Die Verschwörer von Kalare
die Hand nach ihm auszustrecken. »Ruhig. Immer schön langsam, Max. Du bist dem Tod gerade noch einmal von der Schippe gesprungen.«
»Mir geht es hervorragend«, keuchte Max. Er schüttelte den Kopf, fand sein Gleichgewicht wieder und ging weiter. »Bin schon wieder in Ordnung.«
»Sicherlich.« Tavi nickte. Und fügte hinzu: »Sie ist auch nicht schlauer als andere Leute, Max. Man kann sie besiegen.«
Max sah Tavi von der Seite an, legte den Kopf schief und musterte ihn.
»Bei den Krähen«, sagte er schließlich, »wenn du das hinkriegst, kann es ja nicht so schwer sein.«
»Ich sollte dich nicht mehr aufmuntern«, seufzte Tavi. »Aber ich gebe dir Rückendeckung. Uns fällt schon etwas ein.«
Erst nachdem sie schweigend ein paar Schritte weitergegangen waren, erwiderte Max leise: »Oder sie bringt uns einfach beide um.«
Tavi schnaubte. »Ich mache sie auch allein fertig, wenn du kneifst.«
Max riss die Augenbrauen hoch. Dann schüttelte er den Kopf und schlug sanft mit den Fäusten auf die Schulterstücke von Tavis Rüstung. Der Stahl rasselte leise. »Das könnte ich ja nie wiedergutmachen.«
»Recht hast du«, meinte Tavi. »Komm schon, ich habe Hunger.« Er marschierte neben seinem Freund, bereit ihn zu stützen, falls Maximus abermals ins Schwanken geraten sollte.
Tavi schauderte, und aus den Augenwinkeln bemerkte er, dass die Fürstin von Antillus sie über den Übungsplatz hinweg beobachtete, wenngleich sie die beiden Freunde auch nicht gerade offen anstarrte. Es war eher der beharrliche, ruhige Blick einer hungrigen Katze - und diesmal, das spürte er, folgten diese dunklen und berechnenden Augen nicht Maximus, sondern ihm.
10
»Und es ist mir eine Ehre und eine Freude«, wandte sich die Fürstin von Aquitania an die versammelte Dianische Liga, »euch jemanden vorzustellen, der für manche von euch bereits ein Begriff ist, nämlich die erste Wehrhöferin in der Geschichte von Alera. Begrüßen wir Isana von Calderon.«
Das öffentliche Amphitheater von Ceres war bis zum letzten der viertausend Plätze gefüllt, obwohl allenfalls die Hälfte der Anwesenden tatsächlich Mitglieder der Dianischen Liga waren, eines Zusammenschlusses von führenden Frauen der Civitas. Die meisten trugen mindestens einen Titel wie Gräfin. Etwa zweihundert von ihnen waren Freie, die ihre Civitas durch ein formelles Duell, ein Juris Macto , erworben hatten, oder sie hatten, überwiegend im Range von Rittern, in den Legionen gedient. Ein halbes Dutzend von ihnen hatte sich als Männer getarnt bei den Legionares eingeschlichen und sich in der Schlacht verdient gemacht.
Doch von ihnen allen hatte nur Isana ihren Rang durch eine rechtmäßige Ernennung erhalten, ohne jede Form von Gewaltausübung oder Dienst bei den Soldaten. Und damit stand sie in der aleranischen Geschichte als Frau einzigartig da.
Bei den übrigen Anwesenden handelte es sich in der Mehrzahl um Männer, und zwar um Anhänger der Bewegung zur Abschaffung der Sklaverei. Dazu zählte auch ein Dutzend Senatoren, deren Unterstützer und Verbindungsleute in der Civitas sowie Mitglieder der Libertus Vigilantes , eines Geheimbundes militanter Sklavereigegner in der Stadt Ceres. Die Vigilantes gingen seit Jahren im Verborgenen gegen Sklavenhändler und Sklavenhalter vor. Es war nicht ungewöhnlich, dass man Sklavenhalter, die sich nicht genügend vorsahen, am Morgen vorfand, wie sie mit den eigenen Handschellen an die Sklavenpferche gefesselt und mit den eigenen Ketten erwürgt worden waren. Der alte Hohe Fürst Cereus Ventis war zwar der rechtmäßige Herr über die Stadt, doch zollten ihm die Vigilantes und ihre Unterstützer keinen Respekt, und gleichzeitig mangelte es ihm an der Entschlossenheit, seine Macht einzusetzen, um gegen sie vorzugehen und dem gewalttätigen Spuk ein Ende zu bereiten.
Die übrigen Zuschauer waren entweder Spione, die dem Sklavenhändler-Konsortium Bericht erstatten würden, oder einfach Neugierige. Das Amphitheater war ein öffentliches Forum, das allen Cives des Reiches offenstand.
Die Menge spendete Beifall, und die Emotionen rauschten über Isana hinweg wie eine Ozeanwelle. Sie schloss kurz die Augen und wappnete sich dagegen, dann erhob sie sich von ihrem Platz, lächelte und ging nach vorn zum Podium und zur Fürstin.
»Danke«, sagte sie. Ihre Stimme hallte durch das Amphitheater. »Meine Damen, meine Herren. Ein Mann, den ich einst kannte, sagte einmal, eine Rede zu halten sei so, als würde man sich ein Glied
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