Die Verschwoerung der Fuersten
fragte sich, ob das farblose Mädchen Elgards Wohlwollen dem edlen Namen ihrer Familie zu verdanken hatte. Die Montclair waren eine Sippe, die über großen Besitz und Einfluss verfügte. Der junge Detmar würde sich reich verheiraten.
»Habt Ihr denn etwas gesehen oder gehört, was Euch auffällig vorgekommen ist?«, wollte Bandolf wissen.
Richenza schüttelte den Kopf. »Ich habe einen festen Schlaf«, erklärte sie und warf herausfordernd ihren Kopf zurück.
Der Burggraf seufzte. »Warum habt Ihr Euch schon vor dem Nachtmahl zurückgezogen?«
Richenza errötete und sagte spitz: »Ich fühlte mich nicht wohl.«
Bandolf ließ es dabei bewenden. Nachdenklich betrachtete er die Versammelten. »Hatte Ludger Feinde?«, fragte er. »Gab es vielleicht jemanden, der ihm neidete, was er besaß? Hatte er Streit mit jemandem, vielleicht wegen eines misslungenen Geschäfts?«
»Die Frage ist absurd, Burggraf«, antwortete Elgard scharf. »Mein Sohn war ein guter Christ, ein umsichtiger Sohn und ein treusorgender Gatte. Sein Leumund war ohne jeden Makel. Ein solcher Mann hat keine Feinde.«
Dazu gab es nichts mehr zu sagen. Der Burggraf verabschiedete sich mit einem unguten Gefühl im Magen.
Sigurt folgte Bandolf auf den Hof, um ihn zur Pforte zu begleiten.
»Ich hoffe, Ihr verzeiht die brüske Art meiner Schwester, Burggraf«, bemerkte er mit einem Lächeln. »Sie ist vom Schmerz über Ludgers Tod zerrissen und wie jede Mutter unfähig, etwas Schlechtes von ihren Söhnen auch nur zu denken.« Bandolf zuckte nichtssagend mit den Schultern. Schmerzzerrissen war ihm Elgard nicht vorgekommen – allenfalls besorgt, Haltung zu bewahren und jede Äußerung zu vermeiden, die ihre Familie in ein schlechtes Licht hätte setzen können.
An der Pforte blieb Sigurt stehen und verschränkte die Arme vor der Brust.
»Habt Ihr noch etwas auf dem Herzen?«, erkundigte sich Bandolf.
Sigurt runzelte die Stirn. »Ich habe gehört, Ihr wärt ein kluger Mann, Burggraf, und ich möchte Euch nichts vormachen«, sagte er ernst. »Ich will meinem Neffen natürlich nichts Schlechtes nachsagen, aber das Tugendlamm, als das ihn meine Schwester immer sah, war er natürlich nicht.« Er senkte die Stimme. »Ludger ist in schlechte Gesellschaft geraten. Durch meine Schuld.«
Bandolf zog fragend die Brauen hoch, und Sigurt fuhr fort. »Ihr müsst wissen, dass ich seit einigen Jahren Witwer bin. Da ist kein Weib, auf das ich Rücksicht nehmen müsste, wenn ich mein Horn mit Gleichgesinnten hebe, hin und wieder mein Glück mit den Würfeln versuche oder mich zu jenen Weibern geselle, die sich nicht um kleinliche Bedenken scheren.« Er zwinkerte Bandolf verschwörerisch zu. »Ihr versteht doch, was ich meine?«
Der Burggraf nickte, ohne die Miene zu verziehen.
Sigurt seufzte. »Odilo, mein verblichener Schwager, hatte für derlei Dinge nichts übrig. Als meine beiden Neffen in das Alter kamen, um sich die Hörner abzustoßen, war ich es, der ihnen zeigte, wo sie ihr Vergnügen finden konnten. Leider fand Ludger mehr Gefallen daran, als ihm guttat. Selbst als sein Vater starb und er das Oberhaupt der Familie wurde. Und vor allem suchte er sein Vergnügen in einer Gesellschaft, mit der er nicht umzugehen verstand.« Wieder zuckte er mit den Schultern. »Ich bin ein Mann mit Erfahrung, Burggraf. Ich weiß das Lumpenpack zu nehmen, das sich auf dem Kirchhof herumtreibt. Ludger dagegen wusste das nicht. Er war leichtsinnig und im Grunde ein schwacher Mann.«
»Habt Ihr ihn denn nicht vor solchem Umgang gewarnt?«, fragte Bandolf.
Sigurt warf unwillig die Arme hoch. »Natürlich habe ich ihn gewarnt. Wofür haltet Ihr mich?« Er beruhigte sich und sagte, offenbar bekümmert: »Mein Neffe hegte ein gewisses
Maß an Bewunderung für mich. Er glaubte wohl, er würde sich als rechter Mann erweisen und mich beeindrucken, wenn er sich in solcher Gesellschaft hervortat.«
»Eurer Ansicht nach war Ludger also gestern auf dem Kirchhof, um sich unter die Dirnen und Spieler zu mischen?«, vergewisserte sich Bandolf.
Sigurt nickte. »Ich bin mir sicher, dass er das tat.«
»Habt Ihr ihn dort gesehen?«
Sigurt warf Bandolf einen gereizten Blick zu. »Ich habe Euch doch schon gesagt, dass ich den Abend beim Grafen von Laufen verbracht habe und Ludger bereits aus dem Haus war, als ich zurückkam.«
»Richtig, das habt Ihr gesagt«, bestätigte Bandolf.
»In gewisser Weise fühle ich mich für den Tod meines Neffen verantwortlich«, seufzte Sigurt.
»Er
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