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Die verschwundene Frau

Die verschwundene Frau

Titel: Die verschwundene Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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sie dir persönlich ansehen?«
    »Das fällt mir im Augenblick nicht ein. Im Moment kann ich mich nur darauf konzentrieren, den Idioten zu finden, der die Leiche ohne Vollmacht freigegeben hat.« Dann knallte er den Hörer auf die Gabel.
    Es war das erste Mal in den vier oder fünf Jahren, die ich nun schon mit Vishnikov zusammenarbeitete, dass er so in die Luft gegangen war. Ich fragte mich, ob Lemour die Leiche beseitigt hatte, bevor eine Obduktion beweisen konnte, dass ich die Frau nicht angefahren hatte beziehungsweise dass sie überhaupt nicht Opfer eines Unfalls geworden war. Vielleicht hatte Lemour sie ja selbst umgebracht und versuchte nun, jemanden zu finden, dem er den Mord anhangen konnte. Und als ich mich weigerte, dieser Jemand zu sein, wandte er sich eben an einen Freund im Leichenschauhaus, der die Leiche stillschweigend verschwinden ließ.
    Während ich mich mit Vishnikov unterhalten hatte, war das Fax vom Beth Israel gekommen. Ich steckte es min meine Aktentasche und hastete zum Wagen, um zu Freeman Carters Büro im Loop zu fahren.
    In Freemans Kanzlei gab es die für Anwälte im Finanzbezirk üblichen Mahagonimöbel und Kunstgegenstände. Nachdem seine Sekretärin mich in sein Büro geschickt hatte, erhob er sich, um mich zu begrüßen. Sein Sommeranzug war maßgeschneidert und ließ seine Brust ein bisschen breiter wirken. Sein weißblondes Haar war genauso sorgfältig geschnitten wie der Anzug. Nicht zuletzt wegen seiner Größe macht er vor Gericht Eindruck, und er hat auch die nötigen geistigen Fähigkeiten, um diesen Eindruck zu untermauern, was mir persönlich noch wichtiger ist.
    »Vic, ich habe mich mit Drummond von der Staatsanwaltschaft unterhalten, und er hat ein paar Telefonate für mich erledigt.« Er setzte sich auf die Kante seines Schreibtischs. »Das Rogers-ParkRevier hat den Bericht verloren, aber die Beamten, die am Unfallort waren, sind gebeten worden, den Vorfall zu rekonstruieren. Sie sagen, du hättest dich geweigert, einen Alkoholtest zu machen... «
    »Das ist eine unverschämte Lüge.« Ich spürte, wie ich vor Wut rot wurde. »Sie haben mir kein Blut abgenommen, aber ich bin auf einer geraden Linie gegangen. Freeman, ich fahre nicht, wenn ich Alkohol getrunken habe, und an dem Abend hatte ich lediglich drei Flaschen Pellegrino intus.«
    »Sie sind zu spät am Unfallort aufgetaucht, um den Unfall selbst gesehen zu haben, also beschuldigen sie dich nicht, dass du die Frau angefahren hast. Aber die Leute von der Staatsanwaltschaft sagen, wenn du die Fahrerflucht zugibst, ist deine Zulassung als Privatdetektivin und vor Gericht nicht gefährdet.«
    Ich war so wütend, dass das Blut in meinen Ohren hämmerte. »Das ist unglaublich! Ich werde doch keinen Meineid leisten, weil ein paar Bullen zu faul sind, ordentliche Ermittlungen durchzuführen.«
    »Immer mit der Ruhe, Vic. Ich kann's dir nicht verdenken, dass du wütend bist, aber lass mich bitte ausreden. Ich habe Drummond gesagt, dass dieser Vorschlag inakzeptabel ist - wenn sie allerdings behaupten, du hättest dich geweigert, einen Bluttest machen zu lassen, muss ich mir der Basis, auf der ich mich bewege, hundert Prozent sicher sein.«
    »Wenn ich fahrlässig oder vorsätzlich etwas verbocke, mache ich mich nicht aus dem Staub, aber heute, wo jeder Präsident und Senator ungestraft lügen kann, ist ein Ehrenwort ja offenbar nicht mehr viel wert.« Ich versuchte, ein bisschen ruhiger zu werden. »Ich habe dir die volle Wahrheit über die Sache mit Nicola Aguinaldo gesagt, keine geschönte Wahrheit wie vor Gericht. Frag Mary Louise Sie ist nicht von mir abhängig, und sie war in der Nacht dabei.«
    Er betätigte die Gegensprechanlage. »Callie, Vic wird Ihnen ein paar Telefonnummern geben, bevor sie geht. Von Mary Louise - wie ist ihr Nachname? - Neely. Sie soll so schnell wie möglich zu mir kommen, um hier so eine Art Aussage zu machen. Gehen Sie meinen Terminkalender durch und sehen Sie nach, wo sich noch Zeit für sie finden lässt.«
    Dann wandte er sich wieder mir zu. »Es würde mir sehr helfen, wenn du dem Polizeilabor deinen Wagen zur Verfügung stellen könntest. Wo ist er, Vic?«
    Ich sah ihn mit verkniffenem Lächeln an. »Der ist bei Cheviot. Sobald die Leute da ihre ganzen Tests und Fotos gemacht haben, kann die Polizei ihn haben. Weißt du, gestern morgen, als Lemour und sein Kollege bei mir aufgekreuzt sind, hat alles noch nach einer Routinesache ausgeschaut. Wenn es in so einem Fall keinen Zeugen gibt, der

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