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Die verschwundene Frau

Die verschwundene Frau

Titel: Die verschwundene Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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wollte ich mich mit ihr über Alex- Sandys Angebot und mein Treffen mit Baladine unterhalten.
    »Ich muss dir wohl nicht sagen, dass du die Finger von dem Global-Auftrag lassen sollst, oder?« meinte sie. »Hoffentlich macht dein Freund Murray sich da die Finger nicht schmutzig - mir klingt das alles nicht sonderlich geheuer. Soweit ich das beurteilen kann, möchtest du den Job bloß annehmen, um zu sehen, was Murray vorhat - und das ist nicht Grund genug, um sich auf so was einzulassen.«
    Ich wurde rot, weil ich gar nicht gewusst hatte, dass ich so leicht zu durchschauen war. »Es geht nicht nur darum. Was ist, wenn Abigail Trant sich dafür eingesetzt hat, dass Baladine mich nicht schluckt?«
    Mary Louise lachte verächtlich. »Und wenn schon? Willst du ihr dann vielleicht die lackierten Zehennägel küssen? Vic, wirklich. Das ist kein Auftrag, sondern eine Falle. Du weißt das genausogut wie ich.«
    Sie hatte recht. Wahrscheinlich. Ich durfte mich wirklich nicht auf ein Kräftemessen mit Global einlassen.
    »Aber die Sache mit Nicola Aguinaldo ist etwas anderes«, sagte ich. »Die hat unmittelbar mit mir zu tun, weil mir dieser Lemour und obendrein auch noch der Staatsanwalt im Nacken sitzen. Würdest du bitte die Sanitäter fragen, ob die sich erinnern, wie die Polizisten heißen, die die Sache an dem Abend aufgenommen haben?«
    »Natürlich kann ich das machen, Vic, aber du weißt, dass das nicht gratis geht. Und ich halte diese Ausgabe im Augenblick für überflüssig. Du hast mir gesagt, der Bericht von Cheviot habe die Staatsanwaltschaft davon überzeugt, dass dein Wagen nichts mit dem Tod von Nicola Aguinaldo zu tun hat. Also lass die Sache auf sich beruhen. Ich erledige die Anrufe nach Georgia gleich morgen früh für dich, doch du weißt genausogut wie ich, dass du irgendwann selber runterfahren musst, weil ich das mit den beiden hier nicht kann.« Dabei deutete sie auf Nate und Joshua, die mit den Hunden Frisbee spielten.
    Sie biss sich auf die Lippe, als wolle sie etwas sagen, das mir nicht gefallen würde, und meinte dann: »Vic, es steckt ein Körnchen Wahrheit in dem, was Baladine zu dir gesagt hat, dass du dich immer um aussichtslose Fälle kümmerst. Du jammerst die ganze Zeit drüber, wie wenig Geld du hast, und dabei hättest du sowohl die Kontakte als auch die Fähigkeiten, um eine große Agentur aufzubauen. Aber irgend etwas in dir sträubt sich dagegen, dich auf etwas so Großes einzulassen. Jedesmal, wenn's soweit ist, suchst du dir wieder so eine Geschichte wie die mit Nicola Aguinaldo, und schon ist deine Chance auf Expansion vertan.«
    »Expansion?« Ich holte im Scherz nach ihr aus. »Das klingt wie aus einem Handbuch für junge Unternehmer.«
    Sie begann, mit mir Schatten zu boxen, und schon bald jagten wir uns gegenseitig durch den Park, die Hunde immer hinter uns her, und die Jungs waren ganz aufgeregt darüber, dass wir Erwachsenen uns genauso albern aufführten wie sie. Als wir schließlich keuchend aufs Gras sanken, ging das Gespräch in eine andere Richtung.
    Irgendwie, dachte ich, hatte sie recht, auch wenn ich das nicht zugeben wollte. Der Gedanke ging mir während der ganzen Heimfahrt mit Mr. Contreras und den Hunden nicht aus dem Kopf. Vielleicht stimmte das, was Alex Fisher gesagt hatte, dass ich durch meine Arbeiterwurzeln definiert wurde. Würde ich Schuldgefühle haben, wenn ich plötzlich wirtschaftlichen Erfolg genoss, den meine Eltern nicht erwirtschaftet hatten? Der meiner Mutter vielleicht sogar das Leben hätte retten können? Sie war an Gebärmutterkrebs gestorben, der Metastasen gebildet hatte, weil sie sich bei den ersten Symptomen nicht gleich in Behandlung begeben hatte.
    Doch das, was Mr. Contreras erzählte, lenkte mich ein wenig von meinen ernsten Gedanken ab. »Die beiden Jungs sind wirklich süß, und der kleinere konnte mal ein guter Sportler werden. Sehen sie ihren Vater ab und zu?«
    »Wollen Sie damit andeuten, dass er ein Waschlappen werden könnte, bloß weil er bei seiner Pflegemutter ohne Vater aufwächst?« fragte ich, doch als er verlegen zu husten begann, bohrte ich nicht weiter nach und erklärte ihm, dass der Vater des Kleinen nicht sonderlich sportlich sei. »Er hat 'ne neue Freundin, eine Studentin, die ungefähr halb so alt ist wie er. Vielleicht ist die idealistisch genug, die Kinder seiner ersten Frau aufzuziehen, aber ich glaube nicht, dass sie es bei ihr besser hätten.«

Ein Freund der Familie
    Die Sonne stand immer noch relativ hoch am

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