Die Verschollenen
zwischen uns und den Mädels stehen. Ich meine, vielleicht verzerren diese Höhlen ja auch die Geräusche oder so, aber wenn man nach diesem Lärm geht, gibt es hier viel mehr von denen, als wir gedacht hatten. Vielleicht sogar mehr, als wir stemmen können. Wir sind zwar verdammt harte Arschlöcher, aber da bin ich mir echt nicht sicher.«
Jerry seufzte schwer. »Hör mal, Troy. Ich bin erschöpft, friere und fühle mich, als hätte ich gerade zwölf Runden gegen Mike Tyson hinter mir. Und, was noch wichtiger ist, ich bin halb krank vor Sorge um Becka. Ich habe einen solchen Schiss, dass mir der Magen wehtut. Ich habe keinen Plan. Ich bin einfach nicht der Typ, der ständig irgendwelche Pläne parat hat.«
»Du hattest aber einen Plan, wie wir Stefan überlisten könnten.«
»Das ist was anderes. Das hier ist nicht mehr Reality-TV. Das ist das wirkliche Leben. Also, wenn du eine Idee hast, kannst du sie jederzeit ausspucken. Hast du irgendwelche Vorschläge?«
»Eigentlich schon, ja.«
»Tja, dann wäre es mir ein Vergnügen, sie mir anzuhören.«
Troy legte Jerry die Hände auf die Schultern und drehte ihn zu dem Seitentunnel um. Dann schubste er ihn in die Dunkelheit hinein.
»Hey!«
»Hör zu«, flüsterte Troy. »Versteck dich in dieser Spalte. Quetsch dich so tief rein wie du kannst - aber pass auf, dass du nicht stecken bleibst.«
»Wozu?«
»Verdammt, vertrau mir einfach, okay? Ich habe einen Plan.«
»Okay.« Jerry hegte zwar leise Zweifel, aber er war zu müde, um sich zu streiten oder die Idee des Mechanikers zu hinterfragen. »Pass auf deine Augen auf. Ich mache jetzt das Licht wieder an.«
Mithilfe der Taschenlampe suchte er sich einen Weg durch den Nebentunnel und kroch über das lose Geröll, bis er das Ende erreichte. Dort fand er tatsächlich eine Felsspalte, die kaum breit genug war, um einen Arm hindurchzuschieben. Es war völlig unmöglich, da durchzukriechen. Er schaltete die Taschenlampe aus und ging in Position.
»Alles klar?«, rief Troy. »Guten Platz gefunden?«
»Ich bin bereit. Wir haben schon genug Zeit verschwendet. Was auch immer du vorhast, leg endlich los.«
»Okay.«
Troy schwieg einen Moment lang, so dass sich Jerry schon fragte, ob er einfach abgehauen war. Vielleicht hatte er nur auf eine passende Gelegenheit
gewartet, um Jerry loszuwerden. Immerhin gab es keinen Grund für Troy, ihm, Becka oder den anderen gegenüber sonderlich loyal zu sein. Sie waren keine alten Freunde. Sie waren Konkurrenten in einer Fernsehshow. Sie kannten sich kaum. Jerry schüttelte den Kopf. Was wusste er schon über Troy? Dass sein Bruder an einem Banküberfall beteiligt gewesen war. Und dass er mehr fluchte als jeder andere Mensch, dem Jerry je begegnet war. Das war alles. Wie konnte er ihm ernsthaft vertrauen? Jerry war kurz davor, die Taschenlampe wieder einzuschalten und nachzusehen, ob er noch da war, als Troy plötzlich aus vollem Hals losbrüllte:
»Hey, ihr beschissenen, haarigen Schwanzlutscher! Kommt raus und spielt mit uns!«
Jerry wäre vor Schreck fast aus seiner Nische gefallen. Keuchend klammerte er sich an der Felswand fest und rief:
»Was zur Hölle machst du da? Die sind gleich alle hinter uns her!«
»Ich weiß. Eben das ist mein verdammter Plan.«
Obwohl er ihn nicht sehen konnte, erkannte Jerry am Ton seiner Stimme, dass Troy grinste.
»Das ist dein Plan? Das ist dein verdammter Plan? Bist du irre?«
»Hast du nie Die Warriors gesehen? ›Warriors, kommt raus und spiiiiieeelt‹?«
»Wovon zur Hölle redest du?«
Ohne ihn weiter zu beachten, brüllte Troy erneut
los. Seine Schreie hallten durch den Tunnel und wurden von den Wänden als Echo zurückgeworfen.
»Kommt schon, ihr verfickten, zurückgebliebenen Affen! Was seid ihr? Muschis? Kommt und holt euch eure Portion Schläge, ihr behinderten Scheißhaufen! Ich zeige euch, wie wir das in Seattle regeln!«
Er klopfte mit seinem Speer auf den Boden und schlug sein Steinmesser gegen die Wand, um noch mehr Krach zu erzeugen.
»Oh, verdammt.« Jerry kroch aus seinem Versteck, wobei er sich mit seinem Speer abstützte und so einige Steine aus dem Geröllhaufen löste. Kleine und größere Steine rollten klappernd über den Haufen nach unten.
»Bleib verdammt noch mal, wo du bist«, warnte ihn Troy. »Bleib einfach da hocken, verdammte Scheiße. Ich werde diese kleinen Arschlöcher nach draußen und von hier weglocken. Wenn wir draußen sind, schleichst du dich rein, suchst die Mädels und bringst sie hier
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