Die Verschwörung der fetten Frauen (German Edition)
laut. Mein Kopf beginnt sofort zu brummen.
»Aha, ich kenne ihn also nicht, aber du bist verliebt?«
»Nein!« (noch lauter) »Ich bin nicht verknallt und außerdem kenne ich ihn selber kaum.«
»Neuer Arbeitskollege?« Unfassbar, was für ein schlaues Kind ich auf die Welt gebracht und großgezogen habe.
»Ja.«
»Wie heißt er? Wie sieht er aus? Hat er Interesse? Ist er solo? Wann lerne ich ihn kennen? Willst du ein Kind von ihm?« Zu viele Fragen. Eine Antwort.
»Er heißt Rasmus.«
Alinas Mund formt ein entsetztes »O«.
»Rasmus? Du weißt aber schon, was sich darauf reimt?«
»Ich schon! Aber du solltest es noch nicht wissen!«
»Mensch Mum, ich bin siebzehn!«
Stimmt. Wir reden nicht drüber, aber tief in meinem Innersten weiß ich natürlich, dass mein Baby längst kein Baby mehr ist, sondern durchaus weiß, wie man Babys macht. Auch schon praktisch. Im Moment ist das Leben eine große Übungs- und Lehrwerkstatt für sie. Sie sucht sich gerade das passende Werkzeug namens Mann.
Wir beenden unser Frühstück und machen uns auf den Weg. »Heute Abend koche ich«, verkündet Alina, kurz bevor wir die Schule erreicht haben. Diese Ankündigung ist so sensationell, dass ich beinahe die Kontrolle über den Wagen verliere und ein Stück über den Bürgersteig brettere.
»Freut mich. Was gibt’s?«
»Überraschung. Du magst doch Lauchauflauf, oder?«
Lauchauflauf. Versuchen Sie mal, dieses Wort dreimal hintereinander auszusprechen. Was ist nur mit meiner Tochter los? Ich mache mir ernstlich Sorgen.
Ich sollte mir lieber über etwas anderes Sorgen machen. Darüber zum Beispiel, dass ich im Treppenhaus zwei Minuten stehenbleibe und mich nicht entscheiden kann, ob ich den Fahrstuhl benutzen soll oder nicht. Die beiden Seelen in meiner Brust. Sabine Müller gar nicht gerechnet.
Ich entscheide mich schließlich für die Treppe. Schaffe es schnaufend ins Büro und bewundere als erstes Daniela Hungerbühlers tarnfarbenen Kampfanzug, der wie Gummi an ihrem Körper sitzt. Natürlich trägt sie High Heels dazu, ein arger Stilbruch.
»Du siehst heute komisch aus. Warst du beim Friseur?«
Jetzt fängt Ella auch noch damit an! »Ja! Und jetzt sag noch, ich würde innerlich komisch aussehen!« Ohne eine Antwort abzuwarten, rausche ich ab in meinen Verschlag. »Ui«, höre ich es in meinem Rücken, »du bist aber heute gut drauf. Viel Spaß bei der Redaktionskonferenz.«
Oh nein, Redaktionskonferenz! Hatte ich völlig verdrängt. Die Aussicht, dass auch Rasmus Borcherts dort anwesend sein wird, versetzt mich abwechselnd in Verzücken und Panik. Wieder die zwei Seelen. Ob das Treppensteigen eben figurmäßig etwas gebracht hat? Wenigstens fünf Gramm von meinen 2000 zusätzlichen weggeschmolzen? Und wo?`An den Nasenflügeln? Ich bin total verrückt.
Immerhin habe ich mich, so gut es mir möglich war, aufgebrezelt. Ich trage einen engen, meine zugegeben nicht sehr appetitlichen Knie umspielenden cremefarbenen Rock und darüber eine weiße Rüschenbluse, unter der sich der ebenfalls cremefarbene BH leicht abzeichnet. Dazu weiße Slipper. Besonders stilsicher mag das vielleicht nicht sein, aber es schmeichelt meiner Figur und macht mich sportlich. Hoffe ich wenigstens.
Als ich den Redaktionsraum betrete, sind alle anderen schon da. Milkers sitzt am Kopfende und schaut in die Runde. Rasmus? Sitzt neben der Hungerbühler, sie unterhalten sich angeregt. Muss jetzt nicht sein. Ich setze mich neben Ella, die sofort ein Stück von mir abrückt.
»Entschuldige«, flüstere ich ihr zu, »gestern bisschen spät geworden. Weiberabend.«
»Und wie war's?« Sie rückt wieder heran.
»Supi«, antworte ich. »Wir waren in einem vegetarischen Restaurant und anschließend in einer vegetarischen Bar, wo es leckere Gemüsecocktails gibt.«
Ella zwinkert mir zu. Mein Gott, ich kann nicht einmal mehr meine Lieblingskollegin anlügen, ohne dass sie es merkt.
Rasmus quatscht noch immer mit der Hungerbühler. Sie lächeln sich an, die Brüste der Hungerbühler strecken sich Rasmus entgegen und schreien »Nimm uns!« Wenn sie jetzt noch das Becken hebt, stehe ich auf und bringe sie um.
»Guten Morgen, meine Damen und Herren«, beginnt Milkers endlich und bringt die beiden Turteltäubchen zum Schweigen. Herr Chefredakteur, ich liebe dich.
Alles verläuft so wie immer. Wir besprechen das letzte Heft und die Reaktionen darauf, planen das neue und motivieren uns gegenseitig. Zunächst klagt Milkers natürlich wieder über den
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