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Die Verschworenen

Die Verschworenen

Titel: Die Verschworenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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sechs von uns verschüttet worden.« Er stützt sich mit den Fäusten auf dem Tisch ab, sein Gesicht ist nur eine Handbreit von Quirins entfernt. Ich kann sehen, wie sehr er sich beherrscht und wie gerne er seine Wut hinausschreien würde. Seine Kiefermuskeln treten hervor, als würde er etwas zu heben versuchen, das zu schwer für ihn ist.
    Quirin sieht bestürzt aus. »Niemand hat mir davon erzählt. Warum habt ihr keinen Boten geschickt?«
    Ohne auf seine Frage einzugehen, fährt Sandor fort. »Innerhalb von fünf Minuten war ein Trupp Sentinel da und hat geholfen. Sie haben nicht selbst mit Hand angelegt, aber sie haben Geräte zur Verfügung gestellt und waren unglaublich freundlich, sagt Andris, haben sogar Anweisungen von ihm entgegengenommen. Bis auf einen haben alle Sammler überlebt.«
    Noch vor drei Monaten hätte mich diese Geschichte nicht überrascht, im Gegenteil. Sie hätte genau in mein Weltbild gepasst: Die Sphärenbewohner tun alles, um den Außenbewohnern das Leben erträglicher zu machen, sie zu unterstützen, ihnen zu helfen. Sogar jetzt, obwohl ich es inzwischen besser weiß, stellt sich das vertraute warme Gefühl ein, das ich immer mit diesem Gedanken verbunden habe.
    Sandor atmet tief ein und aus, während er sich aufrichtet und wieder mehr Abstand zwischen sich und Quirin bringt. »Andris meint, dass jemand in der Nacht die Stützen gelockert hat. Er findet es auch merkwürdig, dass ausgerechnet eins der kleineren Häuser einstürzt. Eins, das nicht aus schwerem Stein gebaut ist. Nur so war es überhaupt möglich, dass jemand überlebt und dieser wirklich sehr schnelle Sentinel-Trupp hilfreich eingreifen konnte.«
    Aureljo und ich verständigen uns mit Blicken. Halten wir ein solches Manöver für denkbar? Ja, ohne Zweifel. Das Vertrauen der dummen Prims erschleichen, indem man bei einem selbstinszenierten Zwischenfall als Retter auftritt – das ist etwas, das Tudor hätte einfallen können.
    An ihn habe ich lange nicht mehr gedacht. Nach Aureljos Verschwinden, genauer gesagt nach seinem Tod – der offiziellen Version nach –, ist er nun sicherlich die Nummer 1 der Akademie. Ob ihm langweilig ist, ohne ebenbürtigen Gegner?
    »Wie geht es den Verletzten?«, will Quirin wissen. »Wieso habt ihr sie nicht zu mir gebracht?«
    Sandor lacht auf. »Um den Sentineln den Weg zu dir zu weisen? Ich bin froh, dass sie die Ruinen meiden und sich lieber auf freiem Feld bewegen, das soll auch so bleiben.« Er verschränkt die Hände auf dem Rücken, macht einige ungeduldige Schritte auf eins der Fenster zu und wieder zurück. »Außerdem waren die Verletzungen nicht allzu schlimm. Ein Bein schienen können wir ebenso wie Fleischwunden nähen. Trotzdem: Könntest du morgen zu uns kommen und nach ihnen sehen?«
    Quirin schließt kurz die Augen, lächelt. »Sicher.«
    Während des gesamten Wortwechsels hat Fürst Vilem sich nicht mehr geäußert, hat Sandor weder unterstützt noch ihm widersprochen. Was bewegt ihn?
    Ich versuche, es aus seiner Miene und Haltung abzulesen, ohne großen Erfolg. Er wirkt abwesend, in Gedanken versunken, streicht mit der linken Hand immer wieder über das Wolfsfell, das er um die Schultern trägt. Sein Blick liegt auf Aureljo, den er, wie es alle aus dem Clan tun, als unseren Anführer betrachtet. Wahrscheinlich erwartet Vilem, dass er Stellung beziehen wird. Zum Verhalten der Sentinel oder zu seinen Plänen.
    Doch das tut Aureljo nicht. Er wendet alle Tricks an, die Grauko uns gelehrt hat, wenn es darum geht, möglichst mit dem Hintergrund zu verschmelzen. Sich unsichtbar zu machen. Er will nicht in die Diskussion hineingezogen werden, so viel ist zumindest mir klar.
    »Ihr müsst euer Vorhaben, Vienna 2 zu erreichen, nicht aufgeben«, sagt Vilem schließlich. »Aber bleibt unter der Stadt, solange die Sentinel hier nach euch suchen.«
    »Und zwar ohne Ausnahme«, ergänzt Sandor. Er deutet mit dem Zeigefinger auf mich. »Ich warne dich, ich meine es ernst. Du hältst dich für sehr schlau, ich weiß, aber du hast keine Ahnung, wie man sich draußen verhält, ohne gesehen zu werden. Ich hatte dich gestern entdeckt, lange bevor ich den Kleinen abgefangen habe.«
    Ich lege Bescheidenheit in meine Miene und Körperhaltung. »Ja, ich bin noch sehr ungeübt«, entgegne ich. »Aber mit der Zeit werde ich sicher besser wer–«
    »Nein!«, unterbricht er mich scharf. »Keine Übungsspaziergänge. Du bleibst unter der Erde, genauso wie deine Freunde. Quirin findet sicherlich

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