Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Verschwoerung von Whitechapel

Die Verschwoerung von Whitechapel

Titel: Die Verschwoerung von Whitechapel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
Vom Netzwerk:
aber ich traue keinem über den Weg, und Sie sollten das auch nicht tun. Kommen Sie jeden Morgen hier entlang?«
    »Meistens.«
    »Ich halte Sie über alles auf dem Laufenden, was ich herausbekomme. Wo kann ich Sie finden?«
    Pitt gab ihm die Adresse. Tellman blieb unvermittelt stehen und wandte sich Pitt zu. Seine Augen waren finster, seine Wangen wirkten im grauen Licht noch eingefallener als sonst. »Geben Sie gut Acht.« Dann drehte er sich auf dem Absatz um, als hätte er zu viel gesagt und als wäre ihm die Besorgnis peinlich, die er gezeigt hatte, und ging in die Richtung davon, aus der er gekommen war.
     
    Gracie war nach wie vor entschlossen, Lyndon Remus zu folgen. Da sie aber nicht die Absicht hatte, das jemanden wissen zu lassen, musste sie Charlotte einen anderen Grund für ihren Wunsch angeben, das Haus schon so früh zu verlassen und möglicherweise den ganzen Tag fortzubleiben. Es kostete viel Vorstellungskraft, sich ständig Entschuldigungen auszudenken, und sie log ungern. Wäre es nicht unerlässlich gewesen, um Pitt vor der Ungerechtigkeit zu bewahren und ihm sein Heim zurückzugeben, hätte sie nicht im Traum daran gedacht.
    Schon kurz nach Morgengrauen stand sie auf, um im großen Küchenherd Feuer zu machen, Wasser zu erhitzen und die Küche blitzblank zu putzen, bevor jemand anders herunterkam.
    Sogar die Katzen waren erstaunt, sie um halb fünf zu sehen, und schienen ihren Einfall keineswegs zu schätzen, zumal Gracie ihrem Schlummer im Wäschekorb ein Ende setzte, ohne ihnen ein Frühstück hinzustellen.
    Als Charlotte um halb sieben herunterkam, hatte Gracie ihre Geschichte bereit.
    »Morgen, Ma’am«, sagte sie munter. »Tasse Tee?«
    »Guten Morgen«, gab Charlotte zur Antwort und sah sich erstaunt in der Küche um. »Warst du die halbe Nacht auf?«
    »Bin’n bisschen früher aufgestanden«, sagte Gracie mit beiläufig klingender Stimme und schob den Kessel wieder auf das Feuer, um das Wasser erneut zum Sieden zu bringen. »Ich würde Sie gerne um ’nen Gefallen bitten.« Ihr war klar, dass Charlotte wusste, wie Tellman zu ihr stand, denn sie hatten das in der Vergangenheit gemeinsam genutzt, allerdings von der Notwendigkeit getrieben, mit den Ermittlungen eines Falles weiterzukommen. Sie holte tief Luft, denn jetzt würde sie lügen müssen. Sie wandte Charlotte den Rücken zu, weil sie nicht sicher war, ob sie ihr dabei würde in die Augen sehen können.
    »Mr. Tellman hat mich eingeladen, mit ihm auf den Jahrmarkt zu gehen, falls ich frei bekommen kann. Ich muss auch noch was erledigen, ’n bisschen einkaufen, nich viel. Falls ich gehen könnte, sobald ich mit der Wäsche fertig bin, wär ich schrecklich dankbar …« Es klang nicht so gut, wie sie gehofft hatte. Sie wusste, dass es Charlotte immer schwerer fiel, die Einsamkeit und die Sorge zu ertragen, vor allem, da sie selbst kaum etwas tun konnte, um die Situation zu lindern.
    Sie war inzwischen mindestens zwei weitere Male bei Juno Fetters gewesen, doch immer noch wussten die beiden Frauen nicht, wo sie nach den fehlenden Papieren suchen könnten. Wohl aber wusste Charlotte inzwischen mehr über Martin Fetters’ Werdegang als irgendein anderer Mensch außer Juno. Sie hatte Gracie über John Adinetts Reisen, militärische Fähigkeiten und die Abenteuer berichtet, die er bei der Erkundung Kanadas erlebt hatte, doch ließ sich darin kein Grund dafür erkennen, dass der eine den anderen ermordet hatte. Sie hatten gemeinsam über die schrecklichen und gefährlichen Gedanken gesprochen, oft bis spät in den Abend, wenn die Kinder schon im Bett waren, doch ohne Beweis nützte alles nichts.
    Jetzt war es Gracies Aufgabe, das nächste Bindeglied zwischen John Adinett und den Kräften von Anarchie oder Unterdrückung zu finden, oder was auch immer er in der Cleveland Street gesucht und worüber sich Remus so erregt gezeigt hatte.
Sie konnte sich nicht vorstellen, was das sein mochte, wusste nur, dass es Tellmans Überzeugung nach schrecklich, gefährlich und weitreichend war.
    »Gewiss«, antwortete Charlotte auf ihre Bitte. In ihrer Stimme lag ein Zögern, vielleicht sogar Neid, aber sie sagte nichts weiter.
    »Vielen Dank«, sagte Gracie. Ihr wäre es lieber gewesen, sie hätte bei der Wahrheit bleiben können. Sie lag ihr schon auf der Zunge, doch dann würde Charlotte sie vermutlich nicht gehen lassen, und das durfte nicht sein. Sie musste sich zusammennehmen und ihr Vorhaben zu Ende führen!
    Sie hatte noch einen großen Teil des

Weitere Kostenlose Bücher