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Die verschwundene Frau

Die verschwundene Frau

Titel: Die verschwundene Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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in Humboldt Park zu sprechen, wenn ich den Job dann doch nicht annahm.
    Wahrend ich versuchte, eine Liste zu erstellen, um die Aufgaben in der Georgia-Sache zwischen Mary Louise und mir aufzuteilen, dachte ich die ganze Zeit an die Bemerkung von Alex, dass Global sich erkenntlich zeigen würde, wenn ich die Arbeit leistete, die von mir erwartet wurde. Eine hübsche fünfstellige Summe. Ich fragte mich, wie hoch diese Summe ausfallen würde. Fünfzigtausend Dollar zum Beispiel waren genug, um einen neuen Wagen zu kaufen und obendrein noch ein kleines Polster zu haben. Möglicherweise konnte ich mir dann sogar eine Ganztageskraft leisten und würde nicht länger auf die wenigen Stunden angewiesen sein, die sich Mary Louise für mich abringen konnte. Und wenn es sogar siebzig- oder achtzigtausend waren? Murray fuhr nun einen taubenblauen Mercedes, ich konnte mir dann den roten Jaguar XJ-12 holen, den ich am Mittwoch in der Zeitung inseriert gesehen hatte.
    »Tja, so ködert man die Leute«, sagte ich laut. »Wenn du dich für das Geld kaufen lässt, das ein Gebrauchtwagen kostet, V. I. , dann bist du nicht viel wert.«
    Ich konzentrierte mich in den folgenden Stunden ganz auf meine Arbeit und machte nur eine kurze Pause, um mir ein Sandwich zu holen und Peppy Gelegenheit zum Pinkeln zu geben. Danach hob ich den Blick erst wieder von meinen Unterlagen, als Tessa so gegen halb vier hereinschaute.
    »Mary Louise ist schon eine ganze Weile nicht mehr dagewesen«, sagte sie und setzte sich auf die Sofalehne.
    »Machst du jetzt den Sicherheitsdienst fürs Haus?«
    Sie grinste. »Nein, aber du bist nicht die einzige Detektivin hier. Wenn Mary Louise da ist, bringt sie immer Ordnung in die Papiere. Ich werde dann gehen. Hast du Lust auf einen Kaffee?«
    Ich sah auf die Uhr und sagte ihr, dass ich sie auf ein andermal vertrösten müsse, um nach Hause fahren und Mr. Contreras holen zu können. Dann startete ich mein Backup-Programm und begann, in den Unterlagen auf meinem Schreibtisch nach dem Bericht zu suchen, den Max mir vom Beth Israel gefaxt hatte und den ich mit Mary Louise durchsprechen wollte. Ich hatte völlig vergessen, dass ich ihn in die Mappe mit der Aufschrift »Ehemaligen-Fonds« gesteckt hatte, fand ihn aber dann doch irgendwann.
    Ich holte den Bericht heraus, den die Sanitäter dem Krankenhaus geliefert halten. Er beschrieb, wo sie Nicola Aguinaldo gefunden, was sie zu ihrer Stabilisierung unternommen und wann sie sie ins Beth Israel gebracht hatten (um drei Uhr vierzehn morgens), nannte aber nicht die Namen der Beamten, die sich in Edgewater mit Mary Louise und mir unterhalten hatten. Ich überlegte, ob das so wichtig war, dass ich Mary Louise zu den Sanitätern schicken würde, damit sie sie fragte, ob sie sich an die Beamten erinnerten. Aber ich wusste keinen anderen Weg, um herauszufinden, ob Baladine oder Poilevy dafür gesorgt hatten, dass die Beamten mir auf die Pelle gerückt waren. »Ich werde jetzt duschen und mein Werkzeug ordentlich aufräumen«, sagte Tessa, als ich die Mappe auf den Stapel zurückwarf. Wenn Mary Louise dagewesen wäre, hätte sie sofort ein Etikett dafür beschriftet und sie zu den anderen Mappen in die Schublade gesteckt.
    »Ja, ja, du bist ja schon immer der Liebling des Lehrers gewesen. Das Ding hier läuft nicht weg, aber ich muss los.« Ich fuhr den Computer herunter und steckte eine Sicherungskopie meiner Daten in meine Aktentasche. Das hatte mir einmal ein alter Hacker-Freund beigebracht: Mach immer eine Kopie von deinen Dateien und bewahr sie an einem anderen Ort auf als das Original, auch wenn du nicht damit rechnest, dass dein Büro niederbrennt oder jemand einbricht.
    Tessa sperrte gerade mit vom Duschen feuchten Haaren ihr Atelier zu, als ich in den Eingangsbereich trat. Sie trug nun ein goldfarbenes Kleid aus teurem Baumwollstoff. Ich fragte mich, ob ich in Zehntausend-Dollar-Klamotten genauso gut aussehen würde wie sie oder Abigail Trant. Die beiden hatten eine ähnliche Vorgeschichte -teure Privatschulen, der Vater in beiden Fällen erfolgreicher Unternehmer. Der einzige Unterschied war wahrscheinlich die Mutter - Tessas Mutter hatte sich in der von weißen Männern bestimmten Welt der Juristerei durchgesetzt.
    »Ich hatte immer gedacht, dass Murray eher auf weichere Frauen steht als auf die Tante, die er heute dabeihatte«, meinte Tessa, wahrend sie den Code für die Alarmanlage eingab. »Er hatte sich ganz schon rausgeputzt, also gehe ich davon aus, dass er nicht

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