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Die verschwundene Frau

Die verschwundene Frau

Titel: Die verschwundene Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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ernstgenommen werden.« Er würde mich nicht dazu bringen, die Beherrschung zu verlieren. »Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass ein Mann wie Sie, der sich gern selbst um alles Wichtige kümmert, einfach ja und amen sagt, wenn die Vorgesetzten Anweisung geben, eine Insassin an einen unbekannten Ort zu verlegen. Besonders nicht in einem Gefängnis unter privater Leitung, wo die Zahl der belegten Betten den Gewinn beeinflusst.«
    Das herablassende Lächeln spielte immer noch um seine Mundwinkel. »Wie Sie meinen, Warshawski, wie Sie meinen. Woher hatte Veronica Fassler überhaupt Ihre Nummer?«
    »Wahrscheinlich aus den Gelben Seiten. So finden mich die meisten Leute.«
    »Nicht zufällig, als Sie in der Krankenstation waren und Fragen über Nicola Aguinaldo gestellt haben, oder? Zusammen mit ihrem -wie haben Sie ihn genannt?-... Großvater... Waren Sie da übrigens in Ihrer Funktion als Detektivin oder als Anwältin hier?«
    »Wenn jemand eine Klage anstrebt, ist meistens ein Anwalt anwesend.«
    Jetzt wurde aus dem Lächeln ein Grinsen. »Sie haben behauptet, dass der Mann der Großvater der jungen Frau ist, aber sie hat keinen Großvater. Jedenfalls nicht in Amerika. Und der Mann, den Sie dabei hatten, war definitiv Amerikaner.«
    Ich legte die Hände um mein rechtes Knie, um entspannt zu wirken. »Stammen Ihre Informationen über Nicola Aguinaldos Familie von BB Baladine oder von der Einwanderungsbehörde? Es fällt mir schwer zu glauben, dass BB den Familien der illegalen Einwanderer, die er beschäftigt, viel Aufmerksamkeit schenkt. Jedenfalls nicht genug, um zu wissen, ob ein amerikanischer Soldat während des Zweiten Weltkriegs auf den Philippinen gewesen ist und eine Filipina als Enkelin hat.«
    Armer Mr. Contreras: Er hätte sicher aufs heftigste protestiert, wenn er gewusst hätte, welch unmoralisches Handeln ich ihm da unterstellte. Vielleicht hatte er, als er in der Armee diente, tatsächlich mit Frauen geschlafen, in deren Heimatorten er stationiert war, aber er hätte sie bestimmt nicht mit einem unehelichen Kind allein gelassen.
    »Wenn die junge Frau ihm so wichtig war, wundert's mich doch, dass er nie versucht hat, sie hier zu besuchen.«
    »Nun, was in Familien vor sich geht, wird Außenstehenden immer ein Rätsel bleiben, nicht wahr?« sagte ich in liebenswürdigem Tonfall.
    »Wenn es diesen Großvater wirklich gibt, würde ich mich gern mit ihm unterhalten, insbesondere wenn er das Krankenhaus verklagen möchte.«
    »Falls er sich tatsächlich zu einer Klage gegen das Krankenhaus entschließt, werden sich die Anwälte des Krankenhauses mit ihm unterhalten können. Wenn Sie bis dahin Fragen an ihn haben, können Sie sie durch mich überbringen lassen. Die Aussicht auf eine Klage würde sich übrigens verringern, wenn ich ihm konkretere Informationen darüber liefern könnte, wieso Sie Ms. Aguinaldo überhaupt in die Krankenstation geschickt haben und wie sie aus dieser Station fliehen konnte, die doch offenbar schwer bewacht wird.«
    »Soweit ich weiß, hat es sich um Frauengeschichten gehandelt. Da kennen Sie sich vermutlich besser aus als ich.« Wieder dieses spöttische Lächeln um seine Mundwinkel.
    »Eierstockzysten oder Unterleibskrebs, von denen aber nichts zu sehen war, als die Ärzte in Chicago sie operiert haben.«
    Jetzt vergaß er tatsächlich zu lächeln und platzte sogar heraus, dass die Leiche verschwunden und keine Obduktion durchgeführt worden sei.
    »Sie interessieren sich aber wirklich lebhaft für Ihre Insassinnen, selbst, wenn sie schon tot sind«, sagte ich. »Es stimmt, dass ihre Leiche aus dem Leichenschauhaus verschwunden ist, bevor eine Obduktion durchgeführt werden konnte, aber der Chirurg in der Notaufnahme hat einen detaillierten Bericht über den Zustand ihres Unterleibs verfasst, nachdem es ihm nicht gelungen war, sie zu retten. Darin fragt er sich, ob die Bauchfellentzündung, unter der Nicola offenbar litt, möglicherweise durch einen Darmriss verursacht worden sein könnte. Aus dem Grund hat er sich die betreffenden Organe genauer angesehen.«
    Natürlich dachte ich mir das alles nur aus, aber das war nicht so wichtig. Ich war fest davon überzeugt, dass Nicola Aguinaldo nicht wegen einer Eierstockentzündung ins Krankenhaus gebracht worden war. Jedenfalls war es mir nun zum erstenmal gelungen, Ruzich zu verunsichern. Wieso hatte er vor dem Ergebnis einer Obduktion Angst?
    »Warum zeigen Sie mir nicht die Werkstatt, in der Ms. Aguinaldo gearbeitet hat,

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