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Die verschwundene Frau

Die verschwundene Frau

Titel: Die verschwundene Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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ich habe heute nachmittag keine Zeit, nach Oak Brook zu fahren.«
    »Würden Sie bitte einen Augenblick warten?«
    Ich stellte das Telefon auf laut, damit ich sie hörte, wenn sie sich wieder meldete, und wandte mich dem Computer zu. Leichte Tanzmusik drang aus dem Apparat, dann ein kurzer Werbetext: »Können Sie Ihrem Kindermädchen vertrauen? Carnifice Security zeigt Ihnen, wie Sie Ihre Angestellten bei der Arbeit überwachen können. Unser Unternehmen übernimmt außerdem die Überprüfung von Einstellungsreferenzen. Setzen Sie sich mit uns in Verbindung.« Es folgte eine 800er Nummer.
    Danach war wieder die Tanzmusik zu hören und fast unmittelbar darauf die sanfte Stimme. »Mr. Baladine hätte um fünf Uhr für Sie Zeit.«
    »Um fünf Uhr hätte ich Zeit, wenn er zu mir ins Büro kommt. Aber da müsste er zuerst den ganzen Nachmittag auf dem Eisenhower Expressway im Stau stehen, und das will er wahrscheinlich nicht. Wie wär's mit morgen?«
    »Mr. Baladine muss morgen nach Washington. Könnten Sie mir eine Uhrzeit nennen, zu der es Ihnen möglich wäre, heute noch nach Oak Brook zu kommen?«
    Ich hatte keine Lust, die lange Fahrt auf mich zu nehmen, um mich von ihm ausquetschen zu lassen, aber andererseits hätte ich mich gern persönlich mit ihm unterhalten, also machte ich ein Angebot, das mich davor bewahrte, mitten in der Rush-hour zu fahren. »Wie war's mit sieben?«
    Wieder hörte ich zuerst die Musik und dann den Anfang des Werbetextes. Schließlich teilte sie mir mit, Mr. Baladine wurde sich freuen, wenn ich um halb sieben bei ihm sein könnte.
    Ich erklärte ihr, ich würde es versuchen, und wandte mich dann nachdenklich meinem Computer zu. Bevor ich mich wieder mit der langweiligen Georgia-Geschichte beschäftigte, loggte ich mich bei LifeStory ein und erkundigte mich, welche Informationen der Dienst über Robert Baladine hatte. Ja, teilte ich dem Computer mit, ich sei durchaus bereit, einen Aufpreis für die sofortige Bearbeitung zu zahlen.

In der Höhle des Löwen
    Das Hauptquartier von Carnifice war genau das richtige für reiche Eltern oder multinationale Unternehmen: riesige Perserteppiche auf hochglanzpoliertem Parkett, Schreibtische und Vitrinen, für die sicher ein paar Bäume im Regenwald geopfert worden waren, Türen, die sich nur mit Hilfe von Magnetstreifenkarten oder Wachleuten öffneten, schließlich eine hübsche junge Frau, die einen vom Wachmann im Eingangsbereich zum eigentlichen Bestimmungsort brachte. Das war ein ganz schöner Unterschied zu Warshawski Investigations, wo die Privatdetektiven höchstpersönlich oder die auf Stundenbasis beschäftigte Assistentin den Kunden in ein umgebautes Lagerhaus führte.
    Meine junge Begleiterin lächelte höflich, als ich mich über die Inneneinrichtung äußerte, doch als ich sie fragte, wie langt sie schon bei Carnifice arbeite, erklärte sie mir, die Unternehmensregeln untersagten ihr, Fragen zu beantworten.
    »Sie dürfen mir also nicht einmal sagen, wieviel Uhr es ist oder wie das Wetter wird?«
    Sie lächelte nur wieder und öffnete die Tür zu Baladines Büro für mich. Dann nannte sie der Frau im Vorzimmer meinen Namen -übrigens absolut fehlerfrei - und ging, zu meiner Enttäuschung allerdings nicht rückwärts, nach draußen.
    »Ah, Ms. Warshawski. Ich sage Mr. Baladine, dass Sie hier sind.« Haut und Haare der Frau waren genauso glatt wie ihre Stimme. Das Kleid, das sie trug, hatte wahrscheinlich soviel gekostet wie die Reparatur meines Trans Am, und vermutlich wäre hinterher noch genug Geld für eine Tankfüllung Benzin übriggewesen.
    Baladine ließ mich zwölf Minuten lang warten - exakt so lang, wie ich zu spät dran war. Dies war ein perfektes Bestrafungssystem, zweifelsohne erlernt durch die Leitung von Privatgefängnissen im ganzen Land. Ich schlenderte im Zimmer herum, während ich wartete, und betrachtete die Fotos eines schlanken, braungebrannten Mannes mit verschiedenen Scheichs und Präsidenten sowie die unterschiedlichsten Erinnerungsstücke, darunter auch eine Auszeichnung vom Präsidenten und ein Modell der Frauenhaftanstalt von Coolis. Dafür interessierte ich mich besonders. Auf den ersten Blick konnte ich nirgends einen Fluchtweg entdecken. Die hintere Seite grenzte an den Smallpox Creek, und hier befanden sich keinerlei Fenster oder Tore. Um die Vorderseite wanden sich drei Schichten Stacheldrahtzaun.
    »Interessieren Sie sich für Sicherheitsfragen in Gefängnissen, Ms Warshawski?«
    Der schlanke,

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