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Die verschwundene Frau

Die verschwundene Frau

Titel: Die verschwundene Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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sind noch viel mehr, als ich eigentlich für so eine Übergangslösung ausgeben möchte. Und wenn das Ding so viele Kilometer auf dem Tacho hat, krieg' ich's sicher nicht so leicht wieder los.«
    Mr. Contreras sank sichtlich in sich zusammen. Schließlich hatte er einen ganzen Tag für die Suche nach einem passenden Wagen geopfert und mich vor dessen Begutachtung sogar noch bei meiner albernen Spurensuche unterstützt. Schuldgefühle sind kein guter Grund für schlechte Geschäftsentscheidungen, aber ich konnte es einfach nicht ertragen, ihn so niedergeschlagen zu sehen. Also holten wir uns Falafel-Sandwiches und eine Cola aus einem Laden unter den Gleisen der Hochbahn und gingen die Treppe hinauf, um uns auf die erste Etappe unserer Reise zu machen.
    Als wir schließlich an der Adresse in Park Ridge ankamen, hatte ich die Nase von den öffentlichen Verkehrsmitteln so voll, dass ich fast jeden Preis bezahlt hatte, um wieder einen eigenen fahrbaren Untersatz zu haben. Inzwischen hatten wir die Red Line nach Howard hinter uns und dann die alte Skokie Swift - die jetzige Yellow Line - und schließlich noch die Warterei auf den örtlichen Bus, der uns knapp acht Kilometer weiter nach Westen brachte, zu einer Haltestelle, von der aus wir die Adresse zu Fuß erreichen konnten.
    »Wenn wir den Wagen nicht kaufen, müssen wir heute nacht vielleicht in dem Wald campieren, an dem wir vorbeigekommen sind«, erklärte ich Mr. Contreras, als wir uns auf den Weg machten. »Auf dem Schild steht, dass der letzte Bus Grass Point um halb zehn verlässt, und jetzt ist es Viertel vor neun.«
    »Tja, dann müssen wir ein Taxi nehmen«, keuchte Mr. Contreras. »Zu dem Taxi zurück zur Hochbahn lade ich Sie ein, Schätzchen.«
    Als wir schließlich bei der Adresse ankamen, sah ich, dass der Wagen nicht so schlecht war, wie ich befürchtet hatte. Der Rost an der Fahrertür und im Kofferraum ließ ihn ziemlich heruntergekommen aussehen, und auch die Reifen waren abgefahren, aber eine Fünfzehn-Kilometer-Spritztour zum Flughafen und zurück förderte keine Motorschäden zutage. Der junge Mann, der den Skylark verkaufen wollte, hatte im Frühjahr seinen Ingenieurabschluss in Champaign gemacht. Er hatte den Wagen zu Beginn seines Studiums gebraucht gekauft, fünf Jahre lang jeden Tag gefahren und wollte ihn jetzt, weil er einen gutbezahlten Job gefunden hatte, loswerden. Während wir uns über den Skylark unterhielten, konnte er den Blick nicht von dem Ford-Truck lösen, den er sich zur Feier seines Berufsanfangs geleistet hatte. Schließlich bekamen wir den Skylark ohne allzu langes Feilschen für zwölfhundert Dollar.
    Mr. Contreras überraschte mich, indem er zwanzig sorgfältig gefaltete Zwanziger aus der Innentasche seiner Jacke holte: »Das ist mein Anteil am Familienwagen«, sagte er, als ich sein Angebot auszuschlagen versuchte. Auch meiner Bitte, den Skylark nach Hause zu fahren, kam er nicht nach.
    »In der Nacht seh' ich nicht mehr so gut. Schätzchen. Ich mach' mir schon richtig Gedanken darüber.«
    »Tja, dann nichts wie zum Arzt«, sagte ich. »Ihre Augen dürfen Sie nicht vernachlässigen. Vielleicht brauchen Sie ja eine neue Brille oder haben den grauen Star, und dann müssen Sie sich jetzt drum kümmern.«
    »So alt bin ich auch wieder nicht«, herrschte er mich an, während er den Sicherheitsgurt anlegte. »Sie sind ja schon fast so schlimm wie Ruthie; die wollte mich auch in ein Altersheim stecken. Ich seh' immer noch so gut, dass ich das Ding erkennen kann, das sie von den Mädels auf der Straße bekommen haben. Was ist das überhaupt?«
    Ich hatte das Omega während unserer langen Fahrt völlig vergessen. Jetzt holte ich es aus der Tasche und zeigte es ihm. Er wusste genausowenig damit anzufangen wie ich, doch als wir wieder zu Hause waren - nach zwanzig Minuten im Gegensatz zu den siebenundachtzig, die wir aus der Stadt heraus gebraucht hatten -, holte ich ein Mirabella-Heft aus dem Altpapierstapel. Ich ging es Seite für Seite durch und sah mir die Werbeanzeigen genau an. Auf der Innenseite des hinteren Umschlags wurde ich schließlich fündig. Ein Paar Slippers von Ferragamo stand vor einem rosaroten Seidentuch, und zwei Omegas wie das, das die Mädchen auf der Straße gefunden hatten, waren auf den Riemen über dem Rist eingestickt.
    »Va bene, Signor Ferragamo«, sagte ich laut. Ein Hufeisen also, kein Omega. Das Logo von Ferragamo. Ich hatte es gekannt, weil ich eine Woche zuvor ein Paar Pumps von Ferragamo

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