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Die Verschwoerung von Whitechapel

Die Verschwoerung von Whitechapel

Titel: Die Verschwoerung von Whitechapel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Mr. Voisey.« Sie sah Charlotte an.
    Auch Charlotte stand auf. In ihrem Kopf wirbelte alles durcheinander. Sie wusste nicht, was sie denken sollte, doch eines war ihr mit greller Deutlichkeit klar geworden: Charles Voisey war an maßgeblicher Stelle an der Verschwörung beteiligt! Er kannte den Inhalt der Papiere besser als die beiden Frauen. Juno hatte lediglich von einer Präsidentschaft gesprochen, aber weder einen Senat noch die Abschaffung von Ober- und Unterhaus erwähnt.
    »Mrs. Pitt …« Seine Stimme riss sie aus ihren Gedanken.
    Er sah sie an, aufmerksam musterten seine klugen Augen
ihr Gesicht. Hatte er etwa erraten, dass sie ihn durchschaut hatte?
    Sie zwang sich zu sagen: »Vielleicht haben Sie Recht.« Mochte er denken, dass sie enttäuscht war, weil eine Aufdeckung der Verschwörung Pitts Namen reingewaschen hätte. So würde er sich das zurechtreimen, denn er hasste Pitt. Nur fort von diesem Mann, in die Sicherheit des eigenen Heims, so schnell wie möglich!
    Aber bot das eigene Heim Sicherheit? Martin Fetters war in seiner Bibliothek ermordet worden! Sie würde Juno von ihrem Verdacht berichten und dafür sorgen müssen, dass sie aus London verschwand und irgendwo auf dem Lande untertauchte, wo sie niemand kannte. Dort würde sie so lange bleiben müssen, bis es eine Möglichkeit gab, sie zu schützen, oder bis es nicht mehr nötig war.
    »Ich denke schon«, sagte er mit schiefem Lächeln. »Eine Rehabilitierung Adinetts würde mehr Schaden anrichten als Gutes bewirken … immerhin hat er seinen guten Namen aus eigenem Entschluss für das Wohl des Landes geopfert.«
    »Das leuchtet ein.« Sie wandte sich der Tür zu. Trotz ihres kaum zu unterdrückenden Bedürfnisses davonzulaufen, bemühte sie sich, langsam zu gehen. Vermutlich nahm er nicht nur an, dass sie es begriffen hatte, er wusste es! Auf keinen Fall durfte er ihre Angst spüren! Sie blieb sogar stehen, als er aufstand, um den Damen die Tür zu öffnen, obwohl er ihr damit näher kam, als ihr lieb war. Dann folgte sie Juno ins Vestibül.
    Es kam ihr vor, als würden sie nie bis zur Haustür kommen.
    Juno blieb noch einmal stehen, um sich von ihm zu verabschieden und ihm für seinen guten Rat zu danken.
    Endlich waren sie an der frischen Abendluft, stiegen in die Kutsche und fuhren ab.
    »Gott sei Dank!«, stieß Charlotte erleichtert aus.
    »Wieso Gott sei Dank?«, fragte Juno mit müder und enttäuschter Stimme.
    »Er hat alles gewusst!«, gab Charlotte zurück. »Sie haben nichts von einem Senat gesagt – er aber hat davon gesprochen!«
    In der Dunkelheit griff Juno nach Charlottes Hand; ihre Finger gruben sich vor Entsetzen tief ins Fleisch.
    »Sie müssen London verlassen«, sagte Charlotte entschlossen, »und zwar noch heute Abend. Er weiß, dass Sie die Schrift gelesen haben. Sagen Sie niemandem, wohin Sie gehen. Schicken Sie ein Lebenszeichen an Lady Vespasia Cumming-Gould – nicht an mich!«
    »Ja … das werde ich tun. Großer Gott, in was für ein Spinnennetz sind wir da geraten?« Sie ließ Charlottes Hand nicht mehr los.

Kapitel 13
    V espasia stand im Frühstückszimmer und sah durch das Fenster auf die gelben Rosen, die auf der anderen Seite des Rasens in voller Blüte standen. Der Augenblick war gekommen, in dem sie sich der Frage stellen musste, die sie zutiefst schmerzte. Sie fürchtete sich vor der Antwort, hatte aber stets nach dem Grundsatz gelebt, dass Mut der Eckstein aller anderen Tugenden ist. Ohne ihn gab es keine Integrität; nicht einmal Liebe konnte ohne ihn überdauern, denn wer liebt, setzt sich Gefahren aus, und irgendwo oder irgendwann verursacht sie Schmerzen.
    Sie hatte Mario ein halbes Jahrhundert lang geliebt. Diese Liebe hatte ihr das tiefste und vollkommenste Glück beschert, ihr zugleich aber auch den größten Schmerz zugefügt, den sie je erlebt hatte – doch nie Enttäuschung. Sie versuchte sich einzureden, dass es dazu auch jetzt nicht kommen würde.
    Sie stand noch da, als das Mädchen eintrat, um ihr mitzuteilen, dass Mrs. Pitt gekommen sei und mit ihr sprechen wolle.
    Diesmal wäre sie lieber nicht gestört worden. Zwar bot der Besuch einen Vorwand, die hässliche Sache aus ihren Gedanken zu verbannen, aber sie wollte keinen Vorwand. Es würde nichts ändern. Andererseits wollte sie Charlotte auch nicht abweisen.
    »Bitten Sie sie herein«, sagte sie daher und wandte sich von den Rosen ab. Es musste etwas ganz Dringendes sein, wenn Charlotte schon so kurz nach dem Frühstück kam.
    Sobald sie

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