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Die Verschwörer von Kalare

Die Verschwörer von Kalare

Titel: Die Verschwörer von Kalare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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Stücke brachen heraus. Die Fürstin fuhr herum, trat zwei Schritte zurück, heulte laut auf und stieß die offene Handfläche in Richtung des Abbildes. Feuer schoss durch die Dunkelheit, die stille Nacht wurde von Donner erschüttert, und die Steine grollten protestierend.
    Eine Wolke aus Rauch und Staub hüllte alles ein. Steine polterten übereinander. Als sich der Nebel lichtete, befand sich an der Stelle des Bildnisses ein fünf Fuß tiefes, glattes Loch.
    Tavi schluckte.
    Und neben ihm tat Kitai das Gleiche.
    Er zwang sich, ruhig zu atmen und sein Zittern zu unterdrücken. Kitai zitterte ebenfalls. Sie krochen so leise sie konnten rückwärts vom Lager der Hohen Fürstin fort.
    Es schien ewig zu dauern, durch das dornige Gestrüpp zu krabbeln, ohne dabei ein Geräusch zu verursachen, und Tavi wäre am liebsten sofort losgelaufen, nachdem er sich wieder erheben konnte. Das wäre jedoch ein Fehler gewesen, so nahe bei der Fürstin - und zwar vermutlich ein tödlicher. Also schlichen Kitai und er langsam noch eine halbe Meile weiter, ehe Tavi schließlich an einem Bach stehen blieb und schaudernd seufzte.
    Sie hockten sich hin, schöpften Wasser mit den Händen und tranken. Tavi fiel auf, dass Kitais Hände zitterten. Obwohl sie sich bemühte, die Beherrschung zu wahren, entdeckte er in ihren Augen eine Angst, die sie kaum im Zaum halten konnte.
    Nachdem sie getrunken hatten, saßen sie eine Weile in der Dunkelheit. Tavi nahm Kitais Hand und drückte sie. Sie erwiderte den Händedruck und lehnte sich mit der Schulter gegen seine. So starrten beide auf das Wasser, in dem sich gelegentlich ein roter Blitz spiegelte.

    Aus weiter Ferne hörte Tavi ein tiefes, fremdartig plärrendes Kriegshorn der Canim.
    Kitai packte seine Hand fester. »Sie kommen«, flüsterte sie. »Ja«, antwortete er. Er hob den Blick nach Westen, in die Richtung, aus der das Horn erschollen war.
    In ihm breitete sich ein entsetzliches Gefühl der Hilflosigkeit aus, und er kam sich im Angesicht der Ereignisse fürchterlich klein vor. Riesige Armeen hatten sich in Bewegung gesetzt, und er konnte nichts tun, um sie aufzuhalten, und beinahe nichts, um Einfluss auf den Lauf der Ereignisse zu nehmen. Er fühlte sich wie eine Legionare -Figur auf einem Ludus -Brett - klein, langsam und von wenig Wert und Nutzen. Andere Hände bewegten die Figuren, und ein Ludus-Legionare konnte nur wenig auf den Ausgang des Spiels einwirken.
    Es machte ihm Angst, es schmetterte ihn nieder, und er empfand es außerdem als Ungerechtigkeit. Er lehnte sich bei Kitai an und fand Trost in ihrer Gegenwart, in ihrem Duft und ihrer Berührung.
    »Sie kommen«, murmelte er. »Es wird nicht mehr lange dauern.«
    Kitai sah zu ihm auf und blickte ihm forschend ins Gesicht. »Wenn es stimmt, dass dieses Heer so groß ist, kann deine Legion es dann vernichten?«
    »Nein«, antwortete Tavi leise. Er machte kurz die Augen zu, hilflos wie eine Ludus -Figur, denn auch er würde vermutlich vernichtet werden, wenn das große Gemetzel begann und sie alle mit sich ins grausame Endspiel riss.
    Endspiel.
    Die wolfsartigen Kriegshörner der Canim erklangen abermals.
    Ludus.
    Plötzlich holte Tavi tief Luft, stand auf, und seine Gedanken begannen wild zu kreisen. Er starrte hinaus zu den lichterloh brennenden Schiffen in Portus Fundatorum, deren Schein von den niedrigen Wolken zurückgeworfen wurde.

    »Wir können sie zwar nicht vernichten«, sagte er. »Aber ich glaube, ich weiß, wie wir sie aufhalten können.«
    Sie legte den Kopf schief. »Und zwar?«
    Er kniff die Augen zusammen und flüsterte sehr, sehr leise: »Mit Disziplin.«

34
    Isana war zu erschöpft, um auch nur den Kopf zu heben. »Welchen Tag haben wir heute, Giraldi?«
    »Den neunundzwanzigsten der Belagerung. In einigen Stunden beginnt es zu dämmern.«
    Isana bemühte sich, ihrer Müdigkeit zum Trotz einen klaren Gedanken zu fassen. »Die Schlacht. Ob Fürstin Veradis heute Zeit hat?«
    Giraldi antwortete zunächst mit Schweigen. Schließlich zog er sich einen Hocker heran und ließ sich vor Isana nieder. Er beugte sich vor und hob ihr Kinn mit schwieligen, sanften Fingern, damit sie ihn anblicken musste.
    »Nein«, sagte er leise. »Sie wird keine Zeit haben.«
    Isana strengte sich an, um die Tragweite dieser Auskunft zu erfassen. Heute also nicht. Sie musste noch einen Tag durchhalten. Einen unendlichen, gnadenlosen Tag. Sie fuhr sich mit der Zunge über die trockenen, aufgesprungenen Lippen. »Bald wird Gaius

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