythos um Johannes zu tun. Und dann auch noch dieser mysteriöse Brief. Wenn du den liest, denkst du zunächst, da habe jemand vor ewigen Zeiten in einem Anfall von Wahnvorstellungen aberwitzige Dinge geschrieben: über Fabelwesen, Gold, Edelsteine und so weiter. Quasi das Paradies auf Erden. Charles hat mir das zugefaxt. Aber mir schwant, dass dieser Brief vielleicht gar kein Fantasieprodukt ist, Yvi. Vielleicht ist er sogar von – « Peter schwieg abrupt. Seine Augen glänzten.
    »Warte, ich lese dir das mal vor.«
    Er griff nach seinem Rucksack. Für Sekunden glitt sein Blick auf die andere Seite des kleinen Kanals. Nichts an dem Mann, den er dort sah, war besonders auffällig. Aber intuitiv spürte er, dass mit diesem Mann etwas nicht stimmte. Doch bevor er sich Gedanken machen konnte, was ihm an diesem jungen Mann mit der Sonnenbrille so auffällig erschien, ging alles sehr schnell. Stühle stürzten um; die Besucher an den Nachbartischen schrien auf; Geschirr zerbarst auf dem Boden. Ein Tisch fiel um. Der Mann auf der anderen Kanalseite, kaum mehr als acht Meter entfernt, machte eine extrem schnelle Bewegung. Seine rechte Hand griff unter sein Jackett. Plötzlich hielt er eine Waffe in seiner Hand. Barsche Männerstimmen hallten an den Fassaden der engen Gasse wider. Ein hünenhafter Mann mit kantigem Kinn hetzte heran. Peter sah ihn nur aus dem Augenwinkel. Ein zweiter Mann stürzte sich mit einem gewaltigen Satz auf Yvonne. Peter sah den Hünen, sah dessen stieren Blick und die Waffe in der Hand des Mannes und wollte gerade aufschreien, als der Hüne mit der vollen Wucht seines massigen Körpers auf ihn sprang und ihn samt Tisch zu Boden riss. Dabei prallte Peter mit seinem Kopf

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