Die Verschwörer von Kalare
weitere Störungen zu verhindern, vermutete Isana.
Miles hatte recht. Faede gehörte nicht zu der Sorte Mann, die einfach so aufgab. Er hatte die Schuld am Tode von Septimus zwanzig Jahre lang ertragen und niemals den Versuch unternommen, seinem Leben selbst ein Ende zu setzen. Nie hatte er sich der Verzweiflung ergeben.
Es musste noch etwas anderes dahinterstecken. Bloß was?
Verfluchte Krähen, dachte Isana. Wenn er nur mit ihr sprechen würde. Nur einen Moment lang. Niedergeschlagen knirschte sie mit den Zähnen.
Draußen krachte wieder Feuerdonner. Trompeten plärrten. Trommeln dröhnten. Und das alles mischte sich mit dem Gebrüll wütender Armeen. Am trüben Himmel grollte bedrohlich der Donner.
Isana trank ihre Brühe aus, verscheuchte alles, was sie hätte ablenken können, aus ihren Gedanken und machte sich wieder an die Arbeit.
28
Hauptmann Cyril starrte Ehren eine gute Weile lang an. Dann runzelte er nachdenklich die Stirn. Er betrachtete das allzu blanke Silber einer der persönlichen Münzen von Gaius, die Kursoren als Zeichen ihrer Amtsbefugnis erhielten. So verstrich eine ganze Minute, ehe er fragte: »Bist du sicher?«
»Ja, Hauptmann«, erwiderte Ehren grimmig und ruhig.
Sie standen im Kommandanturzelt des Hauptmanns, dessen Klappen geschlossen waren und das von zwei gelben Elementarlampen in weichen Lichtschein getaucht wurde. Als sie eintrafen, war Cyril bereits wach gewesen und hatte ohne eine Spur Schlaf in den Augen in voller Rüstung auf sie gewartet. Sein Bettzeug lag ordentlich zusammengerollt auf der Truhe in der Ecke. Cyril war ein Soldat, der durch gutes Beispiel führte.
Auf Ehrens Erwiderung hin folgte kurzes Schweigen, und Magnus nutzte die Zeit, um dem Hauptmann frischen Tee nachzuschenken. Max hielt Magnus seinen leeren Becher hin. Magnus zog eine Augenbraue hoch und reichte ihm die Kanne. Max lächelte und goss sich ein, dann füllte er Tavis Tasse.
»Marcus?«, fragte Max.
Valiar Marcus schüttelte den Kopf und lehnte höflich ab. Der hässliche alte Zenturio stand neben dem Hauptmann und kratzte sich den Kopf. »Hauptmann, ich frage mich, ob das nicht eine Falschmeldung ist. In so großer Zahl sind die Canim noch nie nach Alera gekommen.«
Ehren wirkte zerlumpt und müde, aber er fuhr bei den Worten des Ersten Speers auf. »Willst du mich der Lüge bezichtigen, Zenturio?«
»Nein«, antwortete der Erste Speer und blickte Ehren in die
Augen. »Ein Mann kann die Wahrheit sagen und sich trotzdem irren.«
Ehren ballte die Hände zu Fäusten, doch Cyril bremste ihn mit einem strengen Blick. »Der Erste Speer hat ganz recht, zur Vorsicht zu mahnen, Kursor«, sagte er.
»Wieso?«, wollte Ehren wissen.
»Wegen des Zeitpunkts«, sagte Cyril. »Die Legionen von Kalarus ziehen gegen die Truppen des Ersten Fürsten ins Feld.«
Ehren starrte ihn einen Moment lang an. »Wie?«
»Ceres wird belagert. Kalarus’ Truppen haben die Hohen Fürsten des Ostens abgeschnitten. Placida und Attica haben ihre Neutralität erklärt. Falls es Kalarus gelänge, uns eine Bedrohung durch die Canim vorzugaukeln und die aleranischen Legionen zum Handeln zu zwingen, würden Gaius’ Unterstützer geschwächt und den Vorteil ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit verlieren.«
Ehren schüttelte den Kopf. »Ich habe sie gesehen, Hauptmann, mit eigenen Augen. Hunderte von Schiffen, die von einem Sturm angetrieben wurden, der es uns fast unmöglich machte zu fliehen, um die Nachricht rechtzeitig zu überbringen. Das ist kein einfacher Raubzug.«
Der Erste Speer schnaubte. »Warum erreicht uns diese Nachricht dann nicht auf amtlichem Weg?«
»Weil ich im Hafen von Rotstein feststellen musste, dass mein Kontaktmann vorige Woche ermordet worden ist. Ich wagte es nicht, mich zu enttarnen, aus Angst, seine Mörder würden nach weiteren Kursoren Ausschau halten.«
»Eine durchaus glaubhafte Erklärung«, sagte Cyril. »Leider jedoch eine, die deine Geschichte nicht zwangsläufig bestätigt. Mein Befehl lautet, die Brücke zu halten, Kursor, und nicht, Maßnahmen gegen einen feindlichen Überfall zu treffen. Ich bin bereit, einen Trupp Kundschafter auszuschicken, der deine Nachricht überprüft …«
»Hauptmann«, sagte Ehren eindringlich, »dazu haben wir keine Zeit. Mein Schiff konnte zwar der Canim-Flotte entkommen,
doch nur knapp. Wenn sie ihre Geschwindigkeit halten konnten, werden sie in den nächsten Stunden Portus Fundatorum erreichen. Hier an der Küste gibt es nicht viele Häfen. Daher sind sie
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