Die Verschwoerung der Fuersten
schicken. Sein Schreiber durfte nicht so zaghaft sein und musste herausfinden, was Bandolf wissen wollte. Der Burggraf nickte entschieden.
»Mehr habe ich nicht erfahren können«, unterbrach Garsende seine Gedanken. »Niemand außer Alfrad scheint gesehen zu haben, dass Ludger mit dem Gerber gesprochen hat. Ludger soll später an jenem Nachmittag mit seinem Onkel Sigurt und einigen anderen Herren zur Jagd geritten sein. Das einzig Ungewöhnliche war, dass Ludger schon vor Einbruch der Nacht allein wieder zurückgekehrt ist, obwohl man ihn erst am folgenden Tag zurückerwartet hatte.«
»Tatsächlich«, bemerkte der Burggraf. In seinem Kopf summten ungereimte Gedanken. Während er noch versuchte, sie zu ordnen, sah er Matthäa in der Tür zum Haus auftauchen. Auch Garsende hatte die Burggräfin bemerkt und grüßte sie mit einem Knicks.
»Komm herein ans Herdfeuer«, rief Matthäa ihr zu. »Dann will ich Euch nicht länger aufhalten«, sagte Garsende, und Bandolf schaute mit einem zwiespältigen Gefühl im Bauch zu, wie die Heilerin mit seiner Gattin in seinem Haus verschwand. Warum zum Teufel auch hatte er Matthäa
den Umgang mit einem Weib erlaubt, das sich unverfroren in seine Belange mischte? Warum tat sie das überhaupt? Hatte sie gar selbst etwas mit Ludgers Tod zu tun? Doch dann wiederum war ihm das, was Garsende ihm berichtet hatte, durchaus von Nutzen.
Der Fleck auf seinem Hemd fiel ihm wieder ein, und Bandolf beschloss, seine Grübelei über die Heilerin zu verschieben. Es gab für ihn Wichtigeres zu bedenken. Mit einem Seufzen wandte der Burggraf sich ab und rief nach seinem Schreiber.
Bandolf kam sich wie ein Hanswurst des Königs vor, als er auf allen vieren durch das Gebüsch vor dem Beinhaus kroch. Inständig hoffte er, dass ihn niemand beobachten würde. Aber das einzige Lebewesen, das er auf dem Kirchhof angetroffen hatte, war Penelope gewesen, die sich auf einem Blätterpolster unter einer Buche von ihrem kleinen Abenteuer in der Kapelle auszuruhen schien.
Dürre Blätter und Zweige raschelten und brachen ab, während Bandolf seinen stämmigen Körper zwischen den Büschen hindurchschob und mit den Augen den Boden absuchte. Plötzlich sah er sich Nase an Nase der Domkatze gegenüber. Penelope, die sein Treiben offenbar für ein verlockendes Spiel hielt, haschte nach seiner Hand, doch der Burggraf ignorierte sie und kroch weiter. Die Katze folgte ihm.
Bandolfs dunkles Haar verfing sich im Buschwerk, und er fluchte laut, als er sich die Hand an einem spitzen Stein aufschürfte. Dann verharrte er plötzlich. Hier, ganz in der Nähe der frisch gekalkten Wand, war eine Schneise mit niedergedrücktem Gebüsch. Bandolf bog das zähe Gestrüpp weiter auseinander und fand endlich, was er gesucht hatte: einen Flecken mit eingetrocknetem Blut auf dem Boden.
»Ludger muss hier beim Beinhaus gewesen sein. Er hatte
Farbe von der Tünche an seinen Händen. Und ich wette um einen Sack Mäuse, dass das sein Blut ist«, teilte er Penelope triumphierend mit.
Er kratzte an den Erdbrocken, um zu sehen, wie tief das Blut eingesickert war, und zerrieb die Erde mit den Blutresten zwischen seinem Daumen und Zeigefinger. Schließlich wischte er sich die Finger an seinen Beinlingen ab und runzelte die Stirn. Der Flecken war bei weitem nicht so groß, wie er nach dem, was Garsende ihm gesagt hatte, erwartet hätte. Aber immerhin – er war da. Kurz darauf entdeckte er eine tönerne Öllampe. Die Lampe war etwas mehr als handtellergroß, dreiflammig und besaß Henkel und eine Kette, an denen man sie für jeden Zweck bequem tragen konnte. Bandolf hob sie auf und betrachtete sie von allen Seiten.
»Sieh mal an, was wir hier haben. Pater Emeram hat sich nicht getäuscht. Hier ist ein Licht gewesen.« Hatte die Lampe Ludger gehört, oder gar seinem Mörder?
»Nun, was hältst du davon?«, fragte er, während er das Öllicht in der Tasche seines Mantels verstaute, aber Penelopes ganze Aufmerksamkeit schien einem Ast zu gelten, den sie zuerst von allen Seiten beschnupperte. Dann leckte und nagte sie daran, und schließlich zerrte sie an einem Stück Stoff, das sich in seiner Rinde verfangen hatte.
»Was hast du denn da?« Die Katze fauchte, als Bandolf sie beiseiteschob und nach ihrer Beute griff. »Du bekommst ihn ja wieder«, sagte er. Vorsichtig löste er das Stück Stoff von dem knorrigen Ast und fuhr mit dem Finger über die feuchte Stelle, die Penelopes Zunge hinterlassen hatte. Seine Fingerkuppe färbte sich
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