Die Verschwörer von Kalare
sich enorm anstrengen, um nicht die Hand auf den Ring über ihrem Herzen zu legen.
Es entspann sich ein langes Schweigen, bis die Fürstin von Aquitania schließlich sagte: »Ich denke, dann muss ich dich für deine Gelehrtheit loben.«
Damit endete das lastende Gefühl, das die geballte Aufmerksamkeit der Fürstin verursachte, und Isana wäre vor Erleichterung beinahe in sich zusammengesackt. Es war gefährlich, eine Hohe Fürstin zu belügen, die über große Fähigkeiten im Wasserwirken verfügte: Ihr war es möglich, Lug und Trug sogar besser zu erkennen als selbst Isana. Die Frau würde im Zweifelsfall foltern oder gar morden, wenngleich sie offensichtlich weniger drakonische Maßnahmen bevorzugte. Isana hatte allerdings keinen Zweifel daran, dass diese Zurückhaltung mehr mit praktischem Denken und Eigeninteresse zu tun hatte, und nicht etwa mit einer moralischen Weltsicht. Wenn ihre Pläne es verlangten, würde die Fürstin von Aquitania Isana töten, ohne auch nur mit einer ihrer langen Wimpern zu zucken.
Sollte Isana der Fürstin jemals im Weg stehen, würde sie sterben, ohne dass sie auch nur die Zeit hätte, ein letztes Wort hervorzubringen.
Denn manche Geheimnisse durften nie ans Licht gelangen.
Um keinen Preis.
6
Die Schönheiten des Legionare -Lebens, selbst das eines Offiziers, wurden in Tavis Augen völlig übertrieben dargestellt. Nach seiner ersten Woche im Lager der Ersten Aleranischen war er zu dem Schluss gekommen, dass es sich bei den prahlerischen Geschichten über Ruhm und Glorie der Offiziere lediglich um einen Zeitvertreib für die Civitas handelte, den man ersonnen hatte, um die Ehrgeizigen in den Wahnsinn zu treiben.
Und das galt doppelt für den angeblich guten Ruf, den die Kursoren genossen, die ihm überhaupt erst befohlen hatten, in diese krähenbeschissene Legion einzutreten.
Tavi hatte sich für einen entschlossenen, entschiedenen und dazu willensstarken Diener der Krone gehalten, insbesondere nach den Herausforderungen, die er in der Akademie hatte meistern müssen, wo man ihm ständig viel Zeit und selbstständiges Denken abverlangt hatte. Oft hatte er nicht genug Schlaf bekommen, und eine besonders gehässige Treppe, die er fortwährend hinauf- und hinunterlaufen musste, hatte ihm die Grenzen von Körper und Seele gezeigt. An manchen Tagen hatte er seine Verzweiflung laut herausgeschrien, einfach nur, um Dampf abzulassen.
Doch das war nichts gegen das Leben in der Legion.
Tavi versuchte, solcherart zynischen Gedanken nicht allzu viel Raum zu geben, aber während er nun hier im Speicher stand, einem schlichten großen Zelt, und mal wieder eine endlose Strafpredigt seines Tribuns Gracchus über sich ergehen ließ, auf die etwas zu erwidern ihm nicht gestattet war, fiel es ihm schwer, der Verbitterung Herr zu werden.
»Hast du überhaupt eine Ahnung, was für ein Durcheinander du angerichtet hast?«, verlangte Gracchus zu wissen. Dieser Fleischkloß von einem Mann klatschte sich alle paar Silben mit zwei Fingern in die andere Hand, bevor er am Ende des Satzes Tavi mit genau diesen beiden Fingern vorwurfsvoll vor der Nase herumfuchtelte. »Die Menge Mehl für jeden Legionare wird exakt bemessen, Subtribun, und sie wird nicht beliebig von einem Jüngling in seiner ersten Dienstzeit festgelegt.«
Es entstand eine Pause, als Gracchus tief Luft holte, und nun gelang es Tavi, ihn zu unterbrechen. »Ja, Tribun.« Noch vor Ende des zweiten Tages hatte er bereits eine gewisse Routine, was den Ablauf von Gracchus’ Donnerwettern betraf.
»Und aus ebendiesem Grund benutzen wir einheitliche Messgefäße.«
»Ja, Tribun«, antwortete Tavi.
»Mit diesem eigenwilligen Ersatz, den du da verwendest, hast du meine sämtlichen Schätzungen über den Haufen geworfen, und damit sind die Berechnungen, was eingelagert werden muss, für den nächsten Monat hinfällig, Subtribun. Ich hätte alles Recht der Welt, dich dafür auspeitschen zu lassen. Ja, dafür könnte ich dich sogar vor Gericht stellen und dir das Bürgerrecht entziehen lassen, bis du den Fehlbetrag aus eigener Tasche bezahlt hast.«
»Ja, Tribun«, sagte Tavi erneut.
Gracchus kniff seine sowieso schon winzigen Knopfaugen noch weiter zusammen. »Habe ich da eine gewisse Aufsässigkeit aus deinem Ton herausgehört, Subtribun?«
»Nein, Tribun«, gab Tavi zurück. »Lediglich vielleicht, dass ich anderer Meinung bin.«
Die Miene des Tribuns verfinsterte sich. »Und zwar?«
Angesichts der Erlaubnis zu sprechen schlug Tavi
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