Die Verschwörer von Kalare
ein.«
Max seufzte, richtete sich auf und reichte Tavi die Hand. Tavi schüttelte sie. »Viel Glück«, sagte Max.
»Dir auch.«
Max nickte, stieg auf und erteilte den Befehl zum Aufbruch. Kurz darauf waren sie bereits außer Sicht, und wenig später hörte man auch keine Geräusche mehr von ihnen. Plötzlich stand Tavi allein im Dunkeln in diesem ihm unbekannten Teil des Landes, in dem es nur so wimmelte von Feinden, die ihn allzu gern auf brutalste und schmerzvollste Weise umbringen würden.
Er schüttelte den Kopf. Dann begann er, seine Rüstung abzulegen. Im nächsten Augenblick war Kitai bei ihm und half ihm mit den hellen, geschickten Fingern, die Schnallen und Riemen zu öffnen.
Er holte seinen dunkelbraunen Reisemantel aus der Satteltasche, zog ihn über und band die Pferde an, damit sie hier auf sie warteten, wenn er mit Kitai zurückkehrte.
Ohne ein Wort lief Kitai mit den federnden Schritten eines jungen Fuchses los, und Tavi folgte ihr. Sie rannten durch die Nacht. Oben zuckte gelegentlich ein blutroter Blitz über den Himmel, und Kitai führte ihn in die gewellten Hügel, die sich in dieser Gegend entlang des Tibers erstreckten.
Als sie etwa zwei Stunden später die Kuppe des vermutlich hundertsten Hügels erreichten, brannten Tavis Lungen und Beine, aber endlich wurde Kitai langsamer. Mehrere hundert Schritte schlich sie weiter voran, und Tavi folgte ihr. Schließlich erreichten sie die andere Seite des Hügels.
In der Ferne hing ein helles, goldenes Leuchten am Horizont. Einen Augenblick lang dachte Tavi, die Stadt Portus Fundatorum brenne, bis ihm auffiel, dass sich dieses Feuer hinter der Stadt befand, denn die Mauern zeichneten sich im Schein als klare Silhouetten ab.
Es dauerte noch einen Moment, bis er begriffen hatte, was sich dort eigentlich abspielte.
Nicht Portus Fundatorum brannte.
Sondern die Flotte der Canim.
Das Feuer wütete mit solcher Heftigkeit, dass er sogar schwach das gewaltige Tosen hören konnte. Inmitten von Rauch und Flammen sah er Masten und Deckaufbauten von Segelschiffen lodern.
»Sie verbrennen ihre eigenen Schiffe«, flüsterte Tavi. »Ja, Aleraner«, sagte Kitai. »Deine Leute hätten es einer Marat niemals geglaubt. Deshalb musstest du es mit eigenen Augen sehen.«
»Das ist kein Überfall und auch kein Raubzug.« Plötzlich fröstelte es Tavi. »Deshalb sind es diesmal so viele Canim. Deshalb sind sie bereit, so viele Soldaten zu opfern, um uns zu beschäftigen.«
Er schluckte.
»Die wollen hierbleiben.«
33
Tavi starrte zu den brennenden Schiffen hinüber, hinaus in die Ferne, und er dachte darüber nach, was es zu bedeuten hatte. Was immer die Canim in der Vergangenheit getan hatten, die Lage hatte sich gerade verändert, und zwar dramatisch.
In der ganzen Geschichte von Alera hatten die Konflikte mit den Canim sich stets um die Herrschaft über verschiedene Inseln zwischen den Reichen gedreht - meist bestanden sie aus Gefechten um Festungen am Meer, und für gewöhnlich fanden dann auch ein oder zwei Seeschlachten statt. Alle paar Jahre fielen die Plündererschiffe der Canim vom Meer aus über die Küsten Aleras her, raubten Städte aus und brannten sie nieder, nachdem sie alles Wertvolle fortgeschafft hatten. Gelegentlich verschleppten sie auch die Bewohner, und niemand wusste sicher, welches Schicksal ihnen blühte. Ob sie nun als Sklaven endeten oder verspeist wurden, angenehm war es auf keinen Fall.
Seltener kamen größere Einfälle der Canim vor, in der Regel nur in der Umgebung von Seefahrerstädten wie Parcia, wo dann Dutzende von Schiffen an umfangreicheren Angriffen beteiligt waren. Die Canim hatten Parcia vor über vierhundert Jahren
bis auf die Grundmauern niedergebrannt und die Stadt Rhodos bereits dreimal dem Erdboden gleichgemacht.
Doch Ehren hatte berichtet, die Armee sei diesmal unendlich viel größer als je zuvor. Und es ging ihnen nicht darum, Alera zu überfallen und danach in ihre Heimat zurückzukehren. Die Canim wollten, aus welchem Grund auch immer, hierbleiben, und der Gedanke an die möglichen Folgen jagte Tavi einen gehörigen Schrecken ein.
Für die Canim ging es bei diesem Angriff auf Alera also um alles oder nichts. Sie hatten nichts zu verlieren und alles zu gewinnen, und sie würden zugunsten ihrer eigenen Sicherheit das Volk von Alera auslöschen, einerlei, ob Wehrhöfer, Städter oder Legionares . Sie saßen gewissermaßen in der Falle und waren verzweifelt, und Tavi kannte nur zu gut die furchtlose
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