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Die Verschollenen

Die Verschollenen

Titel: Die Verschollenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Keene
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Sie brachte sich in Positur, zog einen Schmollmund und präsentierte abwechselnd Hintern und Busen, wobei sie sich beklagte, dass ihr der Rücken wehtat und ihre Arme müde waren. Jeff und Raul kümmerten sich aufopferungsvoll um sie, massierten ihr den Rücken und boten an, ihren Anteil am Feuerholz für sie zu tragen. Die anderen Kandidaten waren weniger mitfühlend. Jerry und Becka blieben eine Weile bei dem Dreiergespann, machten Smalltalk und heuchelten höfliches Interesse, aber nach und nach ließen sie sich zurückfallen, bis sie schließlich ganz von den dreien getrennt waren.
    »Oh«, flötete Becka, als sie außer Hörweite waren, und tat so, als würde sie in Ohnmacht fallen. »Meine armen kleinen Ärmchen und Beinchen tun so weh. Jerry, trägst du mich zurück ins Camp?«
    Kichernd schüttelte er den Kopf. »Unfassbar, oder?«
    »Es macht mich krank, wie die anderen Jungs auf
diese Nummer reinfallen. Na ja, alle außer Ryan natürlich.«
    »Und Troy. Und Matthew.«
    Becka runzelte die Stirn. »Troy ist schlauer, als er aussieht. Aber Matthew ist mir echt unheimlich.«
    »Ja«, nickte Jerry. »Ich glaube, er ist asexuell oder so was. Deswegen kann Pauline ihn wahrscheinlich auch nicht um den Finger wickeln.«
    »Und wie steht es mit dir?«
    »Was meinst du? Ich bin nicht asexuell.«
    »Nein.« Becka lachte. »Ich meine, warum funktioniert Paulines Charme bei dir nicht?«
    »Ganz einfach: Ich bin hier, um zu gewinnen. Ich bin nicht hier, um berühmt zu werden, durch meinen Auftritt an eine Filmrolle zu kommen, Kontakte zu knüpfen oder um neue Freunde zu finden. Ich bin in dieser Show, weil ich eine Million Dollar gewinnen will. Sieht sie gut aus? Klar. Ich werde nicht so tun, als wäre sie hässlich. Aber ich konzentriere meine Aufmerksamkeit lieber auf das Preisgeld als auf sie. Ich bin wegen des Geldes hier. Du etwa nicht?«
    »Ich weiß nicht. Schätze schon. Zumindest am Anfang. Ich dachte, es könnte Spaß machen.«
    »Und jetzt hast du Zweifel?«
    »Vielleicht. Ich weiß es nicht. Ich glaube, ich habe einfach Heimweh.«
    »Du hast erzählt, dass du als Luxusgegenstand dein Tagebuch mitgebracht hättest. Hilft das?«
    »Nicht wirklich. Seit wir hier sind, bin ich ständig
müde, deshalb habe ich es ziemlich vernachlässigt. Bisher gibt es nur drei Einträge von hier.«
    »Na ja, du wirst ja zumindest noch für eine Weile hierbleiben. Da findest du sicher genug Zeit, um mehr zu schreiben.«
    Becka lächelte. »Hoffentlich. Solange ich nur länger durchhalte als Pauline, das ist momentan das Einzige, was für mich zählt.«
    »Das wirst du. Du solltest nur nicht glauben, dass du mich schlagen kannst.«
    Sie gab ihm einen verspielten Klaps, doch er fing ihre Hand ab. Becka spürte ein Kribbeln, das sich in ihrem ganzen Körper ausbreitete. Jerrys Hand war fest, sein Griff stark, und trotzdem war seine Haut weich und sanft, wie seine Augen.
    Einen Moment lang blieben sie so stehen, ohne etwas zu sagen. Ihre Hände waren ineinander verschlungen, und sie sahen sich tief in die Augen. Dann wandte Jerry den Blick ab und löste sich von ihr. Er räusperte sich und trat verlegen von einem Fuß auf den anderen.
    »Irgendwie komisch, dass mal keine Kameras da sind, die uns überallhin verfolgen.«
    »Ja«, sagte Jerry schnell. »Stimmt. Als wir hier angekommen sind, ist es mir echt schwergefallen, mich an sie zu gewöhnen. Aber jetzt, wo sie weg sind, ist es irgendwie noch merkwürdiger. Ich ertappe mich immer wieder dabei, dass ich mich vor der Kamera in Szene setzen will, aber dann ist keine da.«

    »Finde ich gut. Ich konnte eine Pause gebrauchen.«
    »Ja, stimmt schon.«
    »Und, was würdest du tun, wenn du das Geld gewinnst? Oder stört es dich, wenn ich das frage? Ich will ja nicht neugierig sein oder so.«
    »Nein, kein Problem. Obwohl du es wahrscheinlich bescheuert finden wirst. Ich meine, es ist nichts Großartiges oder Edelmütiges. Ich werde nicht das ganze Geld für wohltätige Zwecke spenden oder meine kranke Mutter unterstützen oder so etwas.«
    »Schieß los.«
    »Okay. Also, ich arbeite in einer Videothek, okay? Nichts Aufregendes, und man kann damit auch keine Frauen beeindrucken, aber mir gefällt’s. Videotheken gehören allerdings der Vergangenheit an - sie sind eine aussterbende Art. Heutzutage müssen sie mit Filmbörsen im Internet konkurrieren, mit Onlinevideotheken wie Netflix und mit den großen Discountern, die DVDs so billig anbieten, dass es günstiger ist, sie zu kaufen statt

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