Die verschwundene Frau
können, per Anhalter auf der Route 113 weiterzukommen, die entweder vom Krankenhaus aus am Gefängnis vorbei oder nordöstlich aus der Stadt herausführte.
Zwischen Krankenhaus und Gefängnis traf die Straße nur auf die Hollow Glen Road, die nach ungefähr eineinhalb Kilometern weiter nördlich wieder die 113 und im gleichen Abstand eine andere Staatsstraße im Süden kreuzte. Es wäre interessant herauszufinden, ob jemand Nicola mitgenommen hatte - vorausgesetzt, Robert Baladine hatte nicht mit seinem Porsche an der Hollow Glen Road gewartet. Aber das konnte nur die Polizei ermitteln. Ich legte frustriert die Karte weg.
Dann wandte ich mich wieder meiner bezahlten Arbeit zu: Ich trug Telefonnummern in eine Liste ein und verglich sie mit einer vergrößerten Karte des Gebiets, in dem die Lastwagen von Continental United immer wieder zu Schaden kamen. Ich war gerade mittendrin, als Tessa den Kopf zur Tür hereinstreckte.
»Dein Freund Murray ist draußen - er hat versehentlich bei mir geklingelt. Soll ich ihn reinlassen? Er hat so 'ne Powerfrau dabei.«
Ich hob erstaunt die Augenbrauen, folgte Tessa aber zur Tür. Draußen stand Murray in Begleitung von Alex Fisher, die eine hautenge Jeans und ein großes Netzshirt trug, das nicht nur ihr Lycra-Top enthüllte, sondern auch ihr spitz hervorstehendes Schlüsselbein. Als sie zusammen mit Murray eintrat, sah ich mir sofort ihre Füße an, aber selbst wenn sie Schuhe von Ferragamo ihr eigen nannte, an denen das Emblem fehlte, hatte sie die nicht an.
Murray sagte zu Tessa: »Schade, dass du am Dienstagabend nicht ins Golden Glow kommen konntest. Da hast du was verpasst.«
Tessa zuckte höflich mit den Achseln, das hatte sie in den Jahren gelernt, in denen sie mit ihren wohlhabenden Eltern um die Welt gejettet war. Ich beneide alle Leute, die nicht immer direkt werden müssen. Was ich sofort wurde.
»Sandy - tut mir leid, dass ich dich am Dienstag abend nicht gleich erkannt habe. Du hast damals, als du uns im Jurastudium auf die Barrikaden treiben wolltest, ganz anders ausgesehen.«
Sie schenkte mir ein nichtssagendes Lächeln. »Ich heiße jetzt Alex, nicht mehr Sandy - in meinem Leben hat sich eine Menge geändert.«
Sie sah sich mit unverhohlenem Interesse in meinem Büro um. Ich hatte meinen Anteil des Lagerhauses mit Pappabtrennungen in kleinere Räume unterteilt, nicht, weil ich diese brauchte, sondern weil ich dem Ganzen eine menschlichere Dimension verleihen wollte. Das einzige, wofür ich sonst noch Geld ausgegeben hatte, war gute Beleuchtung gewesen.
Alex-Sandy schien sich im Vergleich dazu ihr eigenes Büro vorzustellen. Doch da fiel ihr Blick auf ein Gemälde, das an der Pappabtrennung gleich gegenüber von meinem Schreibtisch hing. »Ist das nicht von lsabel Bishop? Wie bist du denn an das gekommen?«
»Das habe ich im Art Institute gestohlen. Möchtest du dich nicht setzen? Darf ich dir was zu trinken anbieten?« Eine ältere Frau, deren Enkel sie um den letzten Pfennig gebracht hatte, hatte mir das Gemälde von Isabel Bishop als Bezahlung gegeben, aber das ging Alex-Sandy meiner Meinung nach nichts an.
»Ach, Vic, du hast immer schon einen bizarren Sinn für Humor gehabt. Hast du Malvern-Wasser? Es ist glühend heiß draußen - ich hatte völlig vergessen, wie heiß es im Sommer in Chicago werden kann.«
»Malvern-Wasser?« Ich blieb auf dem Weg zum Kühlschrank stehen. »Hast du BB Baladine auf den Geschmack gebracht, oder war's umgekehrt?«
»Ich wusste gar nicht, dass du Bob kennst. Ich glaube, die Vorliebe für Malvern-Wasser haben wir beide von Teddy Trant, der verbringt viel Zeit in England. Hast du denn welches?« Ihre Erklärung klang sogar einigermaßen plausibel.
Sie setzte sich auf einen Hocker neben dem Schreibtisch, unter dem Peppy lag. Die Hündin hatte sich erhoben, um sie und Murray zu begrüßen, aber meine Stimme hatte wohl einen warnenden Tonfall gehabt, denn sie hatte sich wieder unter den Tisch verkrochen.
Ich konnte Alex-Sandy nur Leitungswasser oder eine Flasche Poland Springs anbieten, das billig ist und meiner Meinung nach auch nicht schlechter als die aus dem Ausland importierten Mineralwassersorten. Murray entschied sich für Eistee, den Tessa immer frisch macht und literweise trinkt, wenn sie arbeitet. Wir teilen uns einen Kühlschrank draußen auf dem Flur und notieren immer ganz genau, wer was aus welchem Fach genommen hat.
»Murray sagt, du bist jetzt Privatdetektivin«, erklärte Sandy, nachdem ich mich
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