Die Verschwörer von Kalare
sagte sie. »Bestimmt könnte sich auch jemand mit deinen bescheidenen Metallkräften über die Unannehmlichkeiten des Marsches hinwegsetzen, oder?«
Tavi blickte zu Foss, doch der Heiler überwachte gerade, wie der verwundete Ritter auf den Wagen gehoben wurde, und gab sich alle Mühe, nicht in seine Richtung zu schauen. »Ich fürchte nein, Hoheit«, sagte er und überlegte krampfhaft. »Das Bein ist noch nicht ganz in Ordnung, und ich will nicht die ganze Legion aufhalten.«
Ohne Frage hatte er die Fürstin nicht überzeugt, als er das Feuer angezündet hatte. Ohne Frage wusste sie, wer er in Wirklichkeit war, oder sie vermutete es zumindest, und sie würde ihn früher oder später bloßstellen. Angesichts der Tatsache, dass er ihren Neffen Kalarus Brencis Minoris bei diesem Fiasko zu Winterend verprügelt hatte, überraschte ihn ihre Feindseligkeit nicht. Trotzdem konnte er ihr nicht einfach so erlauben, allen in Sichtweite zu verraten, wer er war.
Er musste also etwas unternehmen.
»Tut mir leid, Hoheit«, sagte Tavi. »Aber ich kann den Knochen noch nicht wieder belasten.«
»Ich sehe schon«, meinte die Fürstin, streckte die Hand aus, drückte ihm kräftig auf die Schulter und verlagerte auf diese Weise sein Gewicht auf das verletzte Bein.
Tavi spürte einen stechenden Schmerz, der von der rechten Hacke bis zum rechten Schlüsselbein ging. Das Bein knickte durch, und er kippte nach vorn, stieß gegen die Fürstin und hätte sie beinahe zu Boden gerissen.
Die Hohe Fürstin ließ Tavi fallen und gewann ihr Gleichgewicht zurück. Dann schüttelte sie den Kopf. »In Antillus habe
ich kleine Mädchen gesehen, die mehr aushalten als du.« Ihr Blick wanderte zu Foss. »Ich werde meine Zeit nicht mit einem Drückeberger verschwenden. Heiler, du wirst dich um das Bein kümmern. Sobald du ihn für einigermaßen gesund hältst, wirst du ihn wieder zum Marschieren schicken. Inzwischen kann er die Verletzten versorgen.«
Foss salutierte. »Ja, Tribuna.«
Die Fürstin schenkte Tavi einen bösen Blick, ehe sie ihr schwarzes Haar über die Schulter warf, auf ihr Pferd stieg und es anspornte, um zur Spitze der Kolonne zu reiten.
Nachdem sie verschwunden war, lachte Foss. »Du hast ja eine Begabung dafür, dich in Schwierigkeiten zu bringen, Subtribun.«
»Manchmal«, stimmte Tavi zu. »Foss, sag mal … angenommen, ich treibe Geld auf. Wie viel bräuchte ich, damit ich auf dem Wagen mitfahren darf?«
Foss dachte nach. »Mindestens zwei Goldadler.«
Tavi schob sein kleines Messer zurück in die Scheide in seiner Tasche und löste in aller Ruhe die ordentlichen Knoten des Geldbeutels von Fürstin Antillus. Dessen Inhalt ließ er in seine Hand fallen. Drei Goldkronen, ein halbes Dutzend Goldadler und elf Silberbullen klimperten. Tavi nahm eine Goldkrone und warf sie Foss zu.
Der Heiler fing die Münze auf und starrte zunächst Tavi, dann den Beutel aus Seide an. Er machte große Augen.
»Das ist fünfmal so viel wie der Preis, den du genannt hast«, sagte Tavi. »Und ich helfe dir unterwegs bei den Verwundeten. In Ordnung?«
Foss rieb sich das kurzgeschorene Haar. Dann lachte er schroff und steckte die Münze ein. »Bursche, du hast mehr Mut als Verstand. Gefällt mir. Los, steig auf.«
22
Bis zum Anbruch der Dämmerung sollte es noch eine halbe Stunde dauern. Die Fürstin von Aquitania rief vier Windwölfe, Söldner-Ritter, die bereits lange in Diensten Aquitanias standen - und für den Tod etlicher Menschen verantwortlich waren. Angeblich verantwortlich waren, denn einen Beweis gab es nicht.
Amara, Bernard, Rook und die Fürstin stießen auf dem nördlichsten Turm von Cereus’ Zitadelle zu ihnen. Die Ritter Aeris und ihre Windkutsche schwebten aus der Stadt zu dem Turm herauf und hielten sich so gut wie möglich unterhalb der Dachkanten.
Sie waren für die Reise gekleidet. Amara trug ihr enges Flugleder und ihren Schwertgurt, Bernard die Kleidung eines Waldläufers in Braun-, Grün- und Grautönen, dazu seine Axt, seinen Bogen, einen Schlafsack und einen Kriegsköcher. Die Fürstin hatte Kleidung angelegt, die der von Amara ähnelte, allerdings war das Leder mit einer unglaublich feinen Schicht Stahl verklebt, was größeren Schutz für die Hohe Fürstin bedeutete. Sie trug zudem ein Schwert - was sich Amara bei Invidia Aquitania niemals hätte vorstellen können -, und zwar genauso beiläufig, wie Amara ihre eigene schlanke lange Klinge.
Nachdem die Windkutsche gelandet war, öffnete sich die Tür, und
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