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Die Verschwörer von Kalare

Die Verschwörer von Kalare

Titel: Die Verschwörer von Kalare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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über sie hinwegwogte, was sie in den zwölf Jahren seit ihrer Begegnung mit Bächlein erlebt hatte. Vorherrschend in dieser heftigen Brandung war vor allem die Angst. Die Menschen um sie herum fürchteten um ihr Leben - die Kronlegion, die erfahrenste und am besten ausgebildete Streitmacht von Alera, ertrank geradezu in Angst. Andere Emotionen begleiteten diese Welle. Aufregung, außerdem Entschlossenheit und Zorn. Darunter spürte sie dunklere Strömungen, die sie nur als Verlangen beschreiben konnte, sowie ein anderes Gefühl, so leise, dass sie es womöglich gar nicht wahrgenommen hätte, wäre es nicht beständig angeschwollen: Verzweiflung.
    Obwohl sie nicht wusste, was eigentlich vor sich ging, fühlte sie doch, dass die Männer der Legion sich auf den Tod vorbereiteten.
    Benommen erhob sie sich von der Matratze. Sie trug nichts am Leibe außer der eigenen Haut. Sie fand ihre Bluse, ihr Kleid und eine Tunika.
Rasch drehte sie das Haar zu einem Knoten zusammen, obgleich die Bewegung heftig in ihren Schultern und ihrem Rücken schmerzte. Dann schnappte sie sich ihren schlichten Wollmantel und biss sich auf die Lippe, weil sie nicht wusste, was sie nun tun sollte.
    »Wache?«, rief sie vorsichtig.
    Sofort betrat ein Mann das große Zelt. Er trug die gleiche Rüstung wie die anderen Legionares , nur zeigte seine viel mehr Kratzer und Beulen. Seine Haltung drückte eine Mischung aus vollkommener Zuversicht, eiserner Ruhe und beherrschter Angst aus. Er nahm sich mit einer Hand den Helm vom Kopf, und Isana erkannte Araris Valerian, den persönlichen Leibwächter des Princeps.
    »Herrin«, sagte er und neigte den Kopf.
    Isana schoss die Röte in die Wangen, und ihre Hand suchte die Silberkette um ihren Hals, an dem der Ring unter ihrer Kleidung verborgen hing. Dann strich sie über ihren hochschwangeren Bauch. »Ich bin wohl kaum deine Herrin«, erwiderte sie. »Du schuldest mir keine Treue.«
    Einen Moment lang funkelten Araris’ Augen. »Meine Herrin«, wiederholte er und betonte die Worte ein wenig. »Mein Herr hat dringenden Pflichten nachzukommen. Er bat mich, sich an seiner Stelle um dich zu kümmern.«
    Erneut spürte Isana diesen Stich im Rücken, und als genügte das nicht, bewegte sich ihr Kind mit seiner gewohnten rastlosen Kraft, als habe der Kleine die Geräusche der Nacht draußen gehört und sogar erkannt. »Araris, meine Schwester …«
    »… ist bereits hier«, stellte er fest. Der junge Mann mit dem unscheinbaren Äußeren drehte sich um und winkte, woraufhin Isanas kleine Schwester ins Zelt eilte. Sie trug Araris’ grauen, großen Reisemantel.
    Alia lief zu Isana, die ihre kleine Schwester in die Arme schloss. Sie war ein so winziges Ding, das ganz nach ihrer Mutter kam, so niedlich und mit wunderbar weiblicher Figur. Ihr Haar hatte die Farbe von frischem Honig. Mit ihren sechzehn Jahren wirkte sie auf viele Legionares und andere Männer im Lager äußerst verführerisch, doch Isana hatte sie so gut beschützt, wie sie nur konnte. »Isana«, keuchte Alia atemlos. »Was geht denn vor sich?«

    Isana war fast zehn Jahre älter als ihre Schwester. Alias Elementarkräfte bestanden wie auch Isanas vor allem im Wasserwirken, und daher würde das Mädchen angesichts dieses Sturms der sie frei umschwirrenden Emotionen kaum den eigenen Namen nennen können vor Verwirrung.
    »Pst. Und denk daran, immer ganz ruhig atmen«, flüsterte sie Alia zu und blickte Araris an. »Rari?«
    »Die Marat haben das Tal überfallen«, erwiderte er ruhig und klar. »Sie haben den Vorposten am anderen Ende überrannt und marschieren in unsere Richtung. Für euch werden Pferde gebracht. Ihr und alle anderen Freien im Lager sollen sich schnellstmöglich nach Riva zurückziehen.«
    Isana holte tief Luft. »Zurückziehen? Sind es tatsächlich so viele Marat? Aber warum? Wie kann das sein?«
    »Keine Sorge, Herrin«, sagte Araris. »Wir sind schon mit schlimmeren Situationen zurechtgekommen.«
    Doch Isana sah es ihm an den Augen an und hörte es am Zittern seiner Stimme: Der Mann log.
    Araris rechnete nicht damit, diese Schlacht zu überleben.
    »Wo?«, fragte sie. »Wo ist er?«
    Der Schwertkämpfer schnitt eine Grimasse und antwortete: »Die Pferde stehen bereit, Herrin. Wenn du hier entlanggehst … «
    Isana hob das Kinn und schritt an dem Mann vorbei nach draußen, wo sie sich umschaute. Im Lager herrschte Chaos - oder zumindest unter den Marketendern der Legion. Die Legionares selbst bewegten sich eilig und mit ernsten

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