Die verschollene Karawane
Saharastaaten um Hilfe bitten. Und wenn sie sie dann finden, werden wir es wissen und es ihnen abnehmen. Sie machen die Arbeit. Und wir freuen uns über den größten Schatz, der seit Jahrtausenden geborgen werden wird. Einer, der vielleicht eins der größten Mysterien der Christen, Juden und Moslems beinhaltet! Das, mein Bruder Hasan, sollten wir als Plan zwei betrachten. Und damit der wirklich funktioniert, ist Plan drei erforderlich!«
Hasan wusste, dass Abdul in der Wahl seiner Mittel zum Erreichen seiner Ziele äußerst einfallsreich und, wenn erforderlich, skrupellos sein konnte. So angestrengt er auch überlegte, was sein Mitbruder wohl mit Plan drei im Schilde führte, er hatte beim besten Willen keine Ahnung.
»Was ist Plan drei?«, fragte er ohne Umschweife und starrte Abdul an.
»Ganz einfach: dass die beiden die Karawane finden, ist denkbar. Dieses Team ist perfekt. Das hat der alte Charles Bahri gut eingefädelt. Damit sie uns das Gold, die Edelsteine dann auch wirklich überlassen, gilt es schon im Vorfeld, sich ihrer Bereitschaft zu versichern!«
»Und wie willst du das machen?«
»Liebe ist das Zauberwort! Das Vermögen, das uns der Schatz bringt, wird uns helfen, den heiligen Krieg gegen die Ungläubigen zu finanzieren. Der Liebe des Allmächtigen für unser Tun können wir also sicher sein. Der Liebe von Yvonne Steimer zu Peter Föllmer können wir ebenfalls sicher sein, oder nicht?«
Hasan schaute seinen Ordensbruder erstaunt an. »Du willst – «
»Ja«, unterbrach Abdul ihn, »ich will! Auch, wenn wir im Moment nicht wissen, was die beiden tun und wo sie sich aufhalten. Wir wissen, wo Yvonne Steimer ist. Und wir wissen, dass sie ihn liebt. Sie weiß, wie aus den früheren Telefonaten ersichtlich wurde, was auf der Karte eingezeichnet war. Zwar nicht alle Details. Aber was sie uns nicht sagen kann, wird er dann tun – aus Liebe zu ihr. Notgedrungen! Für sie wird Peter Föllmer alles tun, was wir von ihm verlangen. Liebe ist oftmals der Anfang des Verderbens.«
Das kleine Haus lag auf einem Hügel oberhalb von Sintra, knapp 20 Kilometer von Lissabon entfernt. Von der Terrasse des Bruchsteinhäuschens sah man das mächtige, über der Altstadt gelegene Schloss mit seinen beiden riesigen konischen Türmen. Der Atlantik glitzerte am Horizont. Die Luft war erfüllt von den betörenden Düften der Sierra. Peter war begeistert. Seit ihrer Ankunft saß er bei jeder Gelegenheit im Schatten der Pinien und starrte ins Tal.
»Ein wunderbares Fleckchen Erde! Mir scheint, als sei hier die Zeit stehengeblieben.«
Jahzara schaute von den Unterlagen, die über den Tisch verstreut lagen, auf. »Du bist nicht der Einzige, der hier ins Schwärmen gerät. Meine Großeltern wussten schon, warum sie sich dieses Idyll gekauft haben. Der englische Poet und Playboy Lord Byron hat schon geschrieben, Sintra enthält Schönheiten aller Art, natürliche und künstliche, Paläste und Gärten, die sich inmitten von Felsen zwischen Wasserfällen und Abgründen erheben. Der Araber Al-Bakr kam zu dem Schluss, dass die Einwohner hier sehr alt werden. Und José Saramago bekannte begeistert: ›Alle Wege führen nach Sintra.‹ Du bist also in guter Gesellschaft, Peter, Dichter, Forschungsreisende und sogar ein Playboy schwärmten von diesem Fleckchen Erde.«
Peter horchte auf. Den Seitenhieb mit dem Playboy, womit fraglos Lord Byron gemeint war, hatte er sehr wohl gehört, ging aber nicht darauf ein. Jahzara war seit gestern auffallend nervös und manchmal ziemlich schnippisch. Er führte das darauf zurück, dass sie in dem wahrlich sehr kleinen Ferienhäuschen ihrer Oma auf engstem Raum zusammenlebten. Es gab nur zwei Zimmer, eine winzige Küche und ein Bad, dafür aber riesige Terrassen mit einem fantastischen Ausblick. Sie konnten sich nicht aus dem Weg gehen, was für Jahzara mehr ein Problem zu sein schien als für ihn. Hinzu kam noch die Anspannung der letzten Tage.
Je intensiver sich Jahzara mit den 20 fotografierten Seiten des Dossiers beschäftigte, desto nachdenklicher und schweigsamer wurde sie. Die Unterlagen von Charles waren in ihrem Zimmer verstreut. Das alte Buch lag vor ihr auf dem Tisch. Es war in einem schlechten Zustand. Der Umschlag fehlte gänzlich. Die meisten der etwa 300 Seiten waren stockfleckig und klebten aneinander. Nur etwa 80 Seiten waren lesbar. Ihr Laptop stand auf dem Tisch. In dem Hochtal bekam sie allerdings kaum WLAN-Empfang, was ihre Recherche einschränkte.
Peter bedauerte,
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