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Die verschwundene Frau

Die verschwundene Frau

Titel: Die verschwundene Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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in Berührung kommen. Schließlich hat die Frau sich um Eleanors Kinder gekümmert.«
    Ich lächelte, wie ich hoffte, verschwörerisch. »Ich weiß ja, dass sie Ihre Freundin ist und Sie sich schon seit Jahren kennen, aber ich habe gesehen, wie sie mit ihrem Sohn umgegangen ist, und da hatte ich nicht gerade den Eindruck, dass sie eine sehr herzliche und besorgte Mutter ist.«
    Abigail lächelte ebenfalls, ließ sich aber nicht auf das Spiel ein. »BB ist ein unglaublich sportlicher Mann, und seine Zeit bei der Marine war der wichtigste Teil seines Lebens. Es ist verständlich, dass sein einziger Sohn ihm ähnlich werden soll und er und Eleanor vielleicht nicht immer sehen, wie hart sie mit ihm umspringen. Aber heutzutage ist die Welt für Jungen nun einmal hart, da ist es besser, er lernt früh, sich darin zurechtzufinden. Wenn das alles war, was Sie wissen wollten... Ich muss jetzt los; heute abend kommen zwanzig Gäste zum Essen, und die Leute vom Partyservice brauchen mich.«
    Während sie von ihrem Barhocker schlupfte, sagte ich: »BB hat mich gestern abend zu sich ins Büro gerufen und mir gedroht, mich aus dem Geschäft zu drängen, wenn ich weiter Fragen darüber stelle, wie das Kindermädchen seiner Kinder umgekommen ist. Haben Sie eine Ahnung, warum?«
    Sie blieb neben ihrem Barhocker stehen. Ein Mädchen im Teenageralter fragte, ob wir nun endlich wüssten, ob wir gingen oder blieben, schließlich warteten andere Leute auch auf einen Sitzplatz.
    Die Unhöflichkeit der jungen Frau veranlasste Abigail, die Hand auf den Hocker zu legen und zu sagen, dass wir noch ein paar Minuten brauchen würden. Die junge Frau stöhnte entnervt auf, schwang herum und stieß dabei absichtlich mit ihrer Tasche gegen Abigail.
    »Freche Gören«, sagte Abigail Trant. »Deshalb darf Rhiannon auch nicht hierher. Ich will nicht, dass sie sich solche Manieren angewöhnt. Erzählen Sie mir doch ein bisschen von Ihrem Geschäft. Ich nehme an, es ist nicht so groß wie Carnifice.«
    Ich war richtig dankbar für den unhöflichen Teenager, denn wenn die junge Frau nicht gewesen wäre, hätte Abigail schon längst wieder in ihrem Mercedes gesessen. Ich erklärte Abigail in kurzen Zügen die Unterschiede zwischen Warshawski Investigations und Carnifice Security. Sie begann, echtes Interesse zu entwickeln, vergaß die Zeit und fragte mich, wie ich Privatdetektivin geworden sei, was für eine Ausbildung ich genossen habe, wie lange ich schon im Geschäft sei.
    »Sind Sie gern selbständig? Bleibt Ihnen da überhaupt noch Zeit für Ihr Privatleben?«
    Ich gab zu, dass es um mein Privatleben nicht allzugut bestellt war. »Aber es ist mir lieber, auf eigene Rechnung zu arbeiten als für ein großes Unternehmen wie Carnifice. Und ich hab's gern, wenn ich weiß, dass meine Arbeit ein Problem gelost hat.«
    »Glauben Sie denn, dass BB Sie tatsächlich vom Markt verdrängen könnte?«
    Ich zuckte mit den Achseln. »Ich weiß es nicht. Aber es würde mich interessieren, warum er mir damit droht, wenn ich Fragen über sein ehemaliges Kindermachen stelle.«
    Sie tippte mit einem perlweißen Fingernagel auf die Theke. »Ich glaube nicht, dass irgend etwas Geheimnisvolles am Ableben der jungen Frau ist. Ich denke, das hat eher etwas mit BBs Persönlichkeit zu tun. Sie sind zu ihm nach Hause gekommen und haben seine Frau und seinen Sohn befragt, das gibt ihm das Gefühl, verletzlich zu sein. Er droht Ihnen, weil es ihm dann nicht mehr soviel ausmacht zu wissen, dass eine Privatdetektivin mit einem ziemlich kleinen Unternehmen es geschafft hat, seine ganzen Sicherheitsvorkehrungen zu umgehen.« Sie warf einen Blick auf ihre Uhr und stieß einen kleinen Schrei aus. »Um Himmels willen! Jetzt muss ich aber wirklich los!«
    Sie bahnte sich gekonnt einen Weg durch die Menge der Kauflustigen. Das Treffen mit Abigail Trant hatte mich ziemlich deprimiert - daran waren nicht nur ihr perfektes Aussehen und ihre perfekten Manieren schuld, sondern auch, dass sie im Hinblick auf Nicola Aguinaldo möglicherweise recht hatte. Sie war erst fünfunddreißig, aber in puncto Charme und Wendigkeit war sie mir haushoch überlegen - kein Wunder, dass sie wichtige Gaste in Oak Brook bewirtete, während ich völlig verschwitzt zu meinem Wagen ohne funktionierende Klimaanlage zurücktrottete.

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    Als ich die Stadt wieder erreicht hatte, war ich von der Hitze so erschöpft, dass ich nicht mehr ins Büro ging. Eigentlich hatte ich vorgehabt, mich noch

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