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Die Verschwoerung der Fuersten

Die Verschwoerung der Fuersten

Titel: Die Verschwoerung der Fuersten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Eder
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auf, und Bandolf bückte sich und trat hinter dem Priester ein. Der unangenehme Geruch nach Tod schlug ihnen entgegen. Bandolf verzog angewidert das Gesicht und sah sich um. Zwei Kerzen, die in schweren Haltern am Kopfende der Bahre inmitten des Raumes standen, verbreiteten ein
schummriges Licht. Ansonsten war der Raum dunkel, kühl und leer, und nur ein kleines hölzernes Kruzifix zierte die weiß getünchte Wand gegenüber der Tür. In der Ecke führte ein einfacher Bretterverschlag im Boden in das eigentliche Ossarium hinab, und dort schien der Totendunst auch am stärksten zu sein. Auf der Bahre lag Ludger mit dem Kopf nach Osten; der leblose Körper nun vollends versteift. Es konnte nicht leicht gewesen sein, ihn herzurichten. Bandolf fröstelte, versagte sich einen lästerlichen Fluch, der ihm auf der Zunge lag, und trat näher an die aufgebockte Bahre heran. Mit gemischten Gefühlen schaute er in das bartlose, junge Gesicht.
    Obwohl sich die Gehilfen alle Mühe gegeben hatten, die Spuren des gewaltsamen Todes abzuwaschen, prangte die Wunde an Ludgers Hals wie ein Mahnmal auf seiner bleichen Haut. Bandolf beugte sich dicht darüber und studierte die unregelmäßigen tiefen Schnitte.
    »Schaut Euch das nur an«, sagte er. Emeram, der mit verschränkten Armen neben der Tür stehengeblieben war, kam näher und folgte Bandolfs Zeigefinger, der auf Ludgers Hals zeigte.
    »Eine hässliche Wunde«, sagte er.
    Bandolf nickte. »Ja, sehr unsauber. Aber schaut genauer hin. Da sind ober- und unterhalb der Schnitte noch zwei Eindrücke.«
    Der Priester beugte sich tiefer hinunter. »Meint Ihr diese blau verfärbten Halbkreise? Was hat das zu bedeuten?«
    »Ich habe nicht die leiseste Ahnung«, seufzte Bandolf und richtete sich auf.
    Emeram riss sich von dem grausigen Anblick der zerfetzten Kehle los und deutete auf Ludgers rechten Schuh.
    »Der Bruder, der den Toten gesäubert hat, hat ihm die Schuhe ausgezogen, um ihm die Füße zu waschen. Dabei hat er das hier entdeckt.« Er griff in den knöchelhohen
Schaft des Schuhs und förderte eine Kette zutage. »Das hatte Ludger in seinem Schuh verborgen.« Er ließ die Kette in Bandolfs Hand gleiten. Bandolf umschloss die Kette und griff mit der anderen Hand in den Schuh. Auf der Innenseite des Schafts, von außen nicht zu erkennen, war eine kleine Tasche eingenäht worden, in der man ein paar Münzen oder ein anderes Kleinod mühelos verstecken konnte.
    »Das ist schlau gemacht«, sagte er anerkennend. »Ich würde gerne wissen, wer diese Schuhe angefertigt hat.«
    Emeram zuckte mit den Schultern. »Die Römer, und auch die Welschen haben viel für derlei Schnickschnack übrig.«
    So unvorsichtig, wie Sigurt behauptet hatte, war Ludger offenbar doch nicht gewesen, dachte Bandolf, warf noch einen letzten Blick auf den Toten und ging zurück zur Tür. Emeram sprach ein kurzes Gebet und schlug ein Kreuz über Ludgers steifem Körper. Dann folgte er dem Burggrafen schweigend nach draußen.
    Vor dem Beinhaus blieb Bandolf stehen. Erleichtert stützte er sich an der Wand ab und atmete tief durch. Die frische Luft tat ihm gut.
    »Vorsicht«, warnte der Priester. »Ihr macht Euer Gewand schmutzig. Das Beinhaus ist vor kurzem neu gekalkt worden.«
    Abwesend trat Bandolf einen Schritt beiseite und öffnete seine Hand, um die Kette genauer zu betrachten. Perlen aus Elfenbein waren auf eine Lederschnur aufgezogen und an jedem Ende mit einer filigran verzierten Hohlkugel aus Silber befestigt worden. Ein Verschluss, der die beiden Enden miteinander verbunden hätte, fehlte und war auch offenbar nicht vorgesehen. In die Elfenbeinkugeln hatte man feine Schlangenlinien geschnitzt, und sie waren in regelmäßigen Abständen mit einem Knoten in der Schnur voneinander getrennt.

    »So etwas habe ich noch nie gesehen«, murmelte Bandolf.
    »Vielleicht eine Halskette, die Fastrada gehört?«, mutmaßte Emeram, der dem Burggrafen über die Schulter schaute.
    »Warum sollte Ludger ein Halsband, das seiner Frau gehört, in seinem Schuh verstecken?«
    »Vielleicht hat er die Kette erst am Tag seines Todes erstanden und wollte sie Fastrada später geben? Und hat das Schmuckstück solange in seinem Schuh verborgen, damit es nicht gestohlen wird.«
    Bandolf zog die Kette auseinander. »Für eine Halskette hat sie keinen passenden Verschluss«, meinte er zweifelnd. Schließlich rollte er das Kleinod zusammen und steckte es in die Innentasche seines Umhangs. »Ich werde die Kette vorläufig behalten und

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