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Die Verschwörung

Die Verschwörung

Titel: Die Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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Verantwortung für David zu übernehmen; ihre Mutter würde immer für sie dasein. Die Worte hatten einen hohlen Klang gehabt, und Sydneys Miene war skeptisch gewesen. Die Tatsache, daß ihre Tochter ihre Aussage nicht als eine todernste, feste Wahrheit akzeptierte, hatte Brooke in Sekunden um Jahre altern lassen. Die Erinnerung an die Handleserin und die Prophezeiung eines frühen Todes waren ihr nicht mehr aus dem Kopf gegangen.
    »Rosemarys Hähnchen sind klasse, nicht wahr, mein Schatz?« sagte sie zu Sydney.
    Das Mädchen nickte.
    »Danke, Ma’am« sagte Rosemary erfreut.
    »Alles in Ordnung, Mommy?« fragte Sydney. Gleichzeitig schob sie das Milchglas ihres kleinen Bruders vom Tischrand weg. David neigte dazu, alle mit Flüssigkeit gefüllten Gefäße in seiner Reichweite umzukippen.
    Die unterschwellig mütterliche Handlung und die ernste Frage ihrer Tochter rührten Brooke beinahe zu Tränen. Ihr Gefühlsleben hatte in letzter Zeit so zwischen Höhen und Tiefen geschwankt, daß oft nicht viel fehlte, sie losheulen zu lassen. Sie trank einen Schluck Wein und hoffte, er möge verhindern, daß sie tatsächlich einen Weinkrampf bekam. Ihr war, als wäre sie wieder schwanger. Die kleinste Sache machte sie dermaßen fertig, als ginge es um Leben und Tod. Dann aber setzte ihr gesunder Menschenverstand wieder ein. Sie konnte sich den Luxus einer hingebungsvollen Tagesmutter leisten. Es war keine Antwort, wenn man heulend herumsaß und in Selbstmitleid zerfloß. Ihr Leben war halt nicht vollkommen. Wessen Leben war es schon? Sie dachte daran, was Anne Newman im Moment durchmachte. Ihre eigenen Probleme kamen ihr gar nicht mehr so schlimm vor.
    »Es ist alles in bester Ordnung, Syd. Wirklich. Herzlichen Glückwunsch zu deinem letzten Diktat. Miss Betack hat gesagt, du warst der Star des Tages.«
    »Ich gehe auch gern in die Schule.«
    »Das sieht man, junge Dame.«
    Brooke wollte sich gerade zurücklehnen, als das Telefon klingelte. Sie warf einen Blick auf die LCD-Anzeige. Die Nummer des Anrufers war nicht zu sehen. Entweder hatte er eine Rufnummernunterdrückung oder eine Geheimnummer. Sie fragte sich, ob sie das Gespräch annehmen sollte. Wie alle FBI-Agenten, die sie kannte, besaß auch sie aus Sicherheitsgründen eine Nummer, die nicht im Telefonverzeichnis stand. Die Leute aus dem Büro riefen ohnehin normalerweise Brookes Piepser oder ihr Handy an, deren Nummern sie nicht an jeden weitergab. Anrufe auf diesen Geräten nahm sie stets entgegen. Wahrscheinlich war es wieder eine dieser Firmen, welche die Leute per Computer anwählen ließen. Wenn man sich meldete, wurde man gebeten zu warten, bis ein Verkäufer das Gespräch annahm und versuchte, einem eine Ferienwohnung in Florida aufzuschwatzen. Trotzdem ließ irgend etwas sie nach dem Hörer greifen und abnehmen.
    »Hallo?«
    »Brooke?«
    Es war Anne Newman, und sie klang verstört. Während Brooke ihr zuhörte, wurde ihr klar, daß es um irgend etwas ging, das mit dem gewaltsamen Tod ihres Mannes zu tun hatte. Die arme Anne. Was konnte es noch Schlimmeres geben?
    »Ich bin in einer halben Stunde da«, sagte Brooke.
    Sie nahm ihren Mantel und den Wagenschlüssel, biß noch mal von einer Scheibe Brot ab und küßte ihre Kinder.
    »Kommst du früh genug zurück, um uns eine Geschichte vorzulesen, Mom?« fragte Sydney.
    »Drei Bären, drei Schweinchen, drei Ziegen«, zitierte David prompt seine Lieblings-Gutenachtgeschichte. Seine Schwester Sydney las die Geschichten lieber selbst, und zwar jeden Abend, wobei sie die Wörter vor sich hin sprach. Klein-David trank nun einen großen Schluck Milch, rülpste laut und entschuldigte sich, wobei er sich kaputtlachte.
    Brooke lächelte. Wenn sie müde war, erzählte sie die Geschichten manchmal so schnell, daß sie miteinander verschmolzen. Die Schweinchen bauten ihre Häuser, die Bären gingen spazieren, Goldlöckchen brach in die Bude ein, und die drei Ziegenböcke verprügelten den bösen Troll und lebten glücklich und zufrieden bis ans Ende ihrer Tage auf der grünen Wiese. Klang doch nett. Wo gab’s so was zu kaufen? Später, wenn sie sich dann bettfein machte, hatte sie immer ein schrecklich schlechtes Gewissen. Die Wahrheit sah so aus, daß ihre Kinder erwachsen sein und ausziehen würden, bevor sie auch nur zweimal geblinzelt hatte. Und ihre Mutter ließ sie andauernd selbst bei den Märchen zu kurz kommen, weil ihr nach etwas so Unwichtigem wie Schlafen war. Manchmal war es besser, nicht zuviel nachzudenken.

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