Die Verschollenen
Hobby.«
»Tja, aber du verstehst verdammt noch mal mehr davon als ich.«
»Ich weiß nur, dass sie Becka haben, und wenn ich daran denke, wird mir extrem schlecht.«
»Wir werden sie finden, Mann.«
Jerry antwortete nicht. Er hatte Angst, dass ihm bei einem Versuch die Stimme versagen könnte.
Auf Zehenspitzen schlichen sie weiter, immer tiefer in die Erde hinein. Im Tunnel hing ein leichter Geruch nach Holzfeuer, aber er war nicht so stark, wie die beiden erwartet hatten. Der unebene Boden stieg an und senkte sich wieder ab, so dass sie sich mit ausgestreckten Armen ihren Weg ertasten mussten. Manchmal erhob sich die Tunneldecke weit über ihren Köpfen. An anderen Stellen mussten sie sich tief ducken, um vorwärtszukommen. Sie stießen auf keinerlei Seitentunnel, bis sie plötzlich eine scharfe Biegung erreichten. Hier verlor Jerrys Hand den Kontakt zur Wand und hing plötzlich in der Luft. Er beugte sich vor und tastete herum, aber die Seitenwände des Tunnels waren verschwunden.
»Ich mache für einen Moment die Taschenlampe an«, flüsterte er. »Pass auf, wo du hinschaust. Ich will dir nicht die Nachtsicht verderben.«
»Welche Nachtsicht? Ich kann absolut gar nichts sehen.«
»Schau trotzdem weg.«
Jerry schaltete die Taschenlampe ein, wobei er sorgfältig darauf achtete, den Strahl auf den Boden zu richten. Dann ließ er ihn über die Wände gleiten. Dabei entdeckte er einige dunkle Linien, die nicht natürlichen Ursprungs zu sein schienen, und verharrte kurz darauf. Als er näher heranging und das Licht ganz auf sie ausrichtete, entpuppten sie sich
schließlich als primitive Höhlenmalereien. Die Linien bildeten ein simples Labyrinth. In der Mitte des Labyrinths saß eine dunkle, mit Schnörkeln versehene Gestalt mit ovalen Augen, die den Betrachter anstarrte. Die Zeichnung weckte ein ungutes Gefühl in ihm, ohne dass er hätte benennen können, warum.
»Was zum Teufel ist das?«
»Ich weiß nicht«, flüsterte Jerry. »Ich meine, es sind ganz eindeutig Höhlenmalereien, aber ich habe keine Ahnung, was sie darstellen sollen.«
Es gab noch mehr Bilder. Eines zeigte eine Gruppe Kryptiden, die gegen einen anderen Stamm kämpfte, der aussah wie Neandertaler. Auf anderen waren Kreaturen zu sehen, die Schweineköpfe und menschliche Körper hatten. Sie schienen aus einem unterirdischen Tunnel zu kommen, der ganz ähnlich aussah wie der, in dem Jerry und Troy gerade standen.
Jerry untersuchte die Wände genauer. An dieser Stelle machte der Tunnel eindeutig einen Knick. Ein zweiter schmalerer Pfad führte von ihnen weg und anscheinend zurück an die Oberfläche. Troy trat auf die Kreuzung, sah sich um und zog sich dann wieder von der freien Fläche zurück.
»Das ist eine verdammte Sackgasse«, berichtete er, nahm sein Cap ab und strich sich die Haare glatt. »Führt ungefähr vier Meter nach oben und endet dann in einem winzigen, engen Spalt. Nicht groß
genug, dass sich die verdammten Biester durchquetschen könnten. Das war vielleicht irgendwann mal ein Ausgang, aber jetzt nicht mehr. Sieht aus, als wäre er eingestürzt. Da liegen Felsbrocken und anderer Mist rum und blockieren den Pfad.«
»Wenn wir da nicht langgehen können, konnte Becka es also auch nicht.«
»Sieht ganz so aus.« Troy setzte die Kappe wieder auf.
Jerry schaltete die Taschenlampe aus, und sie blieben schweigend stehen, bis sich ihre Augen wieder an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Die gedämpften Geräusche drangen immer noch bis zu ihnen vor, doch sie schienen direkt aus den Felsen zu kommen. Es war schwer zu sagen, wie weit sie noch davon entfernt waren. Die Kreaturen konnten direkt hinter der nächsten Ecke hocken oder noch Kilometer weit weg sein. Als er ein raues, schweres Keuchen hörte, begann Jerrys Herz zu rasen. Er spannte sich an und bereitete sich bereits darauf vor, wegzulaufen, als ihm klarwurde, dass er selbst es von sich gegeben hatte. Einen Moment lang fühlte er sich völlig erschöpft und befürchtete, in Ohnmacht zu fallen. Die Taschenlampe schien hundert Kilo schwer, und er musste darum kämpfen, auf den Beinen zu bleiben.
»Alles klar mit dir?«
»Ja«, flüsterte Jerry. »Hatte nur so einen Moment. Muss mal tief durchatmen.«
»Wie sieht unser Plan aus?«, erkundigte sich Troy.
»Ich weiß nicht, einfach weitergehen und versuchen, die Mädels zu finden.«
»Ich habe mir dazu ein paar Gedanken gemacht«, meinte Troy. »Für mich klingt das so, als wären da verdammt viele von diesen Dingern, die
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