Die Versteckte Stadt: Thriller
zutraulich, aufmerksam und anhänglich, dass ihr Herz ganz weich wurde.
4
„Unterhalten!“ Lisa ließ die Gabel mit den Spaghetti auf halber Höhe stehen und sah ihren Bruder an. „Das kannst du vielleicht Mama erzählen, aber mir doch nicht!“
Max kaute auf seinen Nudeln. Sie saßen auf den Hockern in der Küche, Rebecca hatte ihnen die Spaghetti gekocht.
„Frag Till, wenn er wieder da ist“, sagte Max, nachdem er heruntergeschluckt hatte.
Lisa warf die Gabel zurück auf den Teller. „Und vorher sagst du ihm noch schnell, was er mir antworten soll, stimmt‘s!“
Max kaute schon wieder, den Blick auf den Teller gesenkt.
Aber Lisa wollte es jetzt genau wissen. „Ich habe Till neulich schon gefragt, was ihr die ganze Zeit macht, aber er ist mir ausgewichen. Hast du ihm gesagt, er soll mir nichts davon erzählen?“
Max schüttelte den Kopf und sie hatte das Gefühl, er hätte sich noch ein wenig tiefer über den Teller gebeugt.
„Max?“
Er sah hoch. Er war zwar ein bisschen älter als sie, aber Lisa hatte nie das Gefühl gehabt, er wäre ihr wirklich überlegen. Klar, er war stärker, schneller auch, aber Max war leichtsinnig, er war einfach zu beeindrucken, das wusste sie, und sie wusste auch, dass sie ihm Angst einjagen konnte, wenn sie wollte. Sie musste ihm nur erzählen, dass sie nachts etwas gehört hätte, schon würde sie spüren, wie er unruhig wurde. Max hingegen könnte ihr nie Angst machen. Instinktiv wusste Lisa, dass sie immer einen kühleren Kopf bewahren würde als er.
„Nee wirklich, sag mal. Ich hab euch jetzt erstmal in Ruhe gelassen, aber du kannst nicht ewig ein Geheimnis daraus machen.“
Max sah sie mit großen Augen an. „Was willst du denn?“ In seiner Stimme schwang Ungeduld.
„Ich will wissen, was du und Till, was ihr die ganze Zeit über zusammen macht. Ihr führt doch was im Schilde!“
Max lehnte sich zurück. „Und wenn ich dir gesagt habe, was wir machen, läufst du zu Papa und erzählst ihm alles.“
„Ach was!“ Lisa musste nicht überlegen, was sie antworten sollte, es kam ganz spontan und wirkte deshalb, wie sie fand, auch recht überzeugend.
„Warum willst du es denn wissen, Lisi? Hast du nicht genug mit deinen Freundinnen um die Ohren? Lass uns mal einfach in Ruhe“, kam es von Max, aber sie spürte, dass sein Widerstand schon zu erlahmen begann.
„Ich find Till ja ganz nett“, sagte sie und stocherte in den Nudeln, die langsam kalt wurden. „Was soll ich Mama denn sagen, wenn sie fragt, ob wir ihn dabehalten sollen?“ Ganz beiläufig hob sie den Blick. Das hatte gesessen. Max sah sie bestürzt an.
„Meinst du, Mama und Papa schicken ihn nochmal fort?“
Lisa konnte regelrecht fühlen, wie ihren Bruder die Unruhe gepackt hatte. „Ich weiß nicht“, sagte sie. Und das stimmte. „Was hat Papa ihm denn gesagt? Erstmal kann er bleiben, und dann würden sie weiter sehen. Das heißt ja nicht, dass er jetzt für immer hier bleiben kann.“
„Ich kann mir gar nicht mehr vorstellen, dass er nicht mehr bei uns ist. Du?“
Lisa ließ den Kopf kreisen, was sowohl ein Nicken alsauch ein Kopfschütteln sein konnte. Sie ahnte, dass sie auf dem besten Weg war, Max genau dort hinzubekommen, wo sie ihn haben wollte.
„Wir waren vorhin bei Papa im Gartenhaus“, hörte sie ihn zögernd sagen.
Lisa atmete aus. „Wieso das denn?“
„Wir wollten mal gucken.“
„Ohne dass Papa euch das erlaubt hat?“ Kaum hatte sie ihren Bruder endlich dazu gebracht, ihr zu sagen, was sie wissen wollte, fragte Lisa sich auch schon, ob das wirklich so eine gute Idee gewesen war.
Max nickte mit dem Kopf. Er sah sich um, aber Rebecca war nicht mehr in der Küche. „Er hat eine Frau dadrin.“
Lisa erstarrte. Was?
Max‘ Augen ruhten auf ihr, als wollte er die Wirkung seiner Worte überprüfen.
„Eine Frau?“ Was denn für eine Frau?
„Wir sind rein und haben uns umgesehen, dann hat Till eine Treppe in den Keller gefunden. Und dort unten haben wir sie gesehen. Sie war ziemlich jung … “, es kam Lisa so vor, als würde Max‘ Stimme ein wenig heiser klingen, „ … und sah hübsch aus.“
„Was hat sie denn da gemacht?“
Max‘ Blick glitt an ihr vorbei zum Fenster. „Keine Ahnung.“ Und dann hefteten sich seine Augen wieder auf ihr Gesicht. „Ich weiß nicht, was Papa mit ihr macht. Aber sie hat uns gar nicht bemerkt. Es kam mir so vor, als würde sie sich dort ganz wie zu Hause fühlen.“
‚Was Papa mit ihr macht … ‘ Die Worte
Weitere Kostenlose Bücher