Die Verschwender vom Mars
Erde nicht viel anders aus als zu seiner Geburt. Vor seinen Augen hat sich nichts ereignet. Ein Tag war wie jeder andere, und das Leben war eine Art Zeitvertreib, bis es Zeit war zu sterben.
Auf dem Mars ist es anders. Jeden Tag gibt es hier etwas Neues. Die Stadt ist größer, die Belüftungsanlage wird ein bißchen raffinierter, die Wasserleitungen von den Polen werden weiter verbessert. Im Augenblick haben wir vor, eine eigene Filmstelle für Nachrichten aufzubauen. Wir wollen sie Marspresse nennen. Wenn Sie es nicht erlebt haben, wie um Sie herum alles wächst, dann werden Sie nie verstehen, wie herrlich man sich dabei fühlt.
Nein, Herr Abgeordneter, der Mars ist hart und schwierig, und die Erde ist um einiges gemütlicher, aber mir scheint, wenn Sie unsere Jungs auf die Erde schaffen, werden die unglücklich sein. Die meisten würden wahrscheinlich gar nicht darauf kommen, wieso, aber sie würden sich verloren vorkommen, verloren und unnütz. Mir scheint, eine Menge von ihnen würde sich nicht eingewöhnen können.«
Digby wandte sich vom Fenster ab, und die glatte, rosige Haut seiner Stirn war in Falten gelegt. »Herr Kommissar, wenn das so ist, dann bedauere ich Sie. Sie alle.«
»Wieso?«
»Weil ich nicht glaube, daß Ihre Leute auf dem Mars irgend etwas machen können. Und die Leute auf Mond und Venus auch nicht. Jetzt wird noch nichts passieren, in den nächsten beiden Jahren vielleicht auch noch nichts, es kann sogar fünf Jahre ruhig bleiben. Aber sie alle werden ziemlich bald zur Erde zurück müssen, es sei denn ...«
Sankovs weiße Augenbrauen zogen sich finster zusammen. »Nun?«
»Es sei denn, Sie können eine andere Wasserquelle als die Erde auf tun.«
Sankov schüttelte den Kopf. »Wird nicht so leicht sein.«
»Ganz und gar nicht.«
»Und abgesehen davon kommt es Ihnen so vor, als gäbe es gar keine Hoffnung?«
»Gar keine.«
Digby sprach es aus und ging, und Sankov starrte eine Zeitlang ins Leere, bevor er eine Ziffernfolge der örtlichen Televerbindung drückte.
Nach einiger Zeit blickte ihn Ted Long an.
Sankov sagte: »Du hast recht gehabt, mein Junge. Die können nichts machen. Selbst die Wohlmeinenden sehen keinen Ausweg. Wie hast du das nur gewußt?«
»Kommissar«, sagte Long, »wenn du alles über das Zeitalter der Schwierigkeiten und vor allem über das zwanzigste Jahrhundert gelesen hättest, dann würde dich in der Politik nichts mehr überrascht haben.«
»Schön, kann sein. Auf jeden Fall, mein Junge, bedauert uns der Abgeordnete Digby. Er bedauert uns sogar sehr, kann man sagen, aber das ist auch alles. Er sagt, wir werden den Mars verlassen müssen – oder uns woanders Wasser beschaffen.«
»Du weißt doch, daß wir das können?«
»Ich weiß, daß wir es vielleicht können. Ein schreckliches Risiko.«
»Wenn ich genug Freiwillige finde, ist das Risiko unsere Angelegenheit.«
»Wie läuft die Sache?«
»Nicht übel. Ein paar von den Jungs sind jetzt auf meiner Seite. Ich habe zum Beispiel Mario Rioz überredet, und du weißt, er ist einer der Besten.«
»Das ist's ja genau – diese Freiwilligen werden die besten Männer sein, die wir haben. Ich gebe nur sehr ungern meine Zustimmung.«
»Wenn wir zurückkommen, wird es sich gelohnt haben.«
»Wenn! Ein großes Wort, mein Junge.«
»Und eine große Sache, an der wir uns versuchen wollen.«
»Schön, ich habe mein Wort gegeben, wenn es auf der Erde keine Hilfe gibt, werde ich dafür sorgen, daß ihr von der Wassergrube auf Phobos die Menge bekommt, die ihr braucht. Alles Gute.«
6.
Beinahe eine Million Kilometer über dem Saturn wiegte sich Mario Rioz im Nichts, und der Schlaf war köstlich. Langsam wurde er munter, zählte eine Zeitlang die Sterne und zog imaginäre Linien von einem zum anderen. Er steckte in seinem Anzug und war allein.
Als am Anfang die Wochen vorbeiflogen, war es wieder genau wie auf einer Müllfahrt, abgesehen von dem quälenden Gefühl, daß jede Minute bedeutete, noch ein paar tausend Kilometer weiter von der ganzen Menschheit weg zu sein. Das verschlimmerte die Sache.
Sie hatten einen hohen Bogen aus der Ekliptik heraus gemacht, als sie sich durch den Raum der Asteroiden bewegten. Dabei hatten sie Wasser verbraucht, und wahrscheinlich war es nicht nötig gewesen. Obwohl Zehntausende von Planetenwinzlingen in zweidimensionaler Projektion auf eine photographische Platte wie ein Schwarm von Ungeziefer aussehen, sind sie doch so dünn in den Billiarden von Kubikkilometern
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