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Die versteckte Lust der Frauen - ein Forschungsbericht

Die versteckte Lust der Frauen - ein Forschungsbericht

Titel: Die versteckte Lust der Frauen - ein Forschungsbericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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die Partner wechselten. Das Anheizen bei einer Begegnung diente zur Stimulation für die nächste, bis ein Höhepunkt erreicht war.
    Die Möglichkeit zu multiplen Orgasmen verstärkte den Drang nach sexueller Freizügigkeit noch. Ein weiterer Opioid-Rausch – oder eine ganze Reihe von Opioid-Schüben – konnte schon bei der nächsten Vereinigung winken. Hrdy behauptete, die Vorteile weiblicher Tiere durch ihr lustorientiertes Verhalten reichten vom Schutz vor Kindermord bei einigen Primatenarten bis zu einer größeren Spermienvielfalt bei allen. Letztere sorgt für bessere Chancen bei der genetischen Kompatibilität, erhöht die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft sowie der Geburt und Aufzucht gesunden Nachwuchses.
    Hrdys Standpunkt, wonach der weibliche Orgasmus mehr ist als nur eine Fußnote der Evolution, wurde in einer weiteren Hinsicht untermauert. Die Ergebnisse, von denen Pfaus gesprochen hatte – orgasmusartige Kontraktionen bei Ratten, die die Empfängniswahrscheinlichkeit erhöhten –, passten zu den noch neuen, umstrittenen Hinweisen darauf, dass weibliche Spasmen beim Höhepunkt Spermien quasi zur Gebärmutter hinaufbefördern. Aber selbst wenn weibliche Tiere keine Orgasmen bekommen und die überwältigende subjektive Erfahrung, wie wir sie kennen, nicht erleben, gilt Hrdys grundlegende Haltung bezüglich der weiblichen Lust trotzdem. Umfangreiche Stimulation wäre Belohnung genug, der Vorteil für die Fortpflanzung der größte Nutzen. Insgesamt spricht das in Bezug auf unsere nah verwandten Vorfahren gegen die Monogamie.
    Hrdy stellte aber auch bei uns ferneren Spezies – vom Präriehund bis zum Sperling – Neigungen zur Polyandrie, der sogenannten Vielmännerei, fest. Ein weiteres Beispiel ist der zu den Spinnentieren zählende Bücherskorpion. Wenn hier eines der Weibchen Sex mit einem Männchen hat, müssen 48 Stunden vergehen, bevor sich dieses noch einmal mit demselben Partner einlässt, selbst wenn der voll mit Spermien und total motiviert ist. Das Weibchen scheint darauf gepolt zu sein, sich eine Vielzahl von Partnern und unterschiedliche Spermien zu sichern. Denn wenn man ihr ein neues Männchen präsentiert, ist sie schon nach eineinhalb Stunden wieder paarungsbereit.
    Meana, Wallen, Chivers, Pfaus, Brotto, Hrdy – sie alle haben auf unterschiedliche Weise durch ihre Arbeit in Laboren und Beobachtungsstationen, in Therapiesitzungen und in freier Wildbahn Annahmen über Frauen, Sex und Beständigkeit infrage gestellt und teilweise widerlegt. Und dann war da noch Lisa Diamond, die unsere Gespräche damit begann, dass sie als Erstes die Bedeutung der emotionalen Bindung als Grundlage weiblichen Verlangens unterstrich.
    Diamond ist Professorin für Psychologie und Gender Studies an der University of Utah und eine zierliche Frau mit einer sympathischen rauen Stimme, die viel mit Gesten ausdrückt. Sie spricht mit Händen, Schultern, Hals und ihren dunklen Augenbrauen. Als wir uns zum ersten Mal trafen, vor einem Vortrag, zu dem Chivers sie an ihren Lehrstuhl eingeladen hatte, da hatte Diamond gerade einiges Aufsehen mit ihrem Buch erregt. Dessen Titel lautete Sexual Fluidity , und es war bei der akademisch angesehenen Harvard University Press erschienen. In der Einleitung heißt es: »1997 begann die Schauspielerin Anne Heche eine von den Me dien viel beachtete Affäre mit der bekennend lesbischen Komikerin Ellen DeGeneres, obwohl sie sich vorher nicht zum eigenen Geschlecht hingezogen gefühlt oder gleichgeschlechtliche Beziehungen gehabt hatte. Die Beziehung zu DeGeneres endete nach zwei Jahren; danach heiratete Heche einen Mann. Die Schauspielerin Cynthia Nixon aus der HBO -Serie Sex and the City ging 2004, nach dem Ende einer fünfzehnjährigen Beziehung zu einem Mann, ein ernsthaftes Verhältnis mit einer Frau ein. Julie Cypher beendete 1988 für die Musikerin Melissa Etheridge eine heterosexuelle Ehe. Nach zwölf Jahren trennte sich das Paar, und Cypher kehrte – wie Heche – zu einer heterosexuellen Partnerschaft zurück.« Es werden in der Einleitung dann noch weitere se xuelle Umorientierungen diverser berühmter Frauen in beide Richtungen aufgezählt, bis die Autorin am Ende fragt: »Was ist da los?«
    Diamond hat geradezu unermüdlich recherchiert. Die Studie, die das Zentrum ihres Buchs bildet, erstreckte sich über den Zeitraum

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