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Die versteckte Lust der Frauen - ein Forschungsbericht

Die versteckte Lust der Frauen - ein Forschungsbericht

Titel: Die versteckte Lust der Frauen - ein Forschungsbericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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Probleme von Frauen meist nicht im Genitalbereich lokalisierbar, sondern in der Psyche verwurzelt sind. Inzwischen hatte eine Gruppe von Klinikärzten eine Kampagne gestartet, die vor allem Psychiater, aber auch einige Medien aufgriffen. Damit wollte man verhindern, dass es der Industrie gelänge, einer riesigen Zahl von Frauen einzureden, sie sollten mehr Tatendrang empfinden und würden ein Medikament brauchen, das bald entdeckt und ihnen helfen würde. Der Kreislauf diente als hilfreiches Symbol der Kampagne unter der Führung der Psychiatrie-Professorin Leonore Tiefer von der New York University, die auch eine Sammlung zum Teil polemischer Aufsätze zum Thema veröffentlichte: Sex Is Not a Natural Act . In diesem Buch führt sie Bassons Credo – »Wir reden hier eben nicht über einen angeborenen Hunger« – weiter aus. Was ihre eigene Haltung zu den Bestrebungen der Industrie angeht, sagte mir Basson: »Da sind schon genügend Date-Rape-Pillen im Umlauf.« Männer würden Frauen keine Schlaftabletten mehr in ihre Drinks mischen, um sie leichter überwältigen zu können, sondern Lustpillen. Die weibliche Sittsamkeit brauche daher Schutz.
    Aber vielleicht wurde der Kreis vor allem deshalb als Doktrin der Psychiatrie abgesegnet, weil er Sextherapeuten und Paarberatern endlich eine Lösung für eines ihrer am meisten verbreiteten und hartnäckigsten Probleme an die Hand gab – nämlich das schwache oder gar nicht vorhandene Verlangen von Frauen nach ihren Ehemännern oder Langzeitpartnern. Die Lösung bestand in geringen Erwartungen. Die Klinikärzte suchten an der Grafik Halt. Sie hatten diese auf eine Vier-Wort-Formel reduziert, die sie auch in ihren Behandlungen lehrten: Verlangen folgt auf Erregung. Sie lehrten auch, dass es mit der Erregung einige Zeit dauern kann. Geduld sei gefragt; Langsamkeit und Schwäche galten als ganz normal; »Lust« sollte aus dem Vokabular komplett gestrichen werden. Indem er die Erwartungen senkte, bot der Kreis Therapeuten einen Behandlungsstandard, der wenigstens realisierbar war.
    Und permanent schien die Monogamie wie ein unsichtbarer Engel über Bassons Schaubild zu schweben. Gelegentlich, gab Basson zu, könne Neues ein Auslöser brennender Leidenschaft sein. Doch seien Hingabe, Treue, Vertrauen und Vertrautheit in ihren Augen die Verbündeten weiblicher Lust. Zärtlichkeit und Nähe würden Frauen durch den Kreis hin zum großen Preis von noch mehr Zärtlichkeit und Nähe bringen.
    Bassons Kollegin Lori Brotto von der University of Bri tish Columbia gehörte dem dreizehnköpfigen DSM -Komitee für Sexualität an. Im Rahmen der ersten vollständigen Überarbeitung des Handbuchs seit Anfang der Neunziger war sie für den Bereich weibliches Verlangen zuständig. Brotto hatte hohe Wangenknochen, ein schmales Gesicht und eine modische, kinnlange Frisur. Über die Frauen mit dem Krank heitsbild, das das aktuelle DSM »Hypoactive sexual desire disorder« (hypoaktive Störung sexuellen Verlangens) oder kurz HSDD nennt, sagte sie mir: »Manchmal frage ich mich, ob es hier nicht weniger um Libido und mehr um Langeweile geht.« Für sie war die Monogamie anscheinend kein schwebender Engel, sondern eher ein grimmiger Schnitter.
    Als Psychologin, deren Sexualforschung von Hormonen bis zur Akupunktur reicht, behandelte Brotto Frauen mit HSDD in Einzel- und Gruppentherapie. »Und wenn wir nicht von lebenslanger HSDD sprechen, die selten vorkommt, dann ist die Dauer einer Beziehung etwas, das per manent eine Rolle spielt.« Bei Frauen mittleren Alters, sagte sie – und wies mich auf eine australische Studie hin, die Hunderte Frauen ab dem 40. Lebensjahr durch die Menopause begleitete –, waren Hormone wahrscheinlich weniger problematisch als die Länge der Zeit, die eine Frau mit demselben Partner verbracht hatte. (Die australische Psychiaterin Lorraine Dennerstein, die die Untersuchung leitete, äußerte sich sogar noch dezidierter: »Die sexuellen Gefühle im Zuge einer neuen Beziehung können die hormonellen Faktoren mit Leichtigkeit außer Kraft setzen.«)
    Trotzdem wollte Brotto, die ich auf einer Psychiatrie-Konferenz kennenlernte, als sie selbst Mitte 30, seit acht Jahren verheiratet und mit ihrem dritten Kind schwanger war, das Ideal einer langen, von Loyalität geprägten Partnerschaft nicht in Bausch und Bogen verdammen. Sie sprach

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