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Die verschollene Karawane

Titel: Die verschollene Karawane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Ackermann
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nur für eine Nacht. Das geht mir auch so! Doch ich kann dieses Verlangen problemlos steuern. Ich kann dein Freund sein, wenn du willst, dass es dabei bleibt. Ich kann Gentleman oder Liebhaber sein. Allerdings auch beides zusammen!« Peter zwinkerte ihr bei dem Nachsatz aufheiternd zu. Er wollte die angespannte Stimmung auflockern. »Also, was schlägst du vor? Wer darf ich sein, an welche Regeln muss ich mich halten?«
    Jahzara lächelte. Seine Bemühungen, die Situation zu entkrampfen, schienen erfolgreich zu sein, denn erleichtert erwiderte sie: »Gut! Ich erwarte zwei Dinge von dir: Don’t touch my body, don’t touch my soul!«
    Ihre Worte kamen wie Peitschenhiebe und ließen ihm eine Gänsehaut über den Rücken laufen. Unmissverständlicher hätte sie es nicht ausdrücken können. Weder ihren Körper noch ihre Seele sollte er also berühren. Das war desillusionierend. Er brauchte eine Weile, um darauf gefasst reagieren zu können: »Also Bruder und Schwester? Seelenverwandte mit menschlichen Schwächen, die es zu kontrollieren gilt – im Interesse eines auf Effizienz und Erfolg ausgerichteten Joint Ventures in Sachen investigativer Wahrheitsfindung, richtig? Neutrum meets Neutrum.«
    Sie lachte herzlich auf. Ihre Augen glänzten vor Freude. »Das hast du wirklich brillant formuliert! Ja, ein multikulturelles Joint Venture sollte es werden. Auch ich mag dich, Peter. Du gibst mir ein Gefühl der Sicherheit, bist ein sehr interessanter, kluger und gut aussehender Mann. Ich fühle mich in deiner Gegenwart sehr wohl. Aber ich denke, dass es nie mehr sein wird. Uns trennen Welten. Nicht nur altersmäßig. Das müssen wir ganz realistisch sehen. Und ich halte mich an das, was mir meine Intuition sagt! Außerdem fühle ich mich sehr unwohl bei dem Gedanken, dass deine ehemalige Freundin denkt, dass ich dich dazu animiert habe, sie zu verlassen. Das war nicht so. Versprich mir, dass du nicht versuchen wirst, mich umzustimmen. Sag mir, dass du dir keine Hoffnungen machen wirst, dich keiner Illusion hingeben wirst. Dann sind wir ein perfektes Paar! Nicht unbedingt wie Bruder und Schwester, denn die streiten sich ja bekanntlich öfter. Ich habe keine Probleme damit, dass du mich als Frau begehrst. Doch ich sage dir ganz offen und ehrlich, dass es dazu nie kommen wird. Wenn wir uns darüber einig sind, steht auch einer gemeinsamen Reise nach Äthiopien nichts im Wege. Kannst du das so akzeptieren? Willst du mit mir kommen?«
    Es kostete Peter ein Höchstmaß an Selbstbeherrschung, diese sehr ernüchternden Worte einfach so zu schlucken. Die aberwitzige Diskrepanz zwischen jenen Momenten, da er Jahzara im Arm gehalten hatte, und diese sich neu abzeichnenden Perspektiven schockierten ihn. Hatte er sich wirklich so sehr getäuscht? Wollte Jahzara überhaupt nichts von ihm – außer einer Freundschaft und gemeinsamer Interessen? Er fiel ihm schwer, mit der Situation umzugehen, entschied sich jedoch, die Zeit zu seinem Verbündeten zu machen. Waren sie erst mal auf Reisen, würde sich bald herausstellen, ob Jahzara all das nur aus Selbstschutz gesagt hatte. Plötzlich durchzuckte ihn ein schmerzhafter Gedanke. Er selbst hatte schon oft in seinem Leben so ähnlich gehandelt, hatte nach dem Motto gelebt: If you don’t like it, change it. If you can’t change it, leave it. Nun schien ihn sein eigenes Motto auf sehr unangenehme Weise einzuholen. Nein, er konnte wahrlich nicht behaupten, dass er Yvonne nicht gemocht hatte. Aber er hatte sie mit seinen Regeln auf Distanz gehalten. Der entscheidende Impuls war von Jahzara gekommen. Und nun verließ Jahzara faktisch ihn, bevor er sich ihr überhaupt genähert hatte. Siedend heiß wurde ihm zum ersten Mal klar, wie Yvonne sich fühlen musste. Er hatte ihr wehgetan! Und fundamentale Dinge seines Lebens waren in den letzten Wochen aus den Fugen geraten. Viel schlimmer noch: Die Gefahr bestand, dass er einen Menschen verlor, den er sehr schätzte. Wofür? Für eine Fantasie – eine Illusion?
    Jahzaras Räuspern schreckte ihn auf. »Du warst gedanklich gerade sehr weit weg, richtig?«
    »Ja, schon. Deine Worte haben mich aus einer Traumwelt zurück in die Realität geholt. Das tut weh. Aber es ist auch gut so. Ich finde es bewundernswert, dass du mir all das so offen und ehrlich gesagt hast. Und ich kann dir eins versprechen: Ich werde ein Gentleman sein! Und zwar aus Überzeugung. Ich würde mehr verlieren, als ich gewinnen könnte, wenn ich mich nicht daran hielte, was du erbittest.

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