Die Verschwörer von Kalare
einer der gefährlichsten Schwertkämpfer von Alera stieg aus. Aldrick ex Gladius überragte sogar Bernard um einen halben Kopf, und er bewegte sich mit gelassener Geschmeidigkeit. An seiner linken Seite hingen zwei Schwerter an seinem Gurt, ein Gladius wie in der Legion üblich, und dazu die lange Klinge eines Zweikämpfers. Seine wölfisch grauen Augen suchten den Blick der Fürstin, und dann nickte er knapp. »Hoheit.«
Hinter ihm spähte eine Frau in hellgrünem Kleid aus der Windkutsche. Die Blässe ihres ebenmäßigen Gesichts bildete einen gespenstischen Gegensatz zu ihren dunklen Augen und Haaren. Amara erkannte Odiana, die ebenfalls als Ritterin bei Aquitania in Söldnerdiensten stand. Sie neigte den Kopf eigenartig zur Seite, während sie die anderen musterte, und Amara beobachtete, wie sich die Farben ihres Seidenkleides flackernd veränderten und sich dunkelrote und zinnoberfarbene Tentakel über den Stoff an den Schultern schlängelten. Es sah ausgesprochen beunruhigend aus.
Aldrick starrte sie einen Moment lang an, beobachtete aber Amara und Bernard weiterhin aus den Augenwinkeln. »Das sind zu viele für die Sänfte, Herrin. So werden wir ihren Ritter Aeris nicht davonfliegen.«
Die Fürstin lächelte. »Sie ist nur für euch vier«, erklärte sie Aldrick. »Die Gräfin und ich reisen neben der Sänfte. Vorausgesetzt, du bist damit einverstanden, Gräfin?«
Amara nickte. »Das hatte ich sowieso geplant.«
Aldrick runzelte die Stirn und sagte langsam: »Das ist keine weise Entscheidung, Herrin.«
»Sicherlich wird meine Frisur im Wind fürchterlich leiden, ja, danke für dein Mitgefühl«, erwiderte sie. »Und ich bin natürlich für jeden Vorschlag dankbar, wie sich das verhindern ließe.«
»Lass einen von ihnen hier«, antwortete Aldrick.
»Nein«, sagte Amara in einem Ton, der das Wort wie einen Befehl klingen ließ.
Als die Fürstin Aquitania nicht widersprach, wurden die Falten auf Aldricks Stirn noch tiefer.
»Je früher wir aufbrechen«, sagte die Fürstin, »desto weiter haben wir die Stadt hinter uns gelassen, ehe es hell wird. Graf Calderon, verehrte Rook, bitte, nehmt doch Platz.«
Bernard blickte Amara an, die nickte. Rook hatte man ein einfaches braunes Kleid gegeben, und sie hatte ihr Gesicht geändert, wenn auch eher für sich selbst als für die Fürstin Aquitania.
Noch immer humpelte sie leicht und wirkte sehr erschöpft - und besonders fiel an ihr auf, dass sie keine Waffen trug. Wenigstens konnte sie allein in die Windkutsche steigen. Bernard und Aldrick sahen sich kurz an, ehe Aldrick leicht den Kopf neigte. »Exzellenz.«
Bernard schnaubte, warf Amara einen gequälten Blick zu und stieg ein. Aldrick folgte ihm, und die Ritter Aeris hakten die Tragestangen in ihre Harnische ein. Mit dem unvermeidbaren kleinen Wirbelwind erhob sich die Windkutsche vom Turm in die Luft und gewann langsam, aber stetig an Höhe.
»Gräfin«, sagte die Fürstin, während sie sich zum Flug bereitmachte. »Ich schätze, du hast schon einmal an Luftkämpfen teilgenommen.«
»Ja.«
»Ich nicht«, erwiderte sie. »Übernimm du bitte den Befehl. Ich schlage vor, dass ich versuche, uns zu tarnen.«
Amara musterte die Hohe Fürstin beeindruckt mit hochgezogener Augenbraue. Invidia mochte überheblich, gnadenlos, ehrgeizig und eine gefährliche Feindin sein, doch eine Närrin war sie nicht. Ihr Vorschlag hatte sein Gutes. »Ein so starker Windstrom dürfte nicht leicht zu verbergen sein.«
»Eigentlich ist das unmöglich, falls irgendwelche Ritter Aeris vorbeikommen«, antwortete die Fürstin. »Immerhin, so hoffe ich, werden wir aus der Ferne nicht so leicht entdeckt.«
Amara nickte. »Gut. Postiere dich auf der linken Seite der Sänfte. Ich übernehme die rechte.«
Die Fürstin band ihr Haar zu einem Knoten zusammen. »Auf geht’s!«
Amara rief Cirrus, und die beiden Frauen traten von den Zinnen des Turmes in den dunklen Himmel. Zwei Windströme erhoben sich und trugen sie rasch in die Höhe. Ohne Schwierigkeiten holten sie die langsame Windkutsche ein, und Amara nahm ihren Platz auf der rechten Seite ein, zwischen der Sänfte und der Richtung, aus der Kalarus’ Truppen heranmarschierten.
Bis Sonnenaufgang hatten sie eine Höhe von fast viertausend Fuß erreicht, und die Landschaft unter ihnen wirkte nun wie ein breites Diorama, denn von hier oben erschien alles winzig. Wenn sie weiter aufstiegen, um die schnellen Winde auszunutzen, würde das Land am Ende aussehen wie ein
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