Die Verschwörer von Kalare
»Sind wir nicht in Ceres?«
»Ja«, antwortete sie. »Du bist bewusstlos. Ich versuche, dich durch Heilwirken zu retten.«
Faede schüttelte den Kopf. »Ich verstehe nicht, was das alles bedeutet. Träume ich?«
Ein interessanter Gedanke. Isana überlegte kurz. »Vielleicht. Ich bin jedenfalls in einem Zustand, in dem ich fast schlafe. Seit Wochen hast du Fieber, und ich stand durch Bächlein in engem Kontakt zu dir, fast die ganze Zeit. Manchmal habe ich die Grenzen deiner Träume gespürt - aber du hattest Fieber. Vermutlich war es nur die Verwirrung.«
Faede lächelte. »Dies muss ein Traum sein.«
»In gewisser Weise, ja«, antwortete sie.
»Wochenlang?« Er runzelte die Stirn. »Isana, ist solches Wirken nicht sehr gefährlich?«
»Nicht so gefährlich, als einfach nichts zu tun, fürchte ich.«
Faede schüttelte den Kopf. »Ich meine für dich.«
»Ich habe mich vorbereitet«, erwiderte Isana.
»Nein«, gab Faede zurück. »Nein, Isana. Du darfst ein solches Risiko nicht für mich eingehen. Das muss jemand anders übernehmen.«
»Es gibt niemand anders«, sagte Isana ruhig.
»Dann musst du aufhören«, verlangte Faede. »Du darfst dich meinetwegen nicht in Gefahr bringen.«
In der Welt der Körper spürte Isana eine schwache Bewegung von Faede, die erste seit Tagen. Mühsam versuchte er, seine Hand aus ihrer zu ziehen.
»Nein«, sagte Isana entschlossen. Sie holte sich den nächsten Stein und setzte ihre unendliche Arbeit fort. »Hör auf, Faede. Du musst dich ausruhen.«
»Ich kann nicht«, entgegnete Faede. »Ich möchte nicht die Verantwortung dafür tragen, wenn dir etwas zustößt. Verfluchte Krähen, Isana.« In seiner Stimme schwang quälende Trauer mit. »Ich habe ihn bereits mehr als genug enttäuscht.«
»Nein, das hast du nicht.«
»Ich habe geschworen, ihn zu beschützen«, erwiderte Faede. »Und als er mich am dringendsten brauchte, habe ich ihn dem Tode überlassen.«
»Nein«, widersprach Isana leise. »Er hat dir befohlen, uns aus dem Tal zu bringen. In Sicherheit.«
»Ich hätte den Befehl nicht befolgen dürfen«, sagte Faede voller Selbsthass. »Meine Pflicht bestand darin, ihn zu beschützen. Vor Gefahren zu bewahren. Meinetwegen hatte er schon zwei seiner Singulares verloren. Ich bin es, der Miles zum Krüppel gemacht hat. Der Aldrick aus dem Dienst vertrieben hat.« Seine Hände ballten sich zu Fäusten. »Ich hätte ihn niemals allein lassen dürfen. Gleichgültig, was er verlangte.«
»Faede«, sagte Isana leise. »Was Septimus getötet hat, konnte niemand aufhalten. Er war der Sohn des Ersten Fürsten und genauso mächtig wie sein Vater. Vielleicht sogar noch mächtiger. Glaubst du tatsächlich, deine Anwesenheit hätte einen Unterschied ausgemacht?«
»Vielleicht«, sagte Faede. »Was Septimus getötet hat, hätte ich vielleicht aufhalten können. Oder zumindest verlangsamen, damit er Gelegenheit bekommt, es zu besiegen. Eine einzige Sekunde hätte vielleicht schon gereicht, um ihn zu retten, auch wenn es mich das Leben gekostet hätte.«
»Vielleicht aber auch nicht«, hielt Isana dagegen. »Du wärest sinnlos mit ihm gestorben. Du weißt, das hätte er nicht gewollt.«
Faede biss die Zähne zusammen, und die angespannten Kinnmuskeln verzerrten sein Gesicht. »Ach, ich wünschte, ich wäre mit ihnen gestorben.« Er schüttelte den Kopf. »Ein Teil von mir ist an diesem Tag gestorben. Araris Valerian. Araris der Tapfere. Ich bin vor dem Kampf davongelaufen. Ich habe nicht an der Seite des Mannes gestanden, den zu beschützen ich geschworen hatte.«
Isana hielt inne und berührte die Narbe auf seinem Gesicht. »Das war nur eine Tarnung, Araris. Eine Verkleidung. Eine Maske. Sie mussten denken, dass du gestorben bist, damit du Tavi beschützen konntest.«
»Es war eine Tarnung«, sagte Araris bitter. »Und gleichzeitig die Wahrheit.«
Isana seufzte. »Nein, Faede. Du bist der mutigste Mann, den ich je kennen gelernt habe.«
»Ich habe ihn verlassen«, sagte er. »Ich habe ihn verlassen.«
»Weil er wollte, dass du uns beschützt.«
»Und ich habe ihn trotzdem enttäuscht. Ich habe deine Schwester sterben lassen.«
Isana bohrte sich die Erinnerung an den Schmerz wie ein Pfeil in die Brust. »Du konntest es nicht verhindern. Es war nicht deine Schuld.«
»Doch. Ich hätte diesen Marat sehen müssen. Hätte ihn aufhalten müssen, ehe …« Faede hielt sich die Ohren zu und schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht mehr, ich halte es nicht mehr aus, ihn zu
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