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Die Verschollenen

Die Verschollenen

Titel: Die Verschollenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Keene
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seine Haut. Jesse keuchte und zuckte schmerzerfüllt zusammen.
    »Ich meine es ernst«, sagte Matthew. »Keine Bewegung.«
    Mark drehte sich um. »Was ist denn los?«
    Er erstarrte und glotzte sie fassungslos an. Unter anderen Umständen hätte Jesse den Gesichtsausdruck seines Freundes vielleicht lustig gefunden. Mark ließ den Unterkiefer hängen und starrte wie eine Cartoonfigur mit offenem Mund. Was auch immer hier gerade passierte, es reichte aus, um den normalerweise unerschütterlichen Mark zu schockieren. Als er das sah, spürte Jesse den ersten Anflug
von Angst. Er ließ seine Ausrüstung fallen und hob die Hände.
    »Mach keinen Scheiß«, sagte er. »Du willst doch nicht -«
    Matthew stach erneut mit dem Speer zu. Die Schmerzen wurden schlimmer. Jesse stöhnte.
    »Halt’s Maul und rühr dich nicht. Mark, mach die verdammte Kamera an und fang an zu filmen.«
    Mark leckte sich über die Lippen und wollte etwas sagen, aber Matthew versetzte Jesse einen weiteren Stich. Dieses Mal war der Schmerz so stark, dass Jesse aufschrie.
    »Mach schon. Ich werde es nicht noch mal sagen.«
    Mit zitternden Fingern fummelte Mark an der Kamera herum.
    »Ganz ruhig«, stammelte er, »du bist der Boss. Wie sieht der Plan aus?«
    Matthew legte eine Hand auf Jesses Schulter und drückte ihn runter. »Knie dich hin.«
    Jesse gehorchte. Er suchte Marks Blick. Kleine Steine und Zweige bohrten sich in seine Knie, und Moskitos schwirrten um sein Gesicht, aber er ignorierte das alles. Er versuchte zu beten und musste erkennen, dass er vergessen hatte, wie man das machte.
    Bitte, dachte er. Bitte … bitte … bitte.
    Der Druck in seinem Rücken verschwand. Jesse atmete auf. Er spürte eine Bewegung hinter sich und sah, wie Mark zusammenzuckte. Einen Moment
später packte Matthew seine Haare und riss seinen Kopf zurück. Bevor Jesse Widerstand leisten konnte, war der Speer wieder da. Diesmal drückte er gegen seinen Hals. Jesse konnte nicht mehr atmen.
    »Und jetzt«, verkündete Matthew, »will ich, dass ihr zwei mir sehr genau zuhört. Ich habe seit dem Abend unserer Ankunft an diesem Stück Bambus gefeilt. Es ist sehr, sehr scharf. Ja, ein Messer oder eine Pistole wären mir lieber, aber da so etwas als Luxusgegenstand verboten war, muss es eben auf diese Art funktionieren - und das wird es, wenn ihr mich dazu zwingt. Glaubt mir.«
    »Was willst du?«, keuchte Jesse. »Geht es hier um den Sieg?«
    Matthew lachte. »Nein, hier geht es um etwas wesentlich Wichtigeres.«
    »Was?« Die Schmerzen an seiner Kehle wurden immer schlimmer.
    »Mark wird mich filmen, und du wirst die Rolle der braven kleinen Geisel spielen. Wenn einer von euch etwas Dummes tut - was auch immer -, werde ich dir dieses Ding in den Hals rammen und dich ausbluten lassen wie ein aufgespießtes Schwein. Das ist mir völlig egal. Als ich noch klein war, habe ich Schweine geschlachtet, und ich habe kein Problem damit, das jetzt wieder zu tun. Habt ihr verstanden?«
    »J-ja«, flüsterte Mark. Er hatte Tränen in den Augen.
    Jesse wollte antworten, spürte aber, dass sich die
Speerspitze beim Sprechen tiefer in sein Fleisch bohrte. Er versuchte, sich so wenig wie möglich zu bewegen.
    »Sag mir, wenn du bereit bist«, befahl Matthew.
    Mark nickte. »D-du kannst loslegen. Bleib einfach ganz locker, okay?«
    »Musst du mich nicht irgendwie einzählen oder so?«
    »K-kann ich, wenn du willst.«
    »Das fände ich gut. Macht alles schön professionell. Und Mark, du nimmst das besser wirklich auf. Versuch nicht, irgendeine krumme Tour abzuziehen. Es sei denn, du willst dabei helfen, den Dschungel rot zu färben.«
    Jesse schloss die Augen und versuchte, nicht zu zittern. Er hörte, wie Mark von drei runterzählte und bemerkte die Angst in der Stimme seines Freundes.
    »Zwei … eins …«
    »Hallo, Amerika.« Matthews Stimme war ruhig und entspannt. »Das hirntötende Scheißprogramm, das in eurer Fernsehzeitung angekündigt wurde, wird heute Abend von den Söhnen der Verfassung unterbrochen.«
    Jesse schauderte. Wie die meisten Amerikaner kannte er diesen Namen, und er erfüllte ihn mit Schrecken. Die Söhne der Verfassung waren eine militante Gruppierung, die es sich zum Ziel gesetzt hatte, eine zweite Revolution in Amerika auszulösen und das herrschende politische System durch eine Reihe
von Bombenattentaten, gezielten Morden und anderen Terroranschlägen zu stürzen. Sie waren in den neunziger Jahren sehr aktiv gewesen, seitdem aber vom öffentlichen Radar verschwunden

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