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Die verschwundene Frau

Die verschwundene Frau

Titel: Die verschwundene Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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staatlichen Gefängnissystem verbraucht wurden. Nun erschien auf dem Monitor das verschwommene Bild lächelnder Gefangener in einer Gefängnisküche und zweier ernst dreinblickender Frauen, die riesige Nähmaschinen bedienten. Carnifice hatte beim Bau des Gefängnisses eine Menge Geld in die Werkstätten investiert und vergeblich versucht, die Verantwortlichen in Illinois dazu zu bringen, dass sie ein Gesetz abschafften, das verfügte, dass im Gefängnis hergestellte Waren nicht außerhalb des Gefängnissystems verkauft werden durften. Das war der einzige Vorstoß in Poilevys Sitzung gewesen, der abgeschmettert worden war.
    »Die Gewerkschaften haben diesen Staat im Würgegriff«, hatte Jean-Claude Poilevy gemurrt, als er nicht die nötigen Stimmen zur Abschaffung dieses Gesetzes hatte zusammenbringen können. »Sie machen eine effektive Nutzung industrieller Einrichtungen unmöglich, um ihre eigenen Pfründe zu sichern.«
    Während ich darauf wartete, dass die Artikel ausgedruckt wurden, rief ich die Daten auf, die ich von LifeStory über Lucian Frenada heruntergeladen hatte. Schon seit Tagen hatte ich mir die Informationen noch einmal ansehen wollen, es wegen der ganzen Aufregung um die Kokaingeschichte aber immer wieder vergessen.
    Als die besagten Informationen auf dem Bildschirm erschienen, traute ich meinen Augen nicht: Statt der bescheidenen Bankkonten und der beiden Kreditkartenverträge, die ich zehn Tage zuvor gesehen hatte, bekam ich nun seitenweise Einzelheiten - Bankkonten in Mexiko und Panama; achtzehn Kreditkarten, von denen jede im Monat mit bis zu zwanzigtausend Dollar für Reisen und Schmuck belastet war; ein Haus in Acapulco und noch eins an der Cote d'Azur. Die Liste hörte überhaupt nicht mehr auf.
    Ich war so verblüfft, dass ich eine ganze Weile keinen klaren Gedanken fassen konnte. Schließlich ging ich zu meiner Aktentasche und holte die Sicherungsdisketten heraus, die ich immer zwischen Büro und Wohnung hin und her trage. Ich steckte die Diskette mit dem Bericht über Frenada ins Laufwerk und öffnete die Datei. Die Zahlen, die jetzt auf dem Bildschirm erschienen, entsprachen denen, die ich Murray am vorigen Morgen gezeigt hatte.
    Erst nach ein paar Minuten wurde mir klar, was passiert war: Die Leute, die in mein Büro eingedrungen waren, hatten die Dateien auf meinem Computer verändert.
    Vielleicht hatten sie sich auch mit meinen anderen Dokumenten vergnügt - meinen Fallberichten, meinen Daten für die Steuer -, alles war möglich. Wieder einmal bekam ich ein flaues Gefühl im Magen bei dem Gedanken, wie hilflos ich ihnen ausgeliefert war.
    Eigentlich hatte ich heute morgen nach Coolis hinausfahren wollen, um mit Veronica Fassler zu sprechen, sobald ich ihre Gerichtsakte gefunden hätte, aber jetzt war ich zu durcheinander, um mich weiter damit zu befassen. Hätte ich doch nur meinen alten Hacker-Freund Mackenzie Graham noch aufspüren können! Der hätte mir erklären können, wie es die Eindringlinge geschafft hatten, die LifeStoryDaten zu verändern, doch leider hielt er sich gerade mit dem Friedenskorps irgendwo in Ostafrika auf.
    Ich öffnete mehrere alte Dateien, merkte aber bald, dass ich eigentlich gar keine weiteren Hinweise auf Manipulationen finden wollte. Ich löschte alles. Sind Sie sicher, dass Sie alles löschen wollen? fragte mich das System zweimal und schien sich dann achselzuckend mit meiner Antwort abzufinden. Nachdem ich alles gelöscht hatte, überspielte ich sämtliche Daten von den Sicherungsdisketten auf meine Festplatte und dankte Mackenzie im nachhinein dafür, dass er mich seinerzeit angehalten hatte, immer alle neuen Dateien sofort zu kopieren.
    Den Rest des Tages arbeitete ich fleißig mit der Frau von der Agentur. Um fünf Uhr hatten wir schließlich zweiundachtzig ordentliche Stapel Papiere, für die sie am folgenden Morgen Mappen beschriften konnte. Ich erklärte ihr gerade, wie sie vorgehen müsste, als die Leute von Unblinking Eye kamen, um unsere Überwachungskamera sowie die Monitore zu installieren. Hinterher lud ich meinen Computer in den Wagen und nahm ihn mit nach Hause. Eigentlich wusste ich keinen wirklich sicheren Ort dafür, aber meine Wohnung befand sich immerhin in einem Gebäude, in dem normalerweise immer jemand da war.
    Nachdem ich meinen Computer angeschlossen hatte, legte ich mich eine halbe Stunde in die Badewanne, hörte Bach und versuchte, mich zu entspannen. Es hätte mir sehr geholfen, wenn ich gewusst hätte, was meine Gegner

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