Die Verschwoerung der Fuersten
herumzeigen«, entschied er. »Vielleicht erkennt sie jemand wieder.«
Langsam schlenderten die beiden Männer zur Taufkirche hinüber. Emeram schien in eigene Gedanken verstrickt, und Bandolf dachte über das Perlenband nach. Vor dem Eingang seiner Kirche blieb Emeram stehen und räusperte sich: »Ihr scheint nicht zu glauben, dass Ludger von einem Dieb ausgeraubt und getötet wurde?«
»Einiges würde für einen Dieb sprechen«, erwiderte Bandolf zögernd. »Aber ich weiß nicht recht, Pater. Es gibt da auch einige Dinge, die mir an Ludgers Tod nicht gefallen.«
Der Priester runzelte sorgenvoll die Stirn, fragte aber nicht weiter.
Bandolf hatte sich schon verabschiedet, als ihm noch etwas einfiel. Er drehte sich wieder um.
»Heute Morgen sagtet Ihr, Fastrada hätte nun ihre letzte Hoffnung verloren. Was habt Ihr damit gemeint?«
Emeram schaute zu Boden. »Ich darf Euch nicht sagen,
was mir in der Beichte anvertraut wurde«, entgegnete er leise.
»Ihr seid Fastradas Beichtvater?«, fragte der Burggraf erstaunt.
»Odilo von Blochen hatte sich meiner Kirche stets besonders verbunden gefühlt, weil seine Mutter hier begraben liegt. Seine Kinder sind hier getauft worden. Und er selbst wurde ebenfalls auf meinem Friedhof bestattet. Es ist wohl Brauch in der Familie geworden hierherzukommen.«
Mit schmerzlich verzogenem Gesicht nickte er Bandolf zu und stieß die Pforte zur Kirche auf. Ein graues Fellbündel sprang fauchend an dem Priester vorbei und streifte seine Robe. Für einen Augenblick blieb die Domkatze stehen und funkelte die beiden Männer aus ihren gelben Augen an, dann sauste sie wie der Blitz auf den Kirchhof davon. Grinsend schaute Bandolf Penelope hinterher. Eine spaßige Bemerkung lag ihm auf den Lippen und blieb ihm im Hals stecken, als er sich umwandte und das totenbleiche, entsetzte Gesicht des Priesters sah, der knieweich an der Pforte lehnte und aussah, als wäre ihm der Leibhaftige begegnet.
Zwar hatte Emeram ein ums andere Mal versichert, er fühle sich wohl und wäre nur über die Katze erschrocken, aber Bandolf fragte sich dennoch, was mit dem Priester los war. Er kannte ihn als einen Mann, der den Unbilden des Lebens stets mit Gelassenheit begegnet war. Nun schien es so, als hätte Emeram aus irgendeinem Grund seinen Gleichmut verloren.
Irgendetwas schien ihm schwer auf der Seele zu liegen. Ob ihm Ludgers gewaltsames Ende auf seinem Kirchhof so zugesetzt hat?, dachte Bandolf, als er die Andreasgasse zum Marktplatz hinunterging. Aber warum sollte ihm das so zu schaffen machen? Hatte die beiden Männer mehr verbunden
als nur das natürliche Band zwischen Priester und Beichtkind?
Nachdem der Burggraf Pater Emeram dem Trost seiner Gebete überlassen hatte, war er über den Kirchhof gegangen und hatte sich aufmerksam umgeschaut. Von der Mauer, die den Kirchhof vom Pfalzhof trennte, bis zur Pforte bei der Andreasgasse hatte er den ganzen Platz nach einer Blutlache oder nach anderen Spuren abgesucht. An der Mauer bei einem verwitterten Holzkreuz in der Nähe der Pforte hatte er Fußabdrücke im Boden, niedergedrückte Grasbüschel, eine eingetrocknete Pfütze mit Erbrochenem und ein paar harte Brotkrumen gefunden, die die Spatzen übriggelassen hatten. Nahm man noch den Pfropfen eines Weinschlauchs dazu, dann konnte das der Ort gewesen sein, an dem sich ein paar Zecher zusammengefunden hatten. Aber ob das in der vergangenen Nacht oder irgendwann vorher gewesen war, hätte Bandolf nicht sagen können. Ganz in der Nähe hatte er noch den abgerissenen Lederriemen einer Sandale gefunden, doch den hatte wohl einer der Dombrüder verloren. Von einer Blutlache oder den Spuren eines Kampfes war weit und breit nichts zu sehen gewesen. Enttäuscht machte sich der Burggraf auf den Heimweg.
Die Mittagszeit war längst überschritten, und sein Magen knurrte vernehmlich. Höchste Zeit, sich eine Stärkung zu gönnen, befand Bandolf und beschleunigte unwillkürlich seinen Schritt, während seine Gedanken um Ludger, den Gerber und nicht zuletzt um den Angriff auf Adalbert von Bremen kreisten.
Es war nicht weiter ungewöhnlich, dass sich Straftaten während der Markttage in der Stadt häuften, da das Getümmel in den Gassen unweigerlich auch das Diebesgesindel anlockte. In den meisten Fällen musste sich der Burggraf mit Schnapphähnen, Beutelschneidern, falschen Bettlern und kleinen Betrügern herumärgern und sich um Saufbrüder
kümmern, die zu nächtlicher Stunde randalierten. Natürlich gab es
Weitere Kostenlose Bücher