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Die verschwundene Lady (German Edition)

Die verschwundene Lady (German Edition)

Titel: Die verschwundene Lady (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Earl Warren
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richtig? Bedienen Sie sich nur vom Gebäck, ich habe noch jede Menge da. Die Kringelstückchen habe ich selbst gebacken.«
    Anne lobte sie pflichtgemäß.
    »Der Tee ist nach meinem Geschmack. Das ist Darjeeling, oder?«
    »Ja, mit ein wenig Orange Pekoe«, antwortete die Hotelbesitzerin.
    »Schmeckt vorzüglich. Von wem hat Lord Henry den Titel geerbt?«
    »Von seinem Onkel, dem alten Lord Martin, schon vor vierzehn Jahren. Lord Martin erlag bei einer Fuchsjagd einem Herzanfall. Am Morgen ritt er noch stolz als der Master mit Schar und Meute hinaus. Am Abend brachte man ihn tot auf der Bahre zurück. Ja, so geht es. Sir Henry war damals gerade einundzwanzig und studierte in Oxford. Er zog dann nach Kensington Castle. Sechs Jahre darauf heiratete er eine Ope rn soubrette - Kitty de Ville nannte sie sich. Eine ordinäre Person, wenn Sie mich fragen. Na, mit ihr ist Lord Henry schön reingefallen.«
    »Warum ?«, fragte Anne und neigte sich vor, die zierliche Teetasse in der Hand.
    Mrs. Coopers Augen funkelten, wie bei vielen alten Klatschbasen, die nichts Schöneres kannten, als sich über ihre Mitmenschen zu verbreiten.
    »Sie dürfen aber nicht preisgeben, dass Sie das von mir haben.«
    Anne legte die Hand aufs Herz.
    »Mein Ehrenwort. Ich höre?«
    Anne hatte vage befürchtet, Mrs. Cooper würde vielleicht in der Redaktion von »Woman's weekly« in London anrufen, um sich zu erkundigen, ob Anne tatsächlich für dieses Wochenmagazin schrieb. Doch das war nicht der Fall gewesen. Die Hotelbesitzerin vertraute Anne.
    »Wenn Kitty de Ville stimmlich so begabt gewesen wäre, wie sie Allüren zeigte, wäre sie eine zweite Callas geworden«, sagte Mrs. Cooper spitzzüngig. »Doch das verhielt sich genau umgekehrt proportional.«
    »Sie meinen, Sie war eine schlechte Sängerin, eingebildet, und sie hatte Affären?«
    Mrs. Cooper kicherte.
    »Ich sehe, wir verstehen uns, Miss Carmichael. Lord Henry hätte unter den besten Partien des Landes wählen können. Doch er ist, wie alle Männer, in Bezug auf die Liebe ein rechter Narr gewesen. Er ging ins Opernhaus am Covent Garden, sah die de Ville und vergaffte sich in sie. Hätte er bloß seine Karte an jenem Abend verlegt, oder besser zehntausend Pfund in einem Nachtklub durchgebracht oder verspielt! - Jedenfalls flog er prompt auf die Fehlbesetzung in der >Zauberflöte<.«
    D ie Studentin machte sich im Geist eine Notiz. Ihre Mutter hatte gesagt, ihr Verehrer wäre ein Ope rn liebhaber. An jenem Abend, seit dem Mrs. Carmichael verschwunden war, hatten sie »Turandot« besuchen wollen.
    »Ein Lord und dazu noch gutaussehend, jung und reich. Das war ein gefundener Schmaus für die flatterhafte Kitty de Ville«, erzählte Mrs. Cooper weiter. »Lord Henry ließ sich nichts sagen. Jeder sah, dass er in eine Mesalliance hineinsteuerte, nur er nicht. Seine Freunde und alle hier haben die Eheschließung bedauert. Lord Henry setzte jedoch seinen Kopf durch. Die Hochzeit fand mit großem Prunk und Pomp statt. - Haben Sie das denn nicht verfolgt?«
    »Nicht so sehr. Es gibt schließlich noch mehr Adelshochzeiten.«
    Anne war, als Lord Henry seine Soubrette heiratete, gerade dreizehn gewesen.
    »Für eine Reporterin sollten Sie besser inf o rmiert sein«, tadelte Mrs. Cooper. »Ich habe mir eine >Woman's-weekly<-Jou rn alistin immer älter vorgestellt, als Sie es sind. Wollen Sie sich keine Notizen machen?«
    »Das ist nicht notwendig. Ich verfüge über ein ausgezeichnetes Gedächtnis. Ich bin fünfundzwanzig.« Anne schwindelte fünf Jahre dazu. »Unsere Chefredakteurin weiß schon, wen sie aussucht.«
    »Das will ich hoffen, dass Sie Ihrer Aufgabe gerecht werden können. Doch weiter im Text.«
    Mrs. Cooper hatte einmal angefangen, ihr Wissen preiszugeben. Jetzt brannte sie darauf, damit fortzufahren. Ihr geringes Misstrauen verflog.
    »Lord Henry brachte Lady Kitty also nach Kensington Castle. Den Flitterwochen folgten bald die Gewitterwochen. Das Schlo ss personal wurde Zeuge heftiger Krache des Paares, das im übrigen viel auf Reisen war. Lady Kitty hatte die unliebsame Angewohnheit, alles zu kaufen, was ihr gefiel. Kleider holte sie sich am liebsten gleich im Dutzend, natürlich alles exklusive Modelle aus Paris, Rom und London. Ich weiß aus sicherer Quelle, dass sie Hunderte von Kleidern und mindestens zweitausend Paar Schuhe hat, weitere auf dem Lan dsitz der Kensingtons bei Brigh ton und in ihrer Eigentumswohnung in Paris.«
    »Sind die Kensingtons denn so reich ?«, fragte

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