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Die Verschwoerung von Whitechapel

Die Verschwoerung von Whitechapel

Titel: Die Verschwoerung von Whitechapel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Kochen, nahm aber an, dass es nicht gut sei, das Essen anbrennen zu lassen. Mit seinem Tun verlieh er der Szene einen Anflug von Normalität, und er brauchte auch Harper nicht anzusehen.
    Jenkins trat wortlos von einem Fuß auf den anderen.
    Die Minuten vergingen.
    Pitt zog den Topf an den Rand des Herdes.
    »Was wollte sie denn holen?«, fragte Harper mit einem Mal.
    »Ich weiß nicht«, sagte Pitt. »Irgendwelche Kräuter, glaube ich.«
    »Und wo ist Karansky?«
    »Ich weiß es nicht«, wiederholte er. »Ich bin gerade selbst erst zurückgekommen.« Wahrscheinlich wussten die beiden, dass das der Wahrheit entsprach.
    »Es empfiehlt sich nicht, mich zu belügen!«, mahnte ihn Harper.
    Weiterhin mit dem Rücken zu ihm fragte Pitt: »Warum sollte ich das tun?«
    »Um die Leute zu decken. Vielleicht hat er Sie bezahlt?«
    »Damit ich sage, dass seine Frau aus dem Haus gegangen ist, um Kräuter zu kaufen?«, fragte Pitt ungläubig. »Er konnte doch gar nicht wissen, dass Sie kommen. Oder doch?«
    Harper stieß einen Laut tiefen Widerwillens aus.
    Weitere zehn Minuten vergingen.
    »Sie lügen!«, brach es aus Harper hervor. Er sprang auf und schlug auf den Tisch. »Sie haben die Leute gewarnt, und jetzt sind sie weg! Ich nehme Sie fest wegen Beihilfe zur Flucht von Tatverdächtigen! Sie werden ziemlich viel Glück brauchen, damit nicht auch noch Beihilfe zum Mord hinzukommt!«
    Jenkins räusperte sich. »Das könn’ Sie nich tun, Sir. Sie ha’m keine Beweise.«
    »Ich habe so viele Beweise, wie ich brauche!«, giftete Harper. »Mischen Sie sich da nicht ein. Tun Sie, was man Ihnen sagt, und nehmen Sie den Mann fest.«
    Jenkins rührte sich nicht. »Wir ha’m ’nen Haftbefehl für Karansky, aber nich für Pitt.«
    »Genügt Ihnen meine Anweisung nicht, Mann? Wenn Sie nicht selbst in der Haftzelle landen wollen, tun Sie, was ich Ihnen gesagt habe!«
    Kopfschüttelnd und mit widerwillig verzogenem Mund teilte Jenkins Pitt mit, dass er vorläufig festgenommen sei, und legte ihm Handschellen an, nachdem ihm Harper einen auffordernden Blick zugeworfen hatte. Dann nahm er ganz vorsichtig den Topf vom Herd und legte den Deckel fest darauf, damit sich Lea bei ihrer Rückkehr nicht über eine verdorbene Mahlzeit zu ärgern brauchte.
    Pitt dankte ihm.
    Auf der Straße sah ein rundes Dutzend Männer und Frauen zu, wie er abgeführt wurde. Sie machten einen verängstigten und aufgebrachten Eindruck und begnügten sich damit, den beiden Polizeibeamten Blicke unverhüllten Hasses zuzuwerfen. Auf dem ganzen Weg bis zur gut einen Kilometer entfernten Polizeiwache, den die drei Männer zu Fuß zurücklegten, sagte keiner von ihnen ein Wort. Harper war sichtlich erbost darüber, dass ihm Isaak entwischt war, auch wenn er sich für den Augenblick damit abgefunden zu haben schien.
    Sie kamen an mürrisch dreinblickenden Männern und Frauen vorüber und an Verkäufern, deren Zeitungen jetzt ganz offensichtlich Isaaks Bild zeigten. Gerüchte waren im Umlauf, dass man die Zuckersiedereien schließen würde.
    Auf der Polizeiwache wurde Pitt in eine Haftzelle gebracht.
    Gut zwei Stunden später kam Jenkins mit breitem Lächeln
zurück. »Die Zuckerfabriken werden doch nicht geschlossen«, sagte er von der Zellentür aus. »Lord Randolph Churchill und ’n paar andere ha’m das Geld aufgebracht, sie in Gang zu halten. Is das nich großartig?«
    Pitt war verblüfft und erleichtert. Gewiss war das Vespasias Werk!
    »Und Sie geh’n jetzt besser nach Hause«, fügte Jenkins mit noch breiterem Lächeln hinzu. »Für den Fall, dass die Karanskys zurückkommen.«
    Pitt stand auf. »Werden die denn nicht mehr gesucht?« Er konnte es kaum glauben.
    »Doch! Aber wer weiß denn, wo die sind? Vielleicht schon auf hoher See.«
    »Und Inspektor Harper will mich gehen lassen?« Noch hatte Pitt keinen Schritt in Richtung auf die Tür getan. Er konnte sich Harpers Wut und Rache nur allzu gut vorstellen. Es wäre den Angehörigen des Inneren Kreises mehr als recht, Pitt auf einige Jahre mit der Begründung ins Gefängnis zu bringen, er habe Sissons’ Mörder zur Flucht verholfen.
    »Will er nich.« Jenkins platzte fast vor Freude. »Aber er muss, weil man ihm das von ganz oben gesagt hat. Sie müssen Freunde in den höchsten Kreisen haben. Die können Sie aber auch brauchen.«
    »Danke«, sagte Pitt geistesabwesend, während er zutiefst verwirrt in die Freiheit hinausschritt und aus den Händen des wachhabenden Beamten seine wenigen Habseligkeiten in Empfang

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