Die Verschollenen
zögerte eine Sekunde, und dann wandten sich die beiden ab und gingen davon. Sie war nicht einmal auf zehn Meter herangekommen.«
»Das muss enttäuschend gewesen sein«, murmelte Rosemari.
»Das sollte man annehmen, nicht wahr?«, meinte Jinzler verbittert. »Aber nicht für meine Eltern. Noch als sie in der Menge der anderen Jedi verschwand, konnte ich spüren, wie sie praktisch vor Liebe, Respekt und Anbetung überflossen. Selbstverständlich galt nichts davon mir.«
»Aber sie hatten Sie sicher auch gern, oder?«, fragte Evlyn leise und ernst. »Ich meine … sie müssen Sie doch auch gern gehabt haben.«
Selbst nach all diesen Jahren schnürte sich Jinzlers Kehle bei diesen Erinnerungen zusammen. »Ich weiß es nicht«, sagte er leise. »Ich glaube, sie haben es versucht. Aber während ich aufwuchs, war ständig klar, dass Lorana den wahren Mittelpunkt ihres Universums darstellte. Sie war nicht einmal anwesend, aber immer noch ihr Mittelpunkt. Sie redeten ununterbrochen über sie, führten sie als ein Beispiel an, was man aus seinem Leben machten konnte, bauten in der Ecke des Wohnzimmers so etwas wie einen Schrein für sie. Ich kann nicht einmal zählen, wie oft ich mit den Worten ›So etwas würde deine Schwester Lorana nie tun‹ getadelt wurde.«
»Sie haben einen Maßstab gesetzt, der für andere unerreichbar war«, sagte Rosemari.
»Keine Chance«, stimmte Jinzler müde zu. »Ich habe es wirklich versucht. Ich habe eine Ausbildung in der Branche meines Vaters gewählt – Elektronik – und mich angestrengt, bis ich weiter kam als er. Weiter, als er es je hätte hoffen können. Droidenreparatur und Musterentwürfe, Wartung der Elektronik von Sternenschiffen, Entwicklung und Reparatur von Kommunikationsausrüstung …«
»Und Politik?«, murmelte Evlyn.
Jinzler sah sie verdutzt an. Sie bedachte ihn mit einem verstörend wissenden Blick.
Abrupt verstand er. Botschafter Jinzler. In der Flut von Schmerz, Erinnerungen und alter Bitterkeit hatte er vollkommen die Rolle vergessen, die er hier spielte. »Ich versuchte mit aller Kraft, zu jemandem zu werden, den sie so sehr lieben konnten wie Lorana«, sagte er und riss sich von seinen Erinnerungen los. »Und natürlich behaupteten sie, sie wären stolz auf mich und auf das, was ich geleistet hatte. Aber ich sah in ihren Augen, dass es immer noch nicht genügte.«
»Haben Sie sie jemals wiedergesehen?«, fragte Rosemari. »Lorana, meine ich.«
»Ich sah sie noch ein paar Mal am Tempel«, berichtete Jinzler. »Selbstverständlich immer nur aus der Ferne. Dann begegneten wir einander, kurz bevor das Extragalaktische Flugprojekt die Republik verließ.« Er wandte den Blick ab. »Darüber möchte ich nicht sprechen.«
Einen Augenblick schwiegen alle. Jinzler starrte das leere Klassenzimmer an, sah die Erinnerungen, die immer noch an seinen Augen vorbeizogen, und fragte sich, wieso er seine Seele ausgerechnet vor drei vollkommen Fremden so bloßgelegt hatte. Er wurde offenbar alt.
Es war Pressor, der schließlich das Schweigen brach. »Wir sollten zu den anderen zurückkehren.« Seine Stimme klang seltsam. »Uliar misstraut uns ohnehin schon. Wir wollen nicht, dass er uns verdächtigt, eine Verschwörung gegen ihn zu planen.«
Jinzler holte tief Luft und zwang die Geister der Vergangenheit in den Hintergrund. »Ja«, sagte er. »Selbstverständlich.« Sie kehrten durch die Klassenzimmer zurück, durch die sie gekommen waren. Rosemari ging voran, Evlyn an ihrer Seite. Nicht ganz so nahe an ihrer Seite wie zuvor, bemerkte Pressor, als er hinter Jinzler herging, wie ein guter Friedenshüter das tun sollte. Offenbar war seine Schwester wegen des Besuchers nicht mehr so nervös wie vor ein paar Minuten.
Was ihn selbst anging, so wusste der Hüter nicht mehr, was er denken sollte. Er war vollkommen darauf vorbereitet gewesen, Jinzler und die anderen zu hassen oder zumindest ihnen, ihren Worten und Motiven zutiefst zu misstrauen.
Aber jetzt war all diese schöne, praktische Vorsicht in sich zusammengestürzt. Sicher, Jinzlers Geschichte hätte eine Lüge sein können, Theater, sorgfältig darauf berechnet, Misstrauen einzuschläfern und Mitgefühl zu erwecken. Aber das glaubte Pressor nicht wirklich. Er hatte Menschen immer gut deuten können, und etwas an Jinzlers Enthüllungen war ihm echt vorgekommen.
Das bedeutete allerdings nicht viel, was den Rest der Gruppe anging. Er hatte die subtile Andeutung in Evlyns Frage über Politik bemerkt: Jinzler war
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