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Die verschollenen Tagebücher des Adrian Mole

Titel: Die verschollenen Tagebücher des Adrian Mole Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Townsend
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auch zu meiner Mutter. Sie entgegnete: »Willst du damit allen Ernstes andeuten, dass man den Leuten verbieten sollte, von einer Gegend in die andere zu fahren? Plädierst du hier für eine Art Postleitzahlen-Apartheid?«
    Ich wusste nicht, was ich darauf erwidern sollte. Die Wahrheit war, dass ich – wieder einmal – in völlig unangemessener Weise auf einen geringfügigen Rückschlag reagiert hatte. Schon mehrere Leute haben mir gegenüber erwähnt, dass ich einen Therapeuten aufsuchen sollte. Allerdings beträgt die Wartezeit für einen Therapeuten des staatlichen Gesundheitswesens zwei Jahre, und es würde mir das Herz brechen, 25 £ pro Sitzung hinzublättern, nur um herauszufinden, dass mit meiner Persönlichkeit und meiner Gefühlswelt alles in bester Ordnung ist.

Mittwoch, 15. November
    Komme gerade aus der Praxis eines Jungianers namens Dave Mutter. Ich saß auf seinem pinkfarbenen Velourssofa und heulte 55 Minuten lang über den Yorkshire Pudding meiner Oma.

Donnerstag, 16. November
    Habe Dave telefonisch dringend um einen Termin gebeten. Ich kann heute Nachmittag vorbeikommen.
17:30 Uhr
    Ich habe Dave von meinem wiederkehrenden Traum erzählt – dass Gordon Brown mich nachts besuchen kommt und mich anfleht, ihm mit der Wirtschaft zu helfen. Dave ist mein einziger Freund.
    Gott, liebes Tagebuch, es könnte sein, dass ich ein bisschen in ihn verliebt bin!

Samstag, 18. November
    Arthur Askey Way
     
    Liebes Tagebuch, ich muss dir ein schreckliches Geheimnis anvertrauen: Ich bin wahnsinnig in meinen Therapeuten Dave Mutter verliebt. Nicht sexuell. Absolut nicht sexuell. In keinster Weise sexuell. Dave ist kein sonderlich attraktiver Mann: Stell dir Yul Brynner mit Schilddrüsenüberfunktion, grauem Pferdeschwanz und hoher Stimme vor. Du wirst mir wohl zustimmen, dass er nicht gerade homoerotische
Fantasien hervorruft. Meine Liebe zu Dave ist rein und streng platonisch. Bei Tag erfüllt er meine Gedanken. Ich lebe nur für meinen nächsten Termin bei ihm. Ich sehne mich danach, es jemandem zu erzählen. Ich muss seinen Namen laut aussprechen – aber wem kann ich mein Geheimnis anvertrauen? Vielleicht sollte ich zu einem anderen Therapeuten gehen und es ihm/ihr beichten.

Montag, 20. November
    Eddie’s Tea Bar, Zementwerk, Leicestershire
     
    Folgendes Gedicht dachte ich mir heute nach Feierabend beim Putzen der Fritteuse aus. Das ist eine schlimme, schlimme Arbeit, aber Eddie hat mich mit 25 £ bestochen, womit ich mir eine extra Sitzung bei Dave leisten kann.
    GEDICHT FÜR DAVE
    Dave Mutter, Dave Mutter,
bei ihm fühl ich mich geborgen.
Meine Leidenschaft für ihn aber
bereitet mir Sorgen.
55 Minuten lang
etwa alle drei Tage
sitze ich auf seinem Sofa
in Seelenqual und klage
von Kummer und Sehnsucht
und der Entfremdungssituation
von Familie, von Freunden
und dem Rest der Nation.

Dienstag, 21. November
    Brick Eagleburger hat mein episches Gedicht Die rastlose Kaulquappe an einen gewissen Geoffrey Perkins im BBC TV Centre gesandt. Ich fragte Brick, für welchen Bereich Mr Perkins zuständig sei. Brick erwiderte: »Der Typ ist der Chef der gesamten bescheuerten Unterhaltungssparte.« Wütend wies ich darauf hin, dass Die rastlose Kaulquappe ein ganz und gar ernsthaftes dramatisches Werk in der Tradition der altnordischen Saga sei.
    Brick sagte: »Jetzt hören Sie mal gut zu, Adrian, ich habe das bescheuerte Manuskript von Ihrer Kaulquappe überflogen, und ich muss Ihnen sagen, ich hab mir fast in die Hose gepisst vor Lachen, so komisch ist das.« Dann ergänzte er noch: »Meine Lieblingsszene ist die, wo die Kaulquappe im Gartenteich von Marilyn Monroe liegt und hört, wie Arthur Miller irgendwelchen Müll über Tolstoi verzapft.«
    Ich wusste schon immer, dass Brick Eagleburger ein Banause ist; jetzt aber stellt er mich und meine Arbeit noch dazu in einem völlig falschen Licht dar.

Mittwoch, 22. November
    Bei meiner heutigen Sitzung fragte ich meinen geliebten Dave, ob es normal sei, vor dem Überqueren der Straße das Vaterunser aufzusagen. Er zog ganz leicht die Augenbraue hoch und nestelte an seinem Pferdeschwanz, bevor er hintergründig antwortete: »Was heißt schon normal?«
    Was hat das zu bedeuten? Dave ist mir offensichtlich intellektuell überlegen. Ich bin nicht würdig, sein Patient zu sein.

Donnerstag, 23. November
    Ich habe mir einen zusätzlichen Therapeuten gesucht. So kann ich zweimal pro Woche 55 Minuten lang ununterbrochen über Dave sprechen. Meine neue Vertraute heißt

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