Die verschwundene Lady (German Edition)
seinem Herrensitz, seit ...«
Mrs. Cooper zögerte.
»Gibt es da ein Geheimnis ?«, fragte Anne begierig. »Würden Sie mir Näheres berichten, liebe Mistress Cooper? Ich werde Ihre Informationen auf Wunsch natürlich streng vertraulich behandeln. Oder kennen Sie jemanden in Walton, der besser Bescheid weiß als Sie und an den ich mich wenden könnte?«
»Ich bin bestens informiert. Bei mir sind Sie richtig.« Mrs. Cooper fragte nicht nach einem Presseausweis. »Aber jetzt im Moment bin ich zu beschäftigt, als dass wir uns in Ruhe unterhalten könnten. Hat es bis nach dem Lunch Zeit?«
»Selbstverständlich.«
»Dann kommen Sie gegen fünfzehn Uhr zu mir in die Wohnung. Mein Personal sagt Ihnen, wo ich zu finden bin. Es wäre schön, wenn ich in >Woman's weekly< zitiert würde, wenn auch nur allgemein als eine gutinformierte Quelle. Vor allem will ich dem vorbeugen, dass man Ihnen irgendwelches dummes Zeug über die Kensingtons aufschwätzt. Diese Familie hat in der Geschichte Englands eine ruhmreiche Rolle gespielt. Lord Henry ist ein aufrechter, ehrenwerter und sehr charmanter Mann. Dass er mit seiner Gattin Pech hatte, kann man ihm nicht anlasten. Aber darüber unterhalten wir uns später, meine Liebe. - Wie lange gedenken Sie in Walt o n zu bleiben?«
»Solange es erforderlich ist. Zwei bis drei Tage, denke ich.«
»Ich hoffe, dass Sie sich in meinem Hotel wohl fühlen werden.«
Mrs. Cooper berührte Anne freundschaftlich am Arm und entfernte sich. Anne sah sie in den Diningroom gehen. Von dort hörte man Bestecke klappern und gedämpfte Stimmen. Anne suchte ihr Zimmer auf, packte aus, duschte und zog sich um. Sie wählte ein Wollkleid mit Rollkragen und aufgesetzten Taschen, blau und weiß abgesetzt. Dazu dezenten Schmuck und Krokolederschuhe. Die Studentin rief vom Apparat im Zimmer aus in Stanwells Kanzlei in London an und bat ihn um seinen Rückruf.
Das war billiger, als die teueren Hotelgebühren zu bezahlen. Anne informierte den Anwalt.
»Ich will sehen, was ich von Mistre ss C ooper erfahre, Onkel Peter. Dann sehen wir weiter.«
» Dass dich der Gärtner belogen hat, ist verdächtig. Ich bin skeptisch, ob er tatsächlich nur aus einer bösen Laune heraus schwindelte. Vielmehr halte ich es für möglich, dass er auf eine Anweisung h in gelogen hat.«
»Auf wessen?«
»Frage mal, ob Lord Kensington abwesend ist oder nicht. Das müsste man in Walton doch wissen. Das kann gar nicht anders sein. Die Dienstboten vom Schloss kaufen in Walton ein. Oder man beliefert das Schloss , und es werden dort Arbeiten durch Firmen ausgeführt. Auf jeden Fall ist man in Walton über den Lord, die bedeutendste Persönlichkeit dort, informiert.«
»Ich werde mich erkundigen. Sollte Lord Henry nicht da sein, frage ich, wann er zurückkehrt.«
»Gut. Wenn er da ist, komme ich nach W a lton und rede persönlich mit ihm. Mich wird man nicht durch einen Gärtner am Schlo ss tor abwimmeln können wie dich. Das wollen wir doch einmal sehen.«
So verblieben sie. Anne legte auf. Sie beschloss , zu speisen und dann zu Mrs. Cooper zu gehen. Es war jetzt kurz vor 14 Uhr. Bis Anne in Ruhe gegessen hatte, würde es Zeit sein, die Hotelchefin zu besuchen.
4. Kapitel
Mrs. Cooper hatte in ihrem Salon den Teetisch für zwei gedeckt. Man saß gemütlich an einem großen, bis knapp über den Boden reichenden Fenster und hatte einen schönen Ausb li ck über die Themse. Es war Mrs. Coopers Lieblingsplatz. Die kupferne Teekanne stand auf einem Wärmer, in dem ein Teelicht brannte. Mrs. Cooper zelebrierte das Tee-Einschenken wie eine Kulthandlung.
Knabbergebäck stand bereit. Mrs. Cooper wohnte in ihrem Hotel in einer mittleren Etage. Dass sie eine Familie hatte, konnte Anne nicht feststellen. Sie fragte Mrs. Cooper auch nicht, ob sie geschieden, verwitwet oder was auch immer war. An der Wand rechts von Anne befand sich ein kleiner Marmorkam in , in dem ein imitiertes Feuer leuchtete.
Es handelte sich um Scheite aus einem Kunstglas, die von innen elektrisch beleuchtet bestimmte Farbeffekte ergaben. Mrs. Cooper bemerkte Annes Blick.
»Wenn ich echtes Feuer entzünde, ruinieren die Funken mir den Vorleger und den Afghanen-Teppich. Das am Kamin ist meine schönste Stunde. Leider habe ich zu wenig Gelegenheit, in Ruhe hier zu sitzen. Die Leitung eines so großen Hotels ist mit einer Menge Arbeit verbunden. Das können Sie sich überhaupt nicht vorstellen. - Doch jetzt wollen wir über Lord Henry sprechen. Ist der Tee
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