Die Verschwörer von Kalare
Veradis.
»Darf ich dich um einen Gefallen bitten?«, fragte Isana.
Die junge Frau nickte.
»Ich würde mir gern eine Heilwanne ins Zimmer bringen lassen.«
Veradis zog eine Augenbraue hoch. »Wehrhöferin, ich habe gehört, du seist eine beeindruckende Heilerin, aber in deinem Zustand würde ich dir von einem solchen Elementarwirken abraten.«
»Ich denke, das kann ich besser beurteilen als du«, erwiderte Isana leise.
»Meine Erfahrung sagt mir, du kannst es nicht«, entgegnete Veradis sachlich. »Er ist dir wichtig. Du denkst nicht klar.«
»Das ist ebenfalls etwas, das ich besser selbst beurteilen kann.« Sie wich Veradis’ Blick nicht aus. »Würdest du mir den Gefallen tun?«
Veradis musterte sie einen Moment lang, ehe sie antwortete. »Ja.«
»Danke.«
»Morgen früh«, fügte Veradis hinzu, »nachdem du ausgeschlafen hast. Dann werde ich kommen und dir die Methode beibringen. Einige Stunden Verzögerung beeinträchtigen seine Chancen nicht.«
Isana presste die Lippen niedergeschlagen zusammen, nickte jedoch. »Danke.«
Veradis wandte sich zum Gehen. An der Tür hielt sie inne. »Ich lasse ein Bett bringen und stelle dir einen Diener vor die Tür.« Fast schon draußen im Gang fragte sie noch: »Ist er dein Beschützer?«
»Ja«, flüsterte Isana.
»Dann möchte ich dich bitten, gut nachzudenken, ehe du beginnst. Wenn du bei dem Versuch, ihn zu heilen, stirbst, war sein Tod umsonst. Er hätte sinnlos sein Leben für seine Herrin geopfert.«
»Ich bin nicht seine Herrin«, gab Isana zurück.
»Und trotzdem willst du dein Leben für ihn einsetzen?«
»Ich werde nicht untätig danebenstehen und zuschauen, wie er stirbt.«
Veradis lächelte eine Sekunde lang, und in diesem Augenblick wirkte sie jung und voller Leben. »Ich verstehe, Wehrhöferin. Viel Glück.«
21
Max starrte Tavi fassungslos an und fragte: »Bist du wahnsinnig geworden?«
»So schwierig ist das doch nicht«, meinte Tavi. »Nimm diesen Hammer, und brich mir das krähenbeschissene Bein.«
Im schwachen Licht des Morgengrauens war es kaum richtig zu erkennen, aber Tavi glaubte, sein Freund sei grün im Gesicht geworden. Um sie herum hörten sie den Lärm der Ersten Aleranischen, die sich auf den Abmarsch vorbereitete. Zenturionen brüllten Befehle. Fische riefen Entschuldigungen. Veteranen fluchten Beschwerden. Und vor den Befestigungen trafen auch die Marketender ihre Vorbereitungen zum Aufbruch.
»Tavi«, protestierte Max. »Es muss doch eine andere Möglichkeit geben!«
Tavi senkte die Stimme. »Dann sag schon. Ich kann die Elementare in der Straße nicht für mich oder mein Pferd benutzen, ich kann mich nicht in einen Wagen setzen, ohne verdächtig zu wirken, und ich kann schon überhaupt nicht die Marschgeschwindigkeit länger als zwei oder drei Stunden durchhalten. Bis
ein gebrochenes Bein so gut verheilt ist, dass ich wieder marschieren kann, dauert es Tage.«
Max seufzte. »Du bist wahnsinnig.«
»Wahnsinnig?«, fragte Tavi. »Hast du einen besseren Vorschlag, Max? Weil nämlich, dann wäre jetzt genau der richtige Augenblick, um ihn mir zu verraten.«
Max seufzte nur wütend und murmelte ein paar ausgesuchte Flüche vor sich hin. »Bestechung«, sagte er schließlich. »Du schmierst den richtigen Mann, dann kannst du so gut wie alles haben. So läuft das in der Legion.«
»Kannst du mir ein bisschen Geld leihen?«
Max verzog das Gesicht. »Im Moment nicht. Habe vor zwei Nächten alles beim Kartenspiel an Marcus verloren.«
»Na, ich bin begeistert.«
Max’ Miene wurde noch mürrischer. »Und dein Geld?«
»Ich bin jeden Abend zum Baden gewesen, schon vergessen? Das ist nicht gerade billig.«
»Oh.«
Tavi drückte Max den Griff des kleinen Schmiedehammers in die Hand. »Unterschenkel. Wir sagen den Heilern, ein Pferd wäre scheu geworden und ich wäre mit dem Bein unter ein Rad gekommen.«
»Tavi«, protestierte Max. »Du bist mein Freund . Ich schlage keine Freunde .«
»Ach. Und wie war das bei den Schwertübungen?«, schimpfte Tavi entrüstet. »Da hast du mir das Handgelenk gebrochen.«
»Das war etwas anderes«, sagte Max, als wäre das vollkommen offensichtlich. »Das war ja zu deinem eigenen Besten.«
Eine Kolonne berittener Soldaten trabte vorbei. Das Zaumzeug und die Sättel klingelten, und sie waren in fröhlicher Laune, wie man ihrem Gerede entnehmen konnte. Tavi fing Fetzen von derben Scherzen, freundschaftlichen Beleidigungen und unbeschwertem Gelächter auf.
»Die Kundschafter sind
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