Die Verschwörer von Kalare
sich offensichtlich gerade mit einer kleinen und vage menschlichen Gestalt aus Wasser, die auf der Oberfläche stand.
»Du verstehst nicht, mein Bruder«, sagte die Fürstin aufgeregt. »Das ist nicht nur ein großer Überfall. Sie sind mit Hunderten von Schiffen gekommen, Brencis. Und die haben sie hinter sich verbrannt.«
Von der Wasserskulptur ließ sich eine blecherne, tadelnde Stimme vernehmen. »Du darfst meinen Namen nicht erwähnen, törichtes Kind. Unser Gespräch könnte abgefangen werden.«
Oder belauscht, Fürst Kalarus, dachte Tavi.
Die Fürstin Antillus schnaubte aufgebracht. »Du hast recht. Wenn man uns belauschte, könnte dich jemand des Hochverrats verdächtigen. Deine Morde und deine Legionen sind bestimmt bislang nicht weiter aufgefallen.«
»Sich gegen Gaius zu erheben ist eine Sache«, sagte die Wassergestalt. »Sich mit den Canim einzulassen eine ganz andere. Da könnten die bislang neutralen Hohen Fürsten auf die Idee kommen, sich doch noch gegen mich zu stellen. Und es könnte sogar die Fürsten des Nordens gegen mich aufbringen - deinen lieben Gemahl eingeschlossen. Ich habe zu hart gearbeitet, um das jetzt zu riskieren.« Die Stimme wurde leiser und bedrohlicher. »Hüte. Also. Deine. Zunge.«
Die Fürstin Antillus fuhr ängstlich ein wenig zurück, und ihr Gesicht wurde blass. »Wie du wünschst, mein Fürst. Aber du musst es von meiner Warte aus sehen. Die Canim sind nicht nur gekommen, um diese Wolke zu erschaffen, die den Vormarsch des Ersten Fürsten verlangsamt. Sie sind nicht nur gekommen, um das Land auszuplündern und die Soldaten des Ersten Fürsten zu beschäftigen. Die tragen sich mit der Absicht hierzubleiben.«
»Unmöglich«, erwiderte Kalarus. »Lächerlich. Wir würden sie ins Meer zurücktreiben, ehe der Sommer um ist. Das müssen sie doch wissen.«
»Und wenn nicht?«, sagte die Fürstin.
Kalarus knurrte. »Bist du am Treffpunkt?«
»Um den Handel zu besiegeln. Ja.«
»Du solltest Sarl eindeutig klarmachen, wie sinnlos ein solches Unterfangen wäre.«
Die Fürstin Antillus zögerte, ehe sie antwortete: »Er ist mächtig, mein Fürst. Mächtiger, als ich geglaubt habe. Sein Angriff auf die Offiziere der Ersten Aleranischen war … viel wirkungsvoller, als ich für möglich gehalten hätte. Und erfolgte viel rascher als erwartet. Ich musste … musste einige weniger wichtige Angelegenheiten unerledigt lassen.«
»Umso mehr ein Grund, diesem Hund einmal seine Grenzen aufzuzeigen. Du brauchst dich vor den Kräften seiner Art nicht zu fürchten, das weißt du doch. Übermittle ihm meine Warnung, und dann kehrst du nach Kalare zurück.«
»Was ist mit deinem Neffen, Fürst?«
»Crassus ist mir natürlich ebenfalls willkommen.«
Fürstin Antillus schüttelte den Kopf. »Er ist in der Legion geblieben.«
»Das ist sein eigenes Risiko.«
»Er ist noch nicht bereit, in den Krieg zu ziehen.«
»Er ist erwachsen. Alt genug, um für sich selbst zu entscheiden. Wenn er sich bisher nicht gut genug auf diese Entscheidung vorbereitet hat, ist das weder meine Schuld noch soll es meine Sorge sein. Darum mögen sich seine Eltern kümmern.«
Ihre Stimme bekam einen hitzigen Unterton. »Aber mein Fürst …«
»Genug«, fauchte die Gestalt von Kalarus. »Ich habe viel Arbeit. Du wirst gehorchen.«
Die Fürstin Antillus starrte ihn einen Moment an, schauderte dann und neigte den Kopf. »Ja, mein Fürst.«
»Nur Mut, Kleine«, sagte Kalarus milder. »Das Rennen ist bald zu Ende. Nur noch ein kleines Stück.«
Damit sank das Wasserbildnis in den winzigen Tümpel, und die Fürstin Antillus sackte in sich zusammen. Tavi beobachtete, wie sie die Hände so fest zu Fäusten ballte, dass ihr die Nägel in die Haut schnitten. Winzige Blutstropfen fielen auf den Stein und funkelten im Schein des kleinen Feuers.
Plötzlich erhob sie sich und machte eine schnelle Handbewegung in Richtung der Felswand. Die regte sich, zuckte und verformte sich zum Bild eines jungen Mannes. Und zwar …
Und zwar handelte es sich um ein lebensgroßes Bildnis von Tavi, das eine beängstigende Ähnlichkeit mit ihm aufwies.
Die Fürstin spuckte darauf und schlug mit der Faust zu. Ihre Elementarkräfte verliehen dem Schlag solche Wucht, dass der
Steinkopf regelrecht aus dem Fels gerissen wurde und als Wolke von Splittern auf dem Boden landete. Mit dem nächsten Hieb traf sie die Figur am Herzen und trieb die Faust fast bis zum Ellbogen in den Stein. Von dem Punkt breiteten sich Risse aus, und weitere
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