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Die verschollene Symphonie

Die verschollene Symphonie

Titel: Die verschollene Symphonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Owen
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Gefecht setzen oder wieder zum Leben erwecken konnte.
    Es gab genügend frisches Wasser für einen Monat. Marisa hoffte, dass sie in einer Woche immer noch davon trinken konnten und dass sie nicht alles würden verbrauchen müssen, bis irgendeine Art von Rettung einträfe. Allerdings müsste erst einmal jemand davon erfahren, dass sie in Schwierigkeiten waren, und da der Sturm das gesamte Strom- und Telefonnetz lahm gelegt hatte, gab es keine Möglichkeit, Hilfe zu rufen. Und selbst wenn sie dazu in der Lage gewesen wären, so war Marisa ziemlich sicher, dass die restliche Welt im Augenblick mit eigenen Problemen beschäftigt war.
    Dieser Gedanke nagte an ihr, denn es gab eine Sache, die sie lieber nicht in Erwägung ziehen wollte: dass vielleicht keine Hilfe kommen würde. Dass sie auf sich allein gestellt waren. Wenn sie sich dies eingestand – so glaubte sie –, waren sie wirklich verloren.
     

     
    Sie kamen überein, den restlichen Patienten im Nordturm nichts von den Ereignissen zu erzählen. Es hätte wenig Sinn und würde ihren Zustand möglicherweise nur noch verschlimmern.
    Herr Schwan hatte sich wieder in sein übliches Schattendasein zurückgezogen. Maddox war in sich gekehrt und ängstlich, während Galen die meiste Zeit auf und ab ging und vor sich hin murmelte. Nur das Huhn hatte sich der Lage problemlos angepasst und sich in einer Ecke unter dem ersten Treppenabsatz ein gemütliches Nest gebaut.
    »Warum haben Sie das Huhn Henrietta genannt?«, fragte Marisa.
    »Ich habe ihm den Namen nicht gegeben«, sagte Doktor Syntax. »Es hieß schon so.«
    »Woher wussten Sie, dass das Huhn einen Namen hatte?«
    »Das tut nichts zur Sache.«
    »Sie haben vollkommen Recht«, sagte Marisa und zuckte mit den Achseln. »Wir sollten erst einmal entscheiden, ob wir es riskieren können, die Tür oder ein Fenster zu öffnen, um Hilfe zu holen.«
    Der Direktor warf ihr einen merkwürdigen Blick zu, erwiderte jedoch nichts. Sie sah zu der Tür am anderen Ende des Korridors hinüber.
    »Was ich mich gefragt habe…«, begann Marisa. »Was glauben Sie, warum wir nicht direkt angegriffen werden? Worauf warten sie?«
    Doktor Syntax lächelte bitter. »Sie haben in diesem Turm gewohnt und wissen so gut wie wir, dass es nur eine Tür gibt.«
    »Vielleicht brauchen sie auch gar kein Blut mehr – was immer sie auch damit getan haben?«, fügte sie hoffnungsvoll hinzu.
    »Nein«, erwiderte der Direktor. »Wahrscheinlicher ist, dass sie sich einen Weg durch die Teile der Klinik bahnen, die weniger gut verbarrikadiert sind…«
    Er verstummte – das erste Anzeichen von Verzweiflung, das er Marisa gegenüber jemals geäußert hatte. Sein unausgesprochener Gedanke war, dass die Magier in den Südturm gelangt waren, wo es eine ganze Reihe weiterer Patienten gab – die meisten von ihnen hilflos, manche gar ans Bett gefesselt –, die auf die Opferung warteten wie Rehe auf einer Schnellstraße. Opfer, denen sie nicht helfen konnten, ohne selbst zum Opfer zu werden.
    Um ihre Gedanken von der übermächtig auf ihr lastenden Furcht abzulenken, stellte Marisa dem Direktor unablässig Fragen. Erstaunlicherweise war dieser sogar bereit, mit ihr über ihre Gedanken zu sprechen – selbst über jene, die Galen betrafen.
    »Ich habe eine ganze Reihe von Zusammenhängen zwischen den Patienten im Nordturm entdeckt«, begann Marisa. »Manche, die ich nicht zu finden erwartet hatte, und einige, von denen Sie wohl nicht erwartet hatten, dass ich darauf stoßen könnte. Doch alle scheinen etwas mit Wagner und eddischen Mythen zu tun zu haben. Ich nehme deshalb an, dass die gegenwärtigen Ereignisse und Galens Anwesenheit hier nicht zufällig sind.«
    »Richtig.«
    »Und seine einwöchige Behandlung?«
    »Ist beinahe abgeschlossen«, sagte Doktor Syntax und warf einen Blick auf eine unförmige Taschenuhr. »Irgendwann heute Nacht, um genau zu sein.«
    »Aber«, sagte Marisa ungläubig, »Sie haben schon fast zwei Tage lang nicht mehr mit ihm gesprochen.«
    »Richtig.«
    »Und Sie sind trotzdem der Ansicht, dass er heute Nacht geheilt sein wird?«
    »Ich bin davon überzeugt, dass er sein wahres Ich finden wird.«
    Eine seltsam ausweichende und beunruhigende Antwort, dachte Marisa. »Und wie steht es mit den Magiern?«, fragte sie, um das Thema zu wechseln. »Anfangs schien es ein Witz zu sein, aber inzwischen tun Sie – tun wir – so, als seien sie tatsächlich atlantische Magier.«
    »Das ist möglich – unwahrscheinlich zwar, aber dennoch

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